Seniorenimmobilien gelten im Vergleich zu anderen Assetklassen als besonders krisenresistent. Und das aus gutem Grund: Die Nachfrage nach Plätzen in Pflegeheimen und in Häusern für Betreutes Wohnen steigt stetig, und sie wird das mit Blick auf die demographische Entwicklung in Deutschland auch in den nächsten Jahrzehnten tun. Auf der anderen Seite werden viel zu wenige Seniorenimmobilien gebaut. Um den Bedarf an vollstationären Pflegebetten zu erfüllen, müsste jeden Tag ein neues Pflegeheim eröffnet werden. Davon sind wir weit entfernt. Daraus folgt: Die allermeisten Seniorenimmobilien sind voll belegt. Für langfristig orientierte Immobilieninvestoren, die stabile Einnahmen ebenso schätzen wie stabile Werte, ist das auch in wirtschaftlich und politisch stürmischen Zeiten eine beruhigende Nachricht. 

Pflegeheime bleiben begehrt und ein knappes Gut

Viel spricht dafür, dass 2023 jedoch auch bei dieser Immobiliengattung etwas herausfordernder wird – für Betreiber, Projektentwickler und Investoren. Steigende Energie- und Baukosten, höhere Zinsen, Inflation und immer mehr Anforderungen an die Nachhaltigkeit von Immobilien führen dazu, dass viele Projekt neu kalkuliert werden müssen. Es wird also zunächst noch mehr zu wenig gebaut als ohnehin schon. Das führt auf dem eh schon sehr engen Markt zu weiteren Verknappungen. Gut für Bestandshalter. 

Für Investoren bedeutet der reduzierte Neubau und das somit verringerte Angebot: Es wird zunehmend anspruchsvoll, lohnende Investments in Pflegeheime oder Betreutes Wohnen zu tätigen. Zwar melden Maklerunternehmen wie CBRE und Savills sinkende Preise, das allerdings in überschaubarem Umfang. In den vergangenen zwölf Monaten beobachtete CBRE einen Anstieg der Spitzenrenditen für Pflegeheime um 50 Basispunkte auf 4,4 %, Savills gibt ein Plus von 20 Basispunkten auf 4,1 % an. Nach Einschätzung der Maklerhäuser werden Investments in Seniorenimmobilien in diesen Zeiten zunehmend etwas für Spezialisten, also für Investoren mit breiter Expertise.

Die Investitionskostensätze müssen deutlich erhöht werden

Zu einer Entspannung des Markts könnte beitragen, wenn die politischen Entscheidungsträger die Investitionskostensätze endlich deutlich erhöhten. Das würde nicht nur neue Projekte erleichtern, sondern auch das Leben der Betreiber längst bestehender Häuser. Die gestiegenen Energiekosten haben schließlich unmittelbare Wirkung auf den laufenden Betrieb von Pflegeheimen und Häusern für Betreutes Wohnen. Zwar haben die kommunalen Kostenträger die Situation erkannt, aber sie sind nicht bereit, etwa durch erhöhte Investitionskostensätze für unmittelbare Abhilfe zu sorgen. 

Also finden derzeit viele Gespräche zwischen Betreibern und Eigentümern statt, in denen Erstgenannte darauf drängen, zumindest die Indexierung der monatlichen Mieten auszusetzen. Leichter gesagt als getan: Den Eigentümern fehlt oftmals der Spielraum, auf die Erhöhung der Mieten zu verzichten. Sie haben laufende Finanzierungen, die bedient werden müssen. Zudem haben sie gegenüber ihren Geldgebern häufig konkrete Renditeprognosen abgegeben, die ohne erhöhte Mieten nicht zu halten sein werden. Die gute Nachricht: In vielen Fällen werden pragmatische Lösungen gefunden. Häufig, so beschreibt es Savills, steht am Ende der Nachverhandlungen zwischen Betreibern und Eigentümern eine Deckelung der indexierten Mieten oder gar ein Aussetzen der Indexierung. Im Gegenzug sind Betreiber bereit, ihren Pachtvertrag deutlich zu verlängern. 

Unterschiedliche Preisvorstellungen von Käufern und Verkäufern 

Vor dem Hintergrund dieser Entwicklungen werden Transaktionsprozesse für potenzielle Investoren oftmals ungewohnt komplex. Selbst erfahrene Investoren agieren laut Savills zurzeit höchst selektiv. Sie schrauben ihre Ansprüche an die Qualität von Objekten und Betreibern in die Höhe. Die Folge: Angebot und Nachfrage finden im Bereich Pflegeheime derzeit häufig noch nicht zueinander. Das drückt sich nicht zuletzt in geringeren Transaktionsvolumina und in ganz unterschiedlichen Preisvorstellungen aus. Nach unseren Erfahrungen erwarten potenzielle Verkäufer von Premium-Pflegeheimen in vielen Fällen noch immer eine Nettoankaufrendite von 3,9 %. Kaufinteressenten gehen jedoch zumeist nicht unter 4,3 %. Es ist aber davon auszugehen, dass sich beide Seiten aufeinander zubewegen. CBRE rechnet spätestens ab Mitte 2023 wieder mit mehr Dynamik auf dem Investmentmarkt für Seniorenimmobilien.

Pflegeheime punkten bei sozialer Nachhaltigkeit

Die Zeit bis dahin könnten Investoren unter anderem dazu nutzen, sich mit den wachsenden Anforderungen an die Nachhaltigkeit (ESG) von Seniorenimmobilien zu befassen. Längst gibt es kein Vorbeikommen an der EU-Taxonomie mehr, die Ziele hinsichtlich ökologischer, sozialer und unternehmerischer Nachhaltigkeit vorgibt. Seniorenimmobilien punkten insbesondere beim „S“. Das heißt, sie sind für Investoren eine hervorragende Möglichkeit, soziale Verantwortung zu übernehmen. Sofern sie ihr Kapital in neue oder generalsanierte Seniorenimmobilien stecken, tätigen sie im Sinne der Taxonomie gar ein Impact-Investment. Das heißt, mit ihrem Kapital erzielen Investoren direkt eine soziale Wirkung. Es ist davon auszugehen, dass die Nachfrage nach Seniorenimmobilien in den nächsten Monaten und Jahren auch wegen des Aspekts der sozialen Nachhaltigkeit steigen wird. 

Anspruchsvoller gestaltet sich bei Seniorenimmobilien hingegen die ökologische Nachhaltigkeit. Das Senken des CO2-Ausstoßes in einer Pflegeeinrichtung gelingt am ehesten dann, wenn sie grünen Strom bezieht. Darauf hat der Eigentümer der Liegenschaft jedoch keinen Einfluss, da der Bezug von Elektrizität in das Hoheitsgebiet des Mieters fällt. Und eine energetische Sanierung von Seniorenimmobilien ergibt in vielen Fällen wirtschaftlich keinen Sinn, weil sie sich ohne Mieterhöhung nicht rechnet – und Mieterhöhungen im erforderlichen Umfang kaum durchsetzbar sind. Womit wir wieder beim zentralen Thema der Investitionskostensätze wären. Sie sind die entscheidende Stellschraube, damit Betreiber und Investoren ihre aktuellen Herausforderungen bewältigen zu können. 

Doch so sehr das Jahr 2023 auch einige Herausforderungen bereithält: Seniorenimmobilien bleiben eine Assetklasse, die für Stabilität steht. Sie sorgen für gute, stetige Einnahmen, sind in der Regel langfristig vermietet und der Bedarf wird mit Blick auf die Demographie in den nächsten Jahrzehnten immer weiter steigen.  

Foto: pixabay

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