Von Wearables, die konstant Daten für die Früherkennung sowie für das Monitoring von Erkrankungen erheben, bis hin zu digitalen Therapien und der Rehabilitation: E-Health-Anwendungen betreffen die gesamte Patient Journey. Gleichzeitig machen sich viele dieser Tools Künstliche Intelligenz zunutze, um diese große Menge an Daten zu analysieren, Schlussfolgerungen zu ziehen – und damit eine ganz neue Faktenbasis für die Patient Journey zu schaffen. 

All dies geschieht im Sinne der Patient Centricity: Die großen, patientengetriebenen Datenmengen stellen Erkrankte in den Mittelpunkt der medizinischen Versorgung. Patient:innen werden erstmals verstärkt an ihrer Behandlung beteiligt und erleben so einen niedrigschwelligen, alltäglichen Zugang zu ihrer Behandlung. 

Gesundheitsaufklärung: Expert:in der eigenen Erkrankung werden

Eine Bitkom-Umfrage ergab vor einigen Monaten, dass sechs von zehn Deutschen ihre Symptome im Internet recherchieren.1 Dr. Google & Co werden demnach vor dem Arztbesuch konsultiert – aber auch danach. Daran lässt sich ablesen, wie stark das Verlangen von Patient:innen ist, Krankheitsbilder und Informationen aus dem Arztbesuch zu verstehen. Viele medizinisch fundierte Apps setzen hier an: Sie können eine tiefgreifende Gesundheitskompetenz vermitteln, indem sie über Symptome, Erkrankungen und/oder Behandlungsoptionen aufklären. Wie etwa der Symptomchecker von Ada Health: Er nutzt eine KI, die Symptome einordnet, medizinisches Wissen vermittelt und Behandlungsoptionen aufzeigt. Gleichzeitig können Nutzer:innen ihre Symptome – wie etwa die Stärke ihrer Kopfschmerzen – tracken, um einen Überblick des Verlaufs zu erhalten.

Früherkennung von Krankheiten: Den Körper mit KI verstehen

Andere medizinische Tools sind darauf ausgelegt, Gesundheitsdaten zu sammeln und Anzeichen von Krankheiten frühzeitig zu erkennen. In vielen Fällen nutzen diese Tools Künstliche Intelligenz, die Gesundheitsdaten analysiert und aus den Ergebnissen Schlussfolgerungen zieht. Eine solche KI steckt auch in MAIA, der Software des Hamburger Unternehmens Tiplu. MAIA unterstützt Mediziner:innen im Krankenhaus bei klinischen Entscheidungen, indem es aus den analysierten Daten etwa Verdachtsdiagnosen oder Risikobewertungen ableitet. So meldet sich MAIA etwa bei Verdacht auf eine Sepsis. Darüber, wie die KI arbeitet und wie sie bei der Diagnostik und Verwaltung im Krankenhaus unterstützt, habe ich mit dem Tiplu-Geschäftsführer Dr. Lukas Aschenberg in meinem Podcast gesprochen.2

Medikationsmanagement: Den Alltag mit einer Erkrankung strukturieren

Gerade bei schweren Erkrankungen kann es hilfreich sein, jederzeit einen Überblick über die verordneten Therapiebausteine zur Hand zu haben. So unterstützen Apps etwa dabei, Medikamente regelmäßig und richtig einzunehmen – wodurch sich auch das Risiko von medikamentenbedingten Komplikationen oder Wechselwirkungen reduziert. Zudem enthalten viele dieser Apps noch weitere Funktionen: So erinnert etwa die App TOM an medikamentenunabhängige Therapieinhalte. Dazu zählen unter anderem Blutdruckmessungen und der Hinweis, wenn Medikamente zur Neige gehen. Zudem erfasst TOM Sporteinheiten oder die Länge von ergotherapeutischen Behandlungen. Daraus erstellt die App eine zeitlich geordnete Übersicht, die alle getrackten Therapiebausteine zusammenfasst.

Therapieadhärenz: Behandlungen verstehen und einhalten

Zahlreiche medizinische Apps enthalten eigene Therapiepläne, um die Nutzer:innen niedrigschwellig und langfristig bei ihre Behandlung anzuleiten. Beispiel Raucherentwöhnung: Die DiGA Smoke Free basiert auf Erkenntnissen aus der Verhaltensforschung.3 Ihr Ziel ist es, Behandlungsbausteine mitreißend und positiv zu vermitteln, damit Nutzer:innen den langwierigen Entzug schaffen. Wissen zum Umgang mit Verlangen und Rückfällen enthält die DiGA genauso wie Methoden, die das Selbstvertrauen stärken. Zudem belohnt die App Behandlungsfortschritte. Die Therapie soll Spaß machen – damit der Rauchstopp auch wirklich gelingt.

Management chronischer Erkrankungen: Veränderungen erkennen und gegenwirken

Auch mit chronischen Erkrankungen stehen Patient:innen nicht unter einer ständigen ärztlichen Überwachung. Um etwaige Veränderungen ihrer Erkrankung zu erfassen, können Betroffene medizinische Apps nutzen. Etwa bei einer Diabeteserkrankung: Parameter wie Blutzuckerwerte oder Mahlzeiten können so bspw. in einem digitalen Tagebuch erfasst werden. Andere Tools enthalten gleich Maßnahmen für eine individualisierte Therapie. 

Ein Beispiel dafür ist die DiGA Kaia COPD.4 Sie richtet sich an Personen mit einer chronisch obstruktiven Lungenerkrankung und kombiniert Bewegung, Wissen sowie Entspannung. Damit entspricht sie der multimodalen Therapie, welche die medizinischen Leitlinien empfehlen. Auch berücksichtigt Kaia COPD die individuellen Voraussetzungen von Patient:innen, wie etwa die körperliche Leistungsfähigkeit, und ermöglicht so eine fortlaufend individuell angepasste Therapie. Die App führt Patient:innen durch angeleitete Atem- und Bewegungsübungen und enthält zudem Patientenschulungen in Form von Wissenseinheiten. 

Fazit:

E-Health-Anwendungen können den Umgang mit Erkrankungen revolutionieren – wenn wir sie lassen. Denn immer noch betrachten viele Stakeholder des Gesundheitswesens DiGA & Co. mit Skepsis und Zurückhaltung. Dabei bieten die Tools die grundlegende Chance, Gesundheit im Sinne der Patient:innen neu zu denken – und eine konsequente Patient Centricity zu etablieren. Diese Potentiale darf Deutschland nicht verschlafen. 

Verweise:

[1] Umfrage der Bitkom: https://www.bitkom.org/Presse/Presseinformation/Deutsche-recherchieren-Symptome-Internet


[AG1] Podcast mit Dr. Lukas Aschenberg, Geschäftsführer der Tiplu GmbH zu KI und Sepsisfrüherkennung

[AG2] Podcast mit Benedikt Hielscher, Geschäftsführer von Smoke Free zu DiGA

[AG3] Podcast mit Dennis Hermann, Head of Europe bei Kaia Health zu E-Health im deutschen Gesundheitswesen

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