Was im hohen Alter Lebensqualität bedeuten kann, und wie sich diese einstellen lässt, war der rote Faden der Veranstaltung – so auch der Diskussionsrunde „Gesund selbstbestimmt den Alltag meistern. Was braucht der alte Mensch, um glücklich zu sein?“. Altwerden ist ein lebendiger Prozess und ein Lernprozess, den wir im besten Falle frühzeitig im Leben beginnen im Sinne der bekannten Parameter, Laufen, Lernen, Lieben. Damit gelte es, „Humanes Kapital aufzubauen – individuell und gesellschaftlich, so der Philosoph Ottfried Höffe. Christine Vogt, Gründerin vom Demenz-Theater Papillions, unterstrich seine These: Auch in ihrem Kulturprojekt werde inzwischen durch das generationsübergreifende Ensemble auch die Brücke zur Jugend geschlagen, wovon alle Seiten profitierten. Und: Kulturelle Teilhabe sei ein zentraler Schlüssel für Lebensqualität im Alter. 

Der zunehmenden Einsamkeit zu trotzen, gelinge, wer mit sich gut (allein) sein kann und eine sinnstiftende Aufgabe findet – auch im Kleinen, Privaten, berichtete Christine Klonis. Die 90-jährige Sängerin ist weiterhin auch als Gesangslehrerin aktiv. Altern sei zwar eine kollektive Erfahrung, letztlich aber sehr individuell, so Renee Abdul-Ella. Sie ist Vorstandsvorsitzende des Al-Dar e. V., er unterstützt arabische Frauen und Familien in Berlin. Abdul-Ella machte deutlich, dass hier religiöse oder nationale Zuschreibungen hinsichtlich des Alterns zu kurz greifen. Vielmehr bekämen die biografischen Aspekte im Alter eine wachsende Bedeutung.

Auch wenn das kaum in der öffentlichen Debatte thematisiert wird, so ist unsere Sexualität mit dem Alter nicht einfach beendet – im Gegenteil, Sexualität ist ein menschliches Grundbedürfnis, und hat nicht zuletzt zahlreiche gesundheitsfördernde Wirkungen. Gerade mit Einzug in eine Pflegeeinrichtungen finden sich neue „Paare“. Das sei von Seiten der Institution meist jedoch nicht vorgesehen, so die Sexarbeiterin Stephanie Klee aus Köln, sie werde oftmals erst geholt, wenn bereits „Störungen“ vorgefallen seinen:

„Was Sex betrifft, fehlt es uns an einer adäquaten Sprache als auch an einladenden Räumlichkeiten.“

Stephanie Klee

Ihr Vorschlag für mehr Lebensqualität im Sinne einer Willkommenskultur für mehr Körperlichkeit wäre ein atmosphärisch gestaltetes Zimmer mit Kuschelsofa und dimmbarer Beleuchtung in der Einrichtung, das bei Bedarf auch als Gästezimmer für Angehörige nutzbar sein könnte. 

Wie die Lebensqualität am Lebensende durch Übertherapie gemindert wird, stellte anschaulich Sebastian Schiel dar. Er ist Direktor für Palliativmedizin am Klinikum Fulda. Statt dem eigenen Ethos zu folgen, Schaden vom Patienten abzuwenden, werde dieser gerade durch nicht notwendige, jedenfalls zumeist zu viele, und damit eher schädliche Maßnahmen vorgenommen. Dies wirft er seinen Kolleginnen und Kollegen nicht vor, er diagnostiziert den Fehler im System. Schiel plädiert dafür, den Prozess, Menschen am Lebensende zu begleiten auch von Seiten der Medizin und der Finanzierung durch das Gesundheitssystem zu überdenken. Die eigenen Grenzen zu akzeptieren könnte gerade für das medizinische Personal aber auch die Angehörigen herausfordernd sein, menschlich und gesellschaftlich wohl ein sinnstiftender Schritt hin zu mehr Lebensqualität – für alle Seiten.

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