In den ersten drei Quartalen 2021 verzeichnete der Gesundheitsimmobilienmarkt Deutschland ein Transaktionsvolumen von 1,94 Milliarden Euro – und wies damit ein nur unwesentlich geringeres Niveau als in den ersten drei Quartalen 2020 auf (minus ein Prozent). Dies ist das Ergebnis einer aktuellen Analyse des globalen Immobiliendienstleisters CBRE.
„Angesichts der Abwesenheit großer Portfoliotransaktionen in den ersten drei Quartalen 2021 konnte der Gesundheitsimmobilienmarkt durchaus ein respektables Ergebnis erzielen. Gebremst wurde das Investitionsvolumen wie auch in den vorherigen Quartalen einzig durch das am Markt fehlende Produktangebot.“
Dirk Richolt, Leiter Gesundheitsimmobilien bei CBRE in Deutschland
Die Spitzenrendite für Pflegeheime ging in den vergangenen zwölf Monaten um 0,25 Prozentpunkte auf nun vier Prozent zurück. Im Vergleich zum zweiten Quartal 2020 blieb sie jedoch stabil. Auch der Spitzenpreis pro Bett, der bei Neubauten in guten Lagen verlangt und bezahlt wird, hat sich in den vergangenen Jahren deutlich erhöht.
„Bis zu 170.000 Euro pro Bett sind Investoren inzwischen bereit zu bezahlen, wenn es sich um ein Top-Pflegeheim handelt. Vor einigen Jahren waren es noch unter 100.000 Euro pro Bett.“
Tim Schulte, Director Valuation Advisory Services
Pflegeheime erneut größtes Segment – Betreutes Wohnen legt weiter zu
Mit 953 Millionen Euro beziehungsweise einem Marktanteil von 49 Prozent stellten Pflegeheime in den ersten drei Quartalen 2021 erneut das größte Segment am Gesundheitsimmobilieninvestmentmarkt dar. Im Vergleich zum Vorjahreszeitraum war ihr Transaktionsvolumen jedoch um 27 Prozent rückläufig. Um 55 Prozent deutlich zulegen konnte hingegen Betreutes Wohnen, auf das 584 Millionen Euro entfielen, was einem Marktanteil von 30 Prozent entspricht – immerhin elf Prozentpunkte mehr als noch in den ersten drei Quartalen 2020. Mit 297 Millionen Euro und einem Marktanteil von 15 Prozent (Plus 11,4 Prozentpunkte) waren Ärztehäuser das drittgrößte Segment. Kliniken und Reha-Kliniken kamen zusammen auf rund sechs Prozent.
Der rückläufige Marktanteil von Pflegeheimen erklärt auch den Rückgang der internationalen Investoren. Deren Marktanteil reduzierte sich in den ersten drei Quartalen 2021 um 23,9 Prozentpunkte auf 40 Prozent. „Internationale Investoren sind in Deutschland vor allem an klassischen Pflegeheimen interessiert. Da das Produktangebot in diesem Segment gering war, hatten ausländische Investoren trotz großen Interesses also weniger Anlagemöglichkeiten“, erklärt Richolt.
Detailblick auf Betreutes Wohnen
„Das Segment Betreutes Wohnen erfährt seitens vieler Investoren massiven Zuspruch. Betreutes Wohnen liegt im Trend, das Produktangebot ist jedoch auch hier äußerst eingeschränkt. Ankäufe sind aktuell eigentlich nur in Form von Forward Deals möglich, also über Projektentwicklungen.“
Tim Schulte
Für Investoren ist das Segment vor allem aufgrund seiner Verwandtschaft zu klassischen Wohnimmobilien attraktiv, was Umnutzungen problemlos ermöglicht und somit das Risiko minimiert. Das wirkt sich aber auch auf die Renditen aus, die deutlicher geringer sind als bei Pflegeheimen und näher an den niedrigeren Renditen von Wohnimmobilien liegen.
Besonders attraktiv für viele Investoren des Segments Betreutes Wohnen sind Betreibermodelle, bei denen sich die Investoren nicht um das Management der Objekte kümmern müssen. „Trotz oder gerade wegen des Booms beim Betreuten Wohnen sollten sich die Investoren den jeweiligen Standort und Betreiber ganz genau anschauen. Vor allem das Hinterfragen des modellierten Mietniveaus ist ratsam“, warnt Schulte.
Prognose für das Gesamtjahr
„Das Rekordniveau von 2020, als im Gesamtjahr fast 3,5 Milliarden Euro am Gesundheitsimmobilieninvestmentmarkt Deutschland umgesetzt wurden, kann 2021 nur durch die Übernahme der Deutsche Wohnen durch Vonovia erreicht werden. Ohne das anteilige Transaktionsvolumen der Pflegeimmobilien dieser Übernahme dürfte das Gesamtjahresergebnis deutlich unterhalb des Vorjahreswertes liegen.“
Dirk Richolt
Das Interesse der Investoren an Gesundheitsimmobilien nimmt indessen weiter zu, jedoch bleibt der Produktmangel der limitierende Faktor für ein noch höheres Transaktionsvolumen. Die steigenden Grundstücks- und Baukosten führen zu einem Investitionsstau für Neubau und Sanierungsmaßnahmen, sodass viele Bestandsgebäude nicht mehr den gesetzlichen Anforderungen entsprechen, was angesichts des wachsenden Bedarfs durch die älter werdende Bevölkerung in Deutschland fatal ist. Dies sollte von der neuen Bundesregierung berücksichtigt werden, um auch in Zukunft ein breitgefächertes Angebot für jeden Geldbeutel zu ermöglichen. Vor diesem Hintergrund sollten auch die Investitionskosten an die allgemeine Preisentwicklung angepasst werden. Auch die seit langem fällige bundesweite Vereinheitlichung der gesetzlichen Vorgaben für die Pflegeheimlandschaft sollte endlich umgesetzt werden, um sowohl die Investitionsbereitschaft zu erhöhen als auch für ein zukünftig ausreichendes Angebot an Pflegeplätzen zu sorgen.