Für die Arbeitgeberinitiative Ruhrgebietskonferenz-Pflege ist es höchste Zeit für einen grundlegenden Strategiewechsel im Umgang mit der Corona-Pandemie.

„Wie müssen endlich alles dafür tun, dass ältere und pflegebedürftige Menschen wirkungsvoll geschützt werden. Es genügt nicht, eine Testpflicht zu verordnen und die Schnelltests zu bezahlen, wir brauchen die Menschen, die sie durchführen.“

Ulrich Christofczik vom Christophoruswerk in Duisburg

90 Prozent der Todesfälle betreffen über 65jährige

Der Sprecher der Ruhrgebietskonferenz-Pflege kämpft in seinen Einrichtungen seit Wochen gegen ständig steigende Infektionen an. Die aktuellen Zahlen sind dabei wenig motivierend. In NRW lebten 38 Prozent aller „an oder mit Corona“ verstorbenen Menschen in stationären Pflege- oder Eingliederungshilfeeinrichtungen. In Duisburg waren es sogar 44 Prozent. „Das Risiko an Corona zu verster- ben ist für Menschen über 80 Jahre 500mal größer als für 40jährige. Statistiken zeigen, dass 90 Prozent der Todesfälle die über 65jährigen betreffen. Dem müssen wir endlich konsequent Rechnung tragen.“, spitzt der Vorstand des größten Pflegeanbieters in Duisburg zu.

„Wir wollen schützen und nicht abschotten“

Aktuell melden 476 von 2380 stationären Einrichtungen in NRW ein Infektionsgeschehen. Silke Gerling vom Diakoniewerk Essen fordert deshalb endlich die Bündelung aller Kräfte zum Schutz der Seniorinnen und Senioren: „Wir wollen schützen und nicht abschotten. Dafür brauchen wir aber mehr Menschen, die mit anpacken.“ Das vorhandene Pflegepersonal ist bereits jetzt völlig ausgelastet. Am Anfang der Woche waren in NRW fast 4000 Pflegekräfte entweder infiziert oder in Quarantäne. „Wenn die Bewohnerinnen und Bewohner konsequent vor Infektionen geschützt werden sollen, müssen wir sicherstellen, dass sie keinen Kontakt zu infizierten Menschen bekommen“ bringt Silke Gerling die Anforderung an die Einrichtungen auf den Punkt. Infektionen werden schließlich von Besuchern oder Mitarbeitern in die Einrichtungen getragen.

„Schnelltests sind kein Hexenwerk“

Deshalb fordert die Ruhrgebietskonferenz-Pflege den Einsatz aller vorhandenen Kräfte, um lückenlose Screenings und Schnelltests sicherzustellen. Ulrich Christofczik denkt neben der Bundeswehr und dem Katastrophenschutz dabei konkret an Personal, das heute Kontrollen in Einkaufszentren, Bussen und Bahnen, Behörden oder öffentlichen Einrichtungen durchführt. „Diese Menschen könnten in unseren Einrichtungen für den unmittelbaren Schutz der Bewohnerinnen und Bewohner eingesetzt werden statt Bußgeldbescheide für einige unverbesserliche Zeitgenossen auszustellen. Die Schnelltests sind kein Hexenwerk. Nach einer Schulung können auch Menschen ohne medizinische Fachkenntnisse diese Testungen durchführen.“

Fachkräfte nicht aus ambulanten Diensten abziehen

Für die ambulante Pflege befürchtet Thomas Eisenreich von Home Instead und ebenfalls Sprecher der Ruhrgebietskonferenz-Pflege die Zuspitzung der bereits vorhanden kritischen Personalsituation: „Es darf nicht passieren, dass jetzt Fachkräfte aus den ambulanten Diensten abgezogen werden, um Schnelltests in Pflegeheimen durchzuführen.“ Deshalb sollten zeitnah Konzepte entwickelt und umgesetzte werden, wie Menschen aus Betrieben, die gerade besonders vom Lockdown betroffen sind, für die Tests gewonnen und qualifiziert werden können.

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