Die Filderklinik leistet für die gesamte Region Stuttgart/Esslingen als Klinisches Zentrum für Anthroposophische Medizin einen wichtigen Beitrag in der Gesundheitsversorgung. Das heißt als Akutkrankenhaus bietet die Klinik Medizin auf dem aktuellsten Stand wissenschaftlicher Erkenntnisse, erweitert um Behandlungsmethoden der Anthroposophischen Medizin.

Anke Sommer ist seit März 2017 Pflegedirektorin und führt ihren Bereich mit circa 340 MitarbeiterInnen. Durch ihre vorherige Tätigkeit als Hausleitung in einem Altenheim kann sie die Besonderheiten der Altenhilfe mit denen des Gesundheitswesens verbinden und effektive Lösungsansätze aufzeigen.

 
Wir haben mit Frau Sommer über einen personenzentrierten Führungsansatz gesprochen und was Führung mit Anthroposophie und Gesundheit zu tun hat.

Neue Führung – Professionell. Inklusiv. Digital. Eigenverantwortlich – 
Personenzentrierter Führungsansatz und
 welchen Beitrag die Anthroposophie leisten kann

Frau Sommer, bitte skizzieren Sie kurz die Grundgedanken eines personenzentrierten Führungsansatzes.


Personenzentrierung ist durch den neuen Expertenstandard und den Psychologen Tom Kitwood in aller Munde. Der Mensch mit seinen individuellen Bedürfnissen steht hierbei im Mittelpunkt. Dabei sind Achtsamkeit, Anerkennung, Respekt und Vertrauen die Grundpfeiler eines personenzentrierten Führungsansatzes. Diese personenzentrierte Sichtweise kann aus der Perspektive der Mitarbeitenden und der BewohnerInnen/PatientInnen angewandt werden. Beide Aspekte sollten in Einklang gebracht werden, damit sie ihre beste Wirkung entfalten können.

Was sind die Eckpfeiler der Anthroposophie?

Neben den konventionellen medikamentösen Möglichkeiten umfasst die anthroposophische Medizin und Pflege zusätzliche Behandlungsmethoden, die dem Gesundwerden und dem Wohlbefinden des Menschen dienen – auch durch eine besondere Zuwendung und Fürsorge. Sie sprechen den ganzen Menschen an, mit Leib, Seele und Geist. Die anthroposophische Pflege versteht sich dabei als eine Erweiterung der allgemeinen Krankenpflege, als eine einlassende Pflege, die zugleich therapeutisch wirksam sein kann. 

Unser Pflegeverständnis beruht auf den Grundsätzen der anthroposophischen Pflege. Es ist unser Anliegen, die zu pflegenden Menschen in ihrer ganzen Lebenssituation wahrzunehmen, die Pflege anhand moderner und qualitativer Pflegemethoden zu gestalten und um die Elemente der speziellen anthroposophischen Pflege zu erweitern.

Kann personenzentriertes Führen von der Anthroposophie lernen?

Die ganzheitliche Betrachtungsweise aller Aspekte und die besondere Zuwendung auf den einzelnen Menschen in seiner gesamten physischen und psychischen Dimension kann von der Anthroposophie gelernt werden. Ich verstehe die Personenzentrierung dabei jedoch nicht nur auf den einzelnen Menschen bezogen, sondern auch auf das Zusammenspiel einer Gruppe beziehungsweise eines Teams.

Wie lässt sich personenzentriertes Führen praktisch umsetzen?

In der Filderklinik haben wir den personenzentrierten Führungsansatz unter anderem mit innovativen Dienstplanmodellen umgesetzt. So wurden zunächst in einem Arbeitsanfallmodell die Belegungsstruktur und die Bedürfnisse der PatientInnen erhoben, um stets genügend Personal zur Verfügung zu stellen und gleichzeitig eine gleichmäßigere Auslastung der Arbeitssituation zu gewährleisten. 
Dabei stellten wir fest, dass wir unterschiedliche Dienstzeiten benötigen und haben die Dienstpläne weitgehend an den Bedarfen der MitarbeiterInnen und der Patienten angepasst. Ein Beispiel ist hier ein verspäteter Spätdienst, der den Bewohnern, dem Nachtdienst aber auch chronisch kranken MitarbeiterInnen zugutekommt, da es für diese oft schwierig ist, Frühdienste zu arbeiteten. Ein anderes Beispiel ist ein Dienstplan, der Kinderbetreuung wesentlich erleichtert. 

Welche Erfahrung haben Sie mit personenzentrierten Führen bei Ihren Mitarbeitern gemacht?

Mir ist es sehr wichtig, die MitarbeiterInnen wahrzunehmen, zu beteiligen und einzubeziehen. Die gemeinsame Erarbeitung während der Projekte gibt Gestaltungsspielraum und ermöglicht eine vertrauensvolle Zusammenarbeit. 

Bei den Projekten führten wir jeweils eine dreimonatige Einführungsphase durch, um danach in der Evaluation gegebenenfalls Anpassungen vorzunehmen. Auf diese Weise werden neue Erkenntnisse umgesetzt und die Resonanz zu dem offenen Austausch ist sehr positiv. Veränderung bleibt so nicht stehen, vielmehr ist es ein fortlaufender Prozess und die Erfahrung der MitarbeiterInnen begleitet meine weitere Führung.

Welche Vorteile bringt personenzentrierte Führung Ihrer Klinik?

Durch den personenzentrierten Ansatz weiß ich als Führungskraft, welche Themen meine MitarbeiterInnen beschäftigen und welche Prozesse optimiert werden müssen. Damit wird ein komplexes System, wie eine Klinik, offensichtlicher und transparenter.
Zur ganzheitlichen Betrachtungsweise gehört aber auch die wirtschaftliche Perspektive. Diese wird durch verstärkte Identifikation zunehmend von allen MitarbeiterInnen einbezogen, was einen bedeutenden Vorteil für die Klinik darstellt.

Welche Kompetenzen und Eigenschaften sollten Führungskräfte haben?   

  • Durchhaltevermögen
  • Selbst- und Fremdreflektionen annehmen und umsetzen können
  • Ideen und Anregungen der MitarbeiterInnen aufgreifen.
  • Offene Informationsweitergabe und offene Türen der Begegnung schaffen
  • Innovative Konzepte aufgreifen
  • Neueste wissenschaftliche Erkenntnisse einbeziehen
  • Ehrliche und konsequente Kommunikation
  • Vielseitig fundierte Ausbildung

Das Wichtigste ist jedoch: Eine Führungskraft sollte sich in einem stetigen Lernprozess sehen, ebendieses ist für mich das Reizvolle und Spannende an Führung.

Was hat personenzentriertes Führen mit Gesundheit zu tun?

Ein personenzentrierter Führungsansatz hat viel mit Gesundheit zu tun. Zur Ganzheitlichkeit gehört ebenfalls die Selbstwahrnehmung. Wenn MitarbeiterInnen auf Ihren Körper und Ihre Bedürfnisse hören, dann entsteht nicht nur Wohlbefinden bei ihnen selbst, sondern sie geben diese Zufriedenheit auch an die BewohnerInnen/PatientInnen weiter. Als Führungskraft können wir die Rahmenbedingungen und Reflektionen ermöglichen, jedoch ist es an jedem Mitarbeiter selbst, mit welcher Einstellung er seine Arbeit betrachtet.

Worauf sind Sie besonders stolz in Hinblick auf gelungene Führung in Ihrer Klinik?

Besonders stolz bin ich auf den gewachsenen Zusammenhalt der Führungskräfte in der Pflege. Zu Beginn meiner Tätigkeit habe ich eine Änderung der Aufbauorganisation und der Zuständigkeiten vorgenommen. Dieses führte zu einem stärkeren Zusammenhalt unter den MitarbeiterInnen und zu einer eigenverantwortlichen Arbeitsweise. Auch sind die Motivation und das Engagement in der Akquise deutlich gestiegen. Zum Beispiel wollen wir dieses Jahr einen „Tag der Pflege“ in der Filderklinik veranstalten. Dieser soll die Wertschätzung für die MitarbeiterInnen ausdrücken und gleichzeitig eine Akquiseplattform für neue MitarbeiterInnen sein.

Frau Sommer, vielen Dank für das Interview!

Weitere Information: www.filderklinik.de

Foto Copyright: Filderklinik

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