Umfrage ergab: Fast jedes Gesundheitsamt im Revier entscheidet anders: Ruhrgebietskonferenz Pflege fordert landesweite Vorgaben für den Umgang mit Pflegekräften unter Corona-Verdacht und schnelle Tests für Beschäftigte 


Kein vorgeschriebener Test, kein einheitliches Vorgehen: Pflegeanbieter, deren Mitarbeiter persönlich oder in ihrem sozialen Umfeld von einem Corona-Verdacht betroffen sind, beklagen den Entscheidungswirrwarr der kommunalen Gesundheitsämter. Dieser gefährde mittlerweile alle: das Pflegepersonal, die Träger, die Patienten und die Öffentlichkeit. Das ergab eine aktuelle Umfrage der Ruhrgebietskonferenz Pflege unter 40 Gesellschaftern. „Wir fordern schnellstmöglich eine landesweit einheitliche Regelung und verbindliche Tests für alle Verdachtsfälle, dabei muss das Pflegepersonal mit Priorität behandelt werden“, fordert Ulrich Christofczik, Vorstandsmitglied des Ev. Christophoruswerkes und Sprecher der Ruhrgebietskonferenz Pflege. 

Die Befragten beschreiben einen Flickenteppich der Entscheidungen: In einigen Städten werden Mitarbeiter unter Corona-Verdacht vom Gesundheitsamt sofort unmissverständlich zu einer 14-tägigen Quarantäne aufgefordert, ohne diese durch einen Test zu bestätigen. Andere Ämter stellen den Betroffenen die Entscheidung frei und geben lediglich eine Verhaltensempfehlung. Hinzu kommt, dass Hausärzte momentan allein auf den Verdacht hin rasch für zwei Wochen krankschreiben. „Momentan können wir die Lücken in der Pflege noch schließen“, so ein Träger aus Recklinghausen. „Wenn die Infektionszahlen steigen, wird das System kollabieren.“ 

Abstimmung mit fünf Gesundheitsämtern gleichzeitig

Bis es überhaupt zu einer Entscheidung kommt, vergeht oft wertvolle Zeit. Flächendeckend klagen die Träger darüber, dass Gesundheitsämter selbst in diesen Notfällen nur sehr schwer zu erreichen seien. Einige Behörden z.B. Bochum ließen sich anschließend mit ihrer Antwort tagelang Zeit, andere wie Essen reagieren innerhalb von Stunden. Da sich betroffene Mitarbeiter an ihrem Wohnort einer Prüfung zu unterziehen haben, müssen sich große Träger mit bis zu fünf unterschiedlichen Gesundheitsämtern abstimmen.

Verunsicherung auf allen Ebenen

„Dieses Entscheidungschaos verunsichert die Mitarbeitenden“, so Silke Gerling vom Diakoniewerk Essen, Sprecherin der Arbeitgeberinitiative. Auf der einen Seite zögen die Ämter auf bloßen Verdacht hin Personal aus den Einrichtungen, das dort dringend benötigt würde. Auf der anderen Seite brächten ungetestete Verdachtsfälle, die weiter zur Arbeit gehen, ihre Kollegen und Patienten unnötig in Infektionsgefahr. Silke Gerling: „Wir fordern endlich schnelle und zuverlässige Tests für alle Betroffenen. Wir fordern das NRW-Gesundheitsministerium auf, endlich eine einheitliche Regelung für den Umgang mit Verdachtsfällen zu schaffen, die uns Trägern Rechtssicherheit gibt.“

Arbeitgeber bleiben auf Kosten sitzen

“Das unkoordinierte Vorgehen der Ämter ist nicht nur gesundheitsgefährdend, sondern bringt die Träger auch in eine finanzielle Schieflage. Arbeitsrechtlich stellt sich die Frage, inwieweit die Quarantäne-Tage Arbeitszeit darstellen. Über das Infektionsschutzgesetz seien sie nicht refinanzierbar, ob der Gesetzgeber eine andere Lösung schaffen wird, ist noch ungewiss. „Wir fürchten, dass die Arbeitgeber bei der Freistellung auf den Kosten sitzenbleiben“, so eine Stimme aus Essen. Bei der momentan noch geringen Zahl an Betroffenen, sei das kein Problem. Das ändere sich aber sofort, wenn die Fallzahlen weiter steigen.

Balkanisierung“ des Reviers muss ein Ende haben


Die Rückmeldungen aus dem Gesellschafterkreis wird die Ruhrgebietskonferenz Pflege umgehend an NRW-Gesundheitsminister Laumann weiterleiten. Dort arbeitet nach Auskunft von Teilnehmenden bereits eine Taskforce an einer Lösung des Problems. Ulrich Christofczik, Vorstandsmitglied des Ev. Christophorus-Werkes in Duisburg und Sprecher der Ruhrgebietskonferenz Pflege: „Pflege im Ruhrgebiet arbeitet unter erschwerten Bedingungen. Gerade in der Krise zeigt sich, wie gefährlich das Kirchturmdenken der Kommunen sein kann. Dass diese ,Balkanisierung‘ des Reviers schnellstmöglich zu beenden ist, sollte eine Erkenntnis sein, die wir in Nach-Corona-Zeiten angehen müssen“, sagt Ulrich Christofczik, Vorstandsmitglied des Ev. Christophorus-Werkes in Duisburg und Sprecher der Ruhrgebietskonferenz Pflege.

Mehr Informationen:

www.ruhrgebietskonferenz-pflege.de


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