Der PrymPark in Düren ist eines der wenigen Cohousing-Wohnprojekte in Deutschland. Hier soll privater Wohnraum in einer Mehrgenerationen-Wohnsiedlung mit attraktiven Gemeinschaftsräumen kombiniert werden, weitgehend autofrei mit Gärten und einem Waldstück. 

Axel Köpsell ist Projektentwickler, Projektsteuerer und seit 2009 Geschäftsführer der PrymPark Quartiersgesellschaft mbH. Er sieht in Cohousing-Projekten großes, noch weitgehend ungenutztes Potential, auch als Beitrag zur gesellschaftlichen Teilhabe. 

Wir haben mit Herrn Köpsell über Cohousing und den PrymPark gesprochen, über die Chancen für die Bewohner und die Nachbarschaft, aber auch, welche Hindernisse bei einem solchen Projekt auftreten können.  

Herr Köpsell, bitte skizzieren Sie den Grundgedanken des Cohousings?

Merkmal eines Cohousing-Projekts ist die Kombination von zentral gelegenen, attraktiv gestalteten Gemeinschaftsräumen und vollständigen individuellen Wohnungen mit Küche, Bad und Balkon. Die Wohnungen sind wegen der zusätzlichen Gemeinschaftsräume, die auch individuelle alltägliche Funktionen übernehmen, kleiner als üblich. So kann in der Summe in den Wohnungen mehr Fläche eingespart werden kann, als für die Gemeinschaftsräume benötigt wird. Dies macht sich auch in den Erstellungskosten bemerkbar.

Cohousing-Projekte ziehen eine bunte, vielfältige Gemeinschaft von individuellen und interessanten Menschen an, die (mal mehr und mal weniger) Spaß an Gemeinschaft haben und die miteinander Alltag leben, kochen, essen, reden, arbeiten, spielen, Sport treiben und genießen. Die gemeinschaftlichen Freizeit-Aktivitäten sind sämtlich freiwillig und jeder hat seinen Privatbereich in der eigenen Wohnung. Über die Freizeitaspekte hinaus gibt es in der Regel – so auch im PrymPark – das Konzept, große Teile der Organisation und Verwaltung des Projektes in Eigenverantwortung der Bewohner zu erledigen. Dazu werden auch Verpflichtungen für solche Aufgaben nach Neigung und Fähigkeit an Bewohnerteams vergeben, was die Bewirtschaftungskosten reduziert.

Das “Herz” von Cohousing-Projekten wird von den Bewohnern in der großen gemeinschaftlichen Küche gesehen. Hier wird in der Regel jeden Werktag von Teams aus der Hausgemeinschaft für alle Mitbewohner, die an dem Tag essen wollen, gekocht und gemeinsam gegessen. 

Woher stammt die Idee des Cohousings?

Cohousing als Form gemeinschaftlichen Wohnens entstand ursprünglich in Skandinavien und ist mittlerweile nicht nur in Skandinavien, sondern auch in den USA weit verbreitet. Auch in den Niederlanden, Kanada Australien, England und Österreich finden sich attraktive Cohousing-Projekte.

Die Grundidee kommt aus Dänemark. Familien entwickelten dort die ersten Wohnprojekte. „Ein ausgeprägtes Gemeinwesen macht zufrieden“ – das war anfänglich der Antrieb und Leitmotiv für die Cohousing-Projekte. “Erfinder” des Begriffes Cohousing ist der amerikanische Architekt Charles Durrett.

Der PrymPark ist eins der wenigen Cohousing Projekte in NRW und auch in der Bundesrepublik. Bitte stellen Sie uns kurz das Projekt vor?

Der PrymPark ist eine attraktive Grünfläche im Eigentum der Evangelischen Gemeinde zu Düren von fast vier Hektar Größe in der Nähe der Innenstadt. Hier hat die Evangelische Gemeinde zur Entwicklung dieses Geländes eine eigene Projektentwicklungsgesellschaft, die PrymPark Quartiersgesellschaft mbH, gegründet. Diese entwickelt und erschließt das Gelände baureif und vergibt Erbbaurechte insbesondere an Baugemeinschaften. Die Baugemeinschaften planen und realisieren dort auf eigene Rechnung eine für sie passende Größe, Organisations- und Rechtsform ihrer Wohnungen und Gebäude.

Es gibt einen Rahmen von gestalterischen und organisatorischen Regelungen, die Freiheiten lassen, aber wesentliche Eckpfeiler definieren und die im Erbbaurechtsvertrag auf Dauer gesichert sind. Dazu gehört auch, dass sich alle Baugemeinschaften verbindlich finanziell an Gemeinschaftseinrichtungen und -räumen beteiligen müssen. Damit kann sich jeder darauf verlassen, dass auch die künftigen Nachbarn Teil eines gewachsenen Quartiers werden. Dieses vermittelt Identität, Verbindlichkeit und gestärkte Beziehungen untereinander.

Wie ist der aktuelle Status des PrymParks?

Derzeit ist das erste Projekt mit circa 45 Wohneinheiten im Bau. Diese Baugemeinschaft hat sich als “gefühlte Genossenschaft” für ein gemeinschaftliches Eigentumsmodell in der Rechtsform einer GmbH & Co. KG entschieden, eine zweite kleinere Baugemeinschaft plant derzeit als GbR und wird voraussichtlich später eine WEG, Wohnungseigentümergemeinschaft werden. 

Im PrymPark können noch weitere Baugemeinschaften mit mindestens 100 Wohneinheiten Platz finden. Es ist aber ausdrücklich auch geplant, dass Flächen für unterschiedlicher Nutzungen aus den Bereichen Dienstleistung, Handel und Kultur sowie Bildung entstehen sollen, damit ein Quartier für alle Lebensphasen und Lebenslagen gelingt.

Wer sind die Zielgruppen?

Zielgruppen des PrymParks sind engagierte Menschen, die sich den Ideen von Teilen, Gemeinschaft, Nachhaltigkeit, Offenheit und Toleranz anschließen mögen und keine Angst vor neuen Wegen und Erfahrungen haben. Es gibt keine dogmatischen, religiösen oder sonstigen Restriktionen. Im Gegenteil, wer eine Siedlung von irgendwie “Gleichgesinnten” sucht, was auch immer es sei, ist falsch hier, wenn er / sie Andersdenkende ausschließen wollen würde. 

Wichtiges Merkmal eines Cohousing-Projektes ist vielmehr eine gesellschaftliche Vielseitigkeit der Bewohner, praktisch ein kleines Abbild der Gesamtgesellschaft, so dass Familien, ältere Menschen, Singles und Menschen mit Beeinträchtigungen miteinander wohnen und sich gegenseitig unterstützen können.

Was wird am meisten geschätzt und was ist das Besondere am PrymPark?

Was am meisten geschätzt wird, ist vermutlich genau dieses Cohousing-Gesamtkonzept, was noch wenig verbreitet ist aber zunehmend nachgefragt wird. So kommt circa die Hälfte aller im ersten Baufeld beteiligten Bauherren aus dem weiteren Umfeld von mehreren hundert Kilometer Entfernung und teilweise sogar aus dem Ausland. Sie haben sich nach Kennenlernen vieler anderer Projekte ganz bewusst für den PrymPark entschieden.

Das Besondere am PrymPark ist meines Erachtens auch die Tatsache, dass ein solches Konzept mit Bauwilligen gemeinsam für eine gesamte Siedlung entwickelt und über den Erbbaurechtsvertrag auf Dauer gesichert wird.

Welche Hindernisse stellen sich Ihnen bei der Realisierung in den Weg und wie gehen Sie damit um?

Düren ist kein Standort, wo gemeinschaftliche Wohnprojekte “Selbstläufer” wären, wie die umgebenden Großstädte oder Universitätsstädte zum Beispiel Aachen, Köln, Bonn und Düsseldorf. Häufig kennen die Menschen hier nicht die Idee eines Cohousing-Projektes. Hier muss zu neuen Wohnformen informiert und sensibilisiert werden und es gilt, gedankliche und emotionale Hemmschwellen abzubauen. Es erfordert Optimismus, Visionen und langen Atem der beteiligten Personen und auch der Evangelischen Gemeinde als Grundstückseigentümer, die sicherlich auf anderen Wegen ihre Grundstücke wesentlich schneller vermarkten könnte.

Warum gibt es Ihrer Meinung nicht mehr Cohousing Projekte in Deutschland?

In Deutschland gibt noch zu wenig funktionierenden Projekte, die als bestes Beispiel dienen könnten und die auch verschiedene, mit der Idee verbundene, Vorurteile abbauen würden. Wir versuchen unter anderem, durch Studienreisen nach Skandinavien Interessierten die Idee des Cohousing näher zu bringen und transparente Informationen zu bieten. Sicherlich wäre von öffentlicher Seite noch mehr Information zu dieser Form des gemeinschaftlichen Wohnens wünschenswert. Die meisten Menschen kennen einfach das Konzept von Cohousing-Projekten nicht.

Welchen Stellenwert haben Teilhabe und Kommunikation bei einem Cohousing Projekt?

Teilhabe und Kommunikation haben bei einem Cohousing-Projekt einen hohen Stellenwert. Das fängt bei der baulichen Planung von barrierefreien beziehungsweise barrierearmen Wohn- und Gemeinschaftsräumen an und geht bis zu dem gemeinschaftlichen Kochen und Essen.

So entsteht durch die Möglichkeit, circa einmal im Monat mit anderen aus der Hausgemeinschaft gemeinsam zu kochen, aber jeden Tag essen zu können – ohne einkaufen, kochen oder spülen zu müssen – fast nebenbei eine kontinuierliche Kommunikation unter allen Bewohnern. Und dies, ohne sich zu einer Tätigkeit oder Freizeitbeschäftigung explizit verabreden zu müssen.

Merkmal ist, dass die Menschen so lange wie möglich in Gemeinschaft in ihrer eigenen Wohnung wohnen können und an der Gesellschaft in ihrem individuellen Rahmen teilhaben können. Damit wird auch der Einsamkeit und deren Folgeerscheinungen, eines der Hauptprobleme von modernen Gesellschaften, wirksam entgegengewirkt.

Herr Köpsell, vielen Dank für das Interview!

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