Die Digitalisierung boomt und wird ohne Zweifel ein wichtiges Instrument in Bezug auf den demografischen Wandel sein, sofern diese angemessen genutzt wird. Studien im In- und Ausland sowie das Bekenntnis zur Digitalisierung durch die öffentliche Verwaltung und der Bedarf an Unterstützung durch die Privatwirtschaft (Privat Public Partnership) geben einen wichtigen Schub in Richtung der sogenannten 4. technologischen Revolution. Wollen wir jedoch hoffen, dass der Fehler des sogenannten „Technologie-Push“ aus den letzten Dekaden, bei dem die Entwicklung oft am User vorbei ging nicht noch einmal wiederholt wird.

In einem Interview, was ich mit dem Diagitalexperten in Sachen eSalud Dr. Pedro Cano Desandes letztes Jahr führte (https://bielconsulting.eu/2022/06/03/entrevista-con-pedro-cano-desandes-medico-experto-en-salud-digital/) wurde dies noch einmal klar bestätigt. Zwei Fragen möchte ich hier herausstellen, die deutlich machen, dass der spanische Technologie Markt sowie die Innovation hoch oben stehen, das merkt man letztendlich auch daran, wie und wo die Hilfen des Next Generation Fond der EU hingingen: 1/3 geht in den Bereich von Gesundheit und Pflege.

Welche Technologien sind derzeit auf dem spanischen Markt, die ältere Menschen es ermöglichen so lange wie möglich zu Hause bleiben zu können?

Dr. Pedro Cano Desandes: In Spanien finden wir Age Tech-Lösungen für viele dieser Bedürfnisse. Von eigenen telemedizinischen Möglichkeiten oder über Telefonanbieter (wie Movistar mit Teladoc), Plattformen wie Durcal.com, Services für Senioren von Sicherheitsunternehmen wie Securitas oder Prosegur, Unterstützung für Pflegekräfte mit Startups wie Qida, Cuideo, Ubikare oder Senniors. ausgezeichnete Rehabilitationsplattformen wie Rehametrics, NeuronUp oder duale Therapie wie Dualebike.

In der Gerontologie wird viel über künstliche Intelligenz (IA) gesprochen, wie kann sie einbezogen werden, und wo sehen Sie aus Ihrer Sicht deren Vor- oder Nachteile?

Dr. Pedro Cano Desandes: Manchmal scheint es, dass Techniken der künstlichen Intelligenz ein Allheilmittel sind und für alles funktionieren. Was wir in der Gerontologie sicherlich nicht brauchen, ist die Verwendung künstlicher Intelligenz, um dieselben Fragen zu stellen, die wir mit einer traditionellen Methodik stellen würden. Dafür ist es besser, sie auf traditionelle Weise zu machen. Wir sparen Zeit, Geld und Ärger. Wie einer der führenden spanischen Experten auf diesem Gebiet sagt, wird künstliche Intelligenz nicht verwendet, um die gleichen Antworten auf andere Weise zu finden, sondern um unterschiedliche Antworten zu finden. Ich glaube, dass diese Techniken sinnvoll sein können, um Aspekte der Diagnose und Nachsorge zu verbessern, “aber der Ball muss auf dem Boden bleiben” und von Fall zu Fall funktionieren, ohne die Notwendigkeit einer wissenschaftlichen Validierung zu vergessen. Das Problem ist, dass sich viele Technologieunternehmen und Age-Tech-Startups der Notwendigkeit wissenschaftlicher Beweise nicht bewusst sind. Robustheit, Reproduzierbarkeit… sind unerlässlich, wenn wir den Wert Ihrer Anwendung demonstrieren wollen.

Der spanische Healthtech-Sektor hat seit dem Ausbruch der Pandemie eine Gelegenheit für seine Entwicklung gesehen. Bis zum Ausbruch der Pandemiekrise hatten sich die Investitionen in das Start-up-Ökosystem jeglicher Art in Spanien bei rund 1 Billion Euro stabilisiert und erreichten 2019 mit insgesamt 206 öffentlich zugänglichen Transaktionen sogar 1.1 Billionen Euro. Mit Blick in die Zukunft macht Deloitte in seinem Bericht mit dem Titel „Die Beschleunigung der Digitalisierung im Gesundheitswesen“ fünf Prognosen zum Gesundheitssektor für 2025. Wobei sich das Hauptaugenmerk auf den häuslichen Sektor konzentriert, dieses wird zunächst analysiert und als künftiges übliches Umfeld für die Pflege und Versorgung betrachtet. Routinemäßige Überwachung des allgemeinen Gesundheitszustands der Bevölkerung erfolgt mit Digitalisierung. Eine bemerkenswerte Information aus der Prognose von Deloitte ist, dass mehr als 70 % der Spanier Konsultationen per Videoverbindung durchführen werden und Einzelpersonen besser über ihr genetisches Profil informiert sein werden. Eine Tatsache, die sich positiv auf ihren Gesundheitszustand und mögliche zukünftige Krankheiten auswirken wird. Schon heute ist die Nutzung der Telemedizin keine reine Zukunft mehr, in Katalonien zum Beispiel hat der Bürger direkten Zugriff auf seine Daten. Des Weiteren kann er mit dem Gesunheitszentrum und dem Hausarzt sowie der Pflegefachkraft oder dem Sozialarbeiter direkt in Kontakt treten. La Meva Salut (MS) ist die Website, die es den Bürgern ermöglicht, ihre persönlichen Gesundheitsinformationen zu haben, und die Informationen enthält, die von der Gesundheitsversorgung generiert wurden, die sie in einem der öffentlichen Zentren erhalten haben, wie z. B.: der Gesundheitsplan, die aktuelle Medikation, verabreichte Impfstoffe, Diagnosen, klinische Berichte und die Ergebnisse von Tests und ergänzenden Untersuchungen. Es ermöglicht einem auch, Anträge und andere persönliche Gesundheitsprozesse in einer sicheren Umgebung durchzuführen.

Verschiedenen Experten haben in der ersten Ausgabe des „The eHealth What If Forum“ analysiert, der Ende 2021 vom eHealth-Zentrum der Universitat Oberta de Catalunya (UOC) organisiert wurde und herausstellte, wie die telematische Versorgung das Gesundheitssystem vor dem Kollaps in einer Zeit des maximalen Drucks verhinderte. Sie waren sich auch einig, dass die Digitalisierung viele Prozesse im Gesundheitswesen beschleunigte, und machten deutlich, dass große Mengen von Patientendaten optimal verwaltet und analysiert werden können. Ein seit Jahren diskutiertes Thema: der Stellenwert von Big Data im medizinischen Bereich. Laut Accenture ist der Einsatz digitaler Technologien im Gesundheitswesen in Spanien sehr beliebt, insbesondere im Vergleich zu anderen europäischen Ländern. Laut der Umfrage haben nur 25 % der Spanier im letzten Jahr keine digitale Technologie zur Verwaltung ihrer Gesundheit verwendet, während dieser Prozentsatz im Rest der Welt auf 36 % ansteigt.

Ein Beispiel ist die Plattform Doctoralia. Es ist eine Anwendung, die Personen hilft, Ärzte und Zentren in der Nähe ihres geografischen Standorts zu finden, und die es ihnen auch ermöglicht, direkt über dieselbe Anwendung einen Termin anzufordern oder Fachleute telefonisch zu kontaktieren. Dieses Unternehmen hat kürzlich einen Kooperationsvertrag mit Allergan Aesthetics unterzeichnet, um die digitale medizinische Ausbildung zu fördern. Diese Vereinbarung ist Teil des Ziels von Doctoralia, wertvolle Kooperationen auszubauen und zu stärken, um gemeinsam die Sichtbarkeit und digitale Ausbildung von Fachleuten zu fördern und Spezialisten während des gesamten digitalen Transformationsprozesses zu begleiten. Das von Frederic Llordachs gegründete Unternehmen steigerte seinen Umsatz im Jahr 2020 auf 4,3 Millionen Euro. Tatsächlich hat dieses spanische Unternehmen während der Pandemie seinen Verkehr um 75 % gesteigert, aber noch bemerkenswerter ist, dass sein Umsatz in Spanien im Jahr 2019 bereits um 45 % auf bis zu 3,3 Millionen Euro gestiegen ist. Cuideo, ein weiteres Stat up Unternehmen im Bereich der ambulanten Pflege. Dank eines Matching-Systems (digital) zwischen Benutzern und Pflegekräften ermöglicht Cuideo es Pflegekräften und Benutzern, sich innerhalb weniger Stunden anzuschließen und Kontakt aufzunehmen, basierend auf der Pathologie der abhängigen Person und der Erfahrung des Fachmanns. Cuideo schloss das Jahr 2022 mit 8.500 neuen Kunden und 55.000 versorgten Familien ab. Das 2016 gegründete Unternehmen hat seinen Bruttoumsatz im Vergleich zum Vorjahr um 69 % gesteigert und wird 2022 mit einem Umsatz von 60 Millionen Euro abschließen. Von seinen Anfängen vor sechs Jahren bis heute hat das Unternehmen mehr als 14.000 ältere Menschen betreut, mehr als 9.000 Pflegekräfte eingestellt, mehr als 23.000 illegale oder irreguläre Verträge reguliert und zur Sozialversicherung in Bezug auf die Verordnung beigetragen Hausangestellte (REEH) mehr als 20 Millionen Euro eingezahlt.

Die sogenannte Revolution 4.0 ist da und nicht mehr aufzuhalten, allerdings muss auch kritisch hinterfragt werden, bis zu welchem Punkt sind wir bereit uns von der künstlichen Intelligenz abhängig zu machen, ohne den ethischen Aspekt in den Vordergrund zu stellen. Hier ist die Politik klar gefragt, um dem Grenzen zu setzen und nicht den makroökonomischen Aspekt voran zu stellen. Diskussionen laufen immerhin, wir werden sehen, wo diese hinführen. Die Technologie ist da und wir werden sie brauchen, allein schon des Fachkäftemangels wegen, aber auch stellt sich die Frage des Nutzens für den User.

Wie von der WHO erwähnt, scheint die Telemedizin eine der am besten geeigneten Formeln zu sein, um geografische Schwierigkeiten oder die Knappheit von Gesundheitsressourcen zu überwinden, die es ermöglichen würde, räumliche und zeitliche Barrieren zwischen Gesundheitsdienstleistern und Benutzern zu überwinden, so dass der Fortschritt voraussichtlich fortgesetzt wird in diese Richtung (WHO, 2011a).

Wenn Sie sich live davon überzeugen wollen, kommen Sie mit auf eine Studienreise nach Barcelona vom 13. – 15. September 2023. Hier finden Sie das Programm.


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