Die deutsche Bevölkerung wird stetig älter und das Thema des altersgerechten Wohnens damit immer präsenter – und vielschichtiger. Denn mit der zunehmenden Altersspanne der Senioren werden auch ihre Bedürfnisse komplexer. Welche Konzepte bilden diese unterschiedlichen Bedürfnisse im Alter am besten ab? Das Gebot der Stunde scheinen Seniorenquartiere zu sein. Sie vereinen unterschiedliche Nutzungsarten auf einem Areal: vom barrierefreien und betreuten Wohnen mit Service-Angeboten über die ambulante Pflege und Tagespflege bis hin zur teilstationären und vollstationären Pflege. Im Idealfall wird das Quartier durch Arztpraxen, Einzelhandels- und Dienstleistungsangebote des täglichen Bedarfs sowie durch Freizeitangebote ergänzt. Einmal eingezogen, kann man hier getrost alt werden und findet Hilfen für die zunehmende Bedürftigkeit. Doch solche Quartiere funktionieren nur unter bestimmten Voraussetzungen.

Wichtig: Einbindung in Infrastruktur und gute Anbindung an den ÖPNV

Ein Blick über den großen Teich auf Sumter County im US-Bundesstaat Florida zeigt, welche Formen eine solche auf eine einzige Altersgruppe fokussierte Community annehmen kann. Bei der Volkszählung 2010 waren in der häufig als Vorzeigeprojekt bezeichneten US-Gemeinde „The Villages“ rund 90 Prozent der Bewohnerinnen und Bewohner 60 Jahre und älter. Noch im Jahr 2016 schrieb die Süddeutsche Zeitung über The Villages: „Wer ein Haus kaufen will, muss älter als 55 Jahre sein. Kinder sind verboten, sie dürfen höchstens 30 Tage im Jahr zu Besuch kommen, und nur nach Voranmeldung.“ (Artikel vom 23.02.2016 auf SZ Online). Viele Senioren wünschen sich aber gerade die Teilnahme am „normalen“ Leben. Seniorenquartiere sollten daher möglichst zentral liegen und eine gute Nahversorgung sowie Anbindung an den ÖPNV ermöglichen, damit sie sich nicht zu isolierten Seniorensiedlungen entwickeln. Bei unserer ersten Entwicklung eines Seniorenquartiers in Behringersdorf bei Nürnberg spielten diese Faktoren eine entscheidende Rolle. Das Quartier liegt eingebettet in den Ort mit einer guten Infrastruktur und integriert auch „normale Wohnformen“. Durch die hohe Nachfrage im Speckgürtel rund um Nürnberg ist hier das Quartier eine gute Lösung.

Seniorenwohnen als Teil gemischt genutzter Quartiere

Eine wichtige Alternative zum Seniorenquartier ist die Integration von seniorengerechten Wohnkonzepten und Pflegeplätzen in gemischt genutzte Quartiere. Hier kommen verschiedene Nutzungsformen wie Wohnen, Einzelhandel, Büro und Dienstleistung zusammen und bieten damit heterogene Strukturen und eine Durchmischung. Beispielhalft hierfür ist unsere Entwicklung innerhalb der Rosenheimer LOKHÖFE. Wir realisieren hier Seniorenwohnungen und eine Pflege-Einrichtung in unmittelbarer Nachbarschaft zu studentischem Wohnen. Darüber hinaus entstehen in dem innerstädtisch liegenden Quartier ein Hotel, Einzelhandel und Büroflächen. Ein Konzept, das die Senioren in ein lebendiges Umfeld integriert. Ein Fokus sollte also stets auf der Integration von seniorengerechten Wohnangeboten in heterogene Stadtquartiere liegen. Dieser Ansatz hat auch den Vorteil, dass bei sich wandelnden Bedingungen für Nutzer und Eigentümer eine hohe Drittverwendungsfähigkeit der Immobilien gegeben ist. Das vermeidet auf lange Sicht ungewollten Leerstand und stellt die Zukunftsfähigkeit der Stadtquartiere sicher. Auch die Einführung einer Quote für barrierefreien und seniorengerechten Wohnraum bei Quartiersentwicklungen analog zur Quote für geförderten Wohnungsbau wäre eine Überlegung wert. Mit einer solchen „Seniorenquote“ würde der Problematik an fehlendem seniorengerechtem Wohnraum aktiv entgegengesteuert werden.

Lösungen müssen an den Standort angepasst sein

Der demografische Wandel wirkt sich drastisch auf die Nachfrage nach stationären Pflegeheimen und alternativen Pflegewohnformen in Deutschland aus. Aus dem Pflegeimmobilien Report von Cushman & Wakefield aus dem Jahr 2021 geht hervor, dass bereits 2019 fast 30 Prozent der Bevölkerung zu den Ü-60ern zählten. Das entspricht circa 24,1 Millionen Bundesbürgern. In den geburtenstarken Jahrgängen der Jahre 1946 bis 1967 erreicht aktuell ein großer Teil der Babyboomer das Rentenalter und steigert dann in zehn bis fünfzehn Jahren noch einmal erheblich die Nachfrage nach Pflegeleistungen. 

Das Konzept von Seniorenquartieren ist punktuell sinnvoll, stellt jedoch für sich allein keine allumfassende Antwort auf den wachsenden Bedarf an altersgerechtem Wohnen in Deutschland dar. Es muss gut überlegt sein, an welchem Standort die unterschiedlichen Wohnkonzepte für Senioren in Frage kommen und wo sie gebraucht werden, auch in Abhängigkeit von den zugrundeliegenden infrastrukturellen Gegebenheiten.

Foto: IMOGENT

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