Norbert Heining ist Experte für positive Psychologie. Er arbeitet als selbständiger Trainer und Berater mit den Schwerpunkten Kulturveränderung in Unternehmen und Persönlichkeitsentwicklung. In seinem Buch „Glücksprinzipien“ will er Wege zeigen, die zu mehr Zufriedenheit im Leben führen.

„Positive Psychologie unterstützt nicht nur einzelne Menschen, sondern auch Unternehmen“.

Norbert Heining

Herr Heining, wie sind Sie auf die Idee gekommen, ein Buch über Glück zu schreiben?

Norbert Heining: Auslöser waren meine Beobachtungen, dass viele Menschen noch nichts von den großartigen Ergebnisse der positiven Psychologie gehört haben und gleichzeitig meine persönlichen gewinnbringenden Erfahrungen damit. Ich wollte mit einem Buch die Distanz zu dem Thema abbauen. Einerseits zeige ich mit den wissenschaftlichen Studien, wie es funktioniert. Und andererseits sollen die Leser mit vielen praktischen Anleitungen Lust bekommen, das Gelesene gleich umzusetzen. 

Was brauchen wir für ein gelingendes Leben?

Norbert Heining: Es gibt dazu ein schönes Modell von Martin Seligman, er ist einer der Begründer der positiven Psychologie. Seligman hat sich unter anderem damit beschäftigt, was Menschen brauchen, damit sie aufblühen und ihr Potenzial entfalten können. Er hat fünf Punkte gefunden. Einmal sollten wir positive Emotionen entwickeln, hierbei helfen uns beispielsweise Dankbarkeit und Wertschätzung für die guten Dinge in unserem Leben. Dann sollte man sich auf die eigenen Stärken fokussieren können. Wir brauchen auch gute Beziehungen, auch wenn es nur ein oder zwei gute Freunde sind. Viertens ist Sinn wichtig, also was ist mir im Leben wichtig, für was möchte ich tätig werden. Und schließlich müssen wir Erfolge feiern, das heißt sich über die kleinen und die großen Erfolge eines jeden Tages freuen. 

Ich überlege mir dann jeden Abend, was heute gut gelaufen ist.

Norbert Heining: Ja, aber man kann das auch tagsüber immer wieder mal bei der Arbeit tun. Wir schauen oft viel zu wenig auf das, was wir geschafft haben. Stattdessen liegt der Fokus meistens viel mehr darauf, was in Zukunft noch alles ansteht.

Sie beschreiben viele verschiedene Wege, um mehr Glück und Leichtigkeit zu entwickeln wie zum Beispiel sich Ziele setzen, Sport, expressives Schreiben, Dankbarkeit oder Optimismus. Wie kann ein eher pessimistisch veranlagter Mensch Optimismus entwickeln?

Norbert Heining: Generell habe ich im Buch über 40 verschiedene Wege vorgestellt. Jeder und jede kann sich die Wege heraussuchen, die ihn oder sie am meisten ansprechen. Beim Optimismus wissen wir aus der Forschung, dass dieser erlernt werden kann. Ich kann mir zum Beispiel meine Einstellung – die meisten Dinge gehen schief – näher anschauen. Und überlegen, wie realistisch eine solche Haltung ist. Die meisten Menschen machen sich zu viele Gedanken und malen sich das schlimmste Szenario aus. Hinterfragen und reflektieren lohnt sich hier wirklich. 

Kann positive Psychologie auch für Firmen funktionieren?

Norbert Heining: Ganz klar ja. Positive Psychologie unterstützt nicht nur einzelne Menschen, sondern auch Unternehmen. Es muss allerdings ein wirkliches Interesse des Betriebes bestehen, die Zusammenarbeit und die Kultur des Umgangs miteinander verbessern zu wollen. Dann kann ein neues Teamgefühl entstehen, die Menschen trauen sich mehr zu und gehen mit mehr Freude zur Arbeit. 

Können Sie uns ein konkretes Beispiel nennen?

Norbert Heining: Zurzeit bin ich in Niedersachsen bei einem mittelständischen Unternehmen und berate und bilde Mitarbeiter und Führungskräfte in positiver Psychologie und Persönlichkeitsentwicklung aus. Sie sollen später auch als Kulturbotschafter im Unternehmen wirken. Dabei geht es zum Beispiel um eine neue Art des Zusammenarbeitens, also wie mit Fehlern umgegangen wird und wie neue Mitarbeiter aufgenommen werden sollen. In der Regel machen wir zwei Tage Workshops, danach folgen etwa acht Wochen Praxisphase bis zum nächsten Modul. In dieser Zeit können sich die Mitarbeiter auf einer Online Plattform austauschen, Inhalte vertiefen und das Gelernte im Alltag ausprobieren. Wir machen viele Übungen, um die positive Psychologie in der Praxis erlebbar zu machen. 

Wie sieht eine solche Übung aus?

Norbert Heining: Wenn es zum Beispiel um das Thema Stärken erkennen geht, sehen die meisten Menschen viel eher die Schwächen als die Stärken anderer Menschen. Da gibt es eine Übung, in der ein Team die Stärken eines anderen Teams aufschreibt. Für jede Person einzeln, aber anonym. Das andere Team muss dann erraten, wer mit der jeweiligen Stärke gemeint ist. Eine andere Übung sind die sogenannten Stärkekarten. Auf jeder Karte steht eine Stärke mit einer kurzen Beschreibung. Jeder Teilnehmer erhält beispielsweise acht von diesen Karten. Und dann soll man sagen, wer in meiner Gruppe besitzt die jeweiligen Fähigkeiten. Man übergibt diese Karten den betreffenden Personen und sagt einige Worte dazu. So dass der andere eine Rückmeldung, ein Feedback bekommt. Das ermöglicht einen anderen Fokus, um Stärken besser zu erkennen. Solche Übungen können auch helfen, Kollegen besser einzusetzen und im Team besser zusammenzuarbeiten.  

Viele Unternehmen und Einrichtungen, gerade auch in der Pflegebranche, leiden unter Personalmangel. Was soll da die positive Psychologie tun?

Norbert Heining: Wenn viel zu wenig Mitarbeiter in einem Betrieb arbeiten, kann so etwas wie Teamentwicklung natürlich nur ein Teilaspekt sein. Grundlegende Mängel lassen sich damit auch nicht überdecken. Trotzdem: Das Wichtigste ist, dass der Mensch im Mittelpunkt steht. Der Mensch ist nicht mehr ein Arbeitsmittel, der etwas zum Abarbeiten zugeteilt bekommt, sondern als Persönlichkeit wichtig. Dazu gehört, dass Mitarbeiter entdecken, dass sie selbst verantwortlich für die Kultur in ihrer Gruppe sind. Das gleiche gilt auch für die Führungskräfte. Mit einer veränderten Haltung kann eine Atmosphäre entsteht, bei der Jobs nicht nur einfach erledigt werden. Sondern ein anderes Gefühl von Arbeit. Also nicht mehr, ich muss irgendwie die Woche herumkriegen, sondern ich freue mich auf meinen Job. 

Was sagen Sie zu dem Vorwurf, die positive Psychologie sei zu stark auf das Individuum ausgerichtet? Dass sie gesellschaftliche Dynamiken außer Acht lasse.

Norbert Heining: Wir müssen schon beide Bereiche im Blick behalten. Positive Psychologie bedeutet nicht, gesellschaftliche Rahmenbedingungen kritiklos zu akzeptieren und bei Mängeln nicht aktiv zu werden. Andererseits haben wir viele Möglichkeiten, die Menschen sehr helfen können. Ich kann als Person stark profitieren, wenn ich mehr Lebenszufriedenheit entwickle. Aber man kann dabei nicht stehen bleiben. Ein gestärktes Individuum wird gesellschaftlich sogar viel mehr bewirken. Deshalb gehen für mich persönlich beide Bereiche gut zusammen.

Weitere Informationen:

Norbert Heining, Glücksprinzipien. Mit dem fundierten Erkenntnisschatz der Positiven Psychologie zu mehr Lebensfreude, Erfolg und einem gelingenden Leben.
Schauen Sie dazu in unsere Buchtipps.

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