Architektur, Demenz und Digitalisierung waren die Schwerpunkte einer Studienreise nach Dänemark, organisiert vom CareTRIALOG. Intensives Erleben, manchmal auch Staunen, Austausch, Diskussion und Netzwerken machten diese 3 Tage zu einem großartigen Erlebnis mit nachhaltigem Eindruck.

Schon bei der Anreise mit der Bahn von Hamburg nach Kopenhagen wurden erste Kontakte geknüpft und bei der Fahrt über die große Belt Brücke begrüßte uns Dänemark mit seinem ganz eigenen Charme.

Im Hotel angekommen bekamen wir, wie es sich gehört bei Kaffee und „Wiener Brot“ einen Einblick in das dänische Versorgungssystem am Beispiel der Kommune Tønder. Während des Vortrages von Torben Lindbæk-Larsen, dem Leiter des Bereichs Pflege und Gesundheit in der Tønder Kommune, wurde schnell klar: Vieles ist hier ganz anders als in Deutschland und gibt eine Menge Anregungen zum Über- und Nachdenken.

Beim anschließendem Architekturspaziergang über das Carlsberg Gelände konnten wir urbanes Leben erkunden: Neu und alt gehen in diesem Quartier eine spannende Symbiose ein und entwickeln eine ganz eigene Dynamik – ein kleiner Wermutstropfen: Senioren werden hier nur am Rande mitgedacht. Beim gemeinsamen Essen im Rooftop Restaurant Tramonto ließen wir den Tag bei bestem Wetter mit einem einmaligen Blick über Kopenhagen und intensiven Gesprächen ausklingen.

Am nächsten Tag stand die Besichtigung von Dagmarsminde und ein Vortrag zum Konzept Pflegeoase für 14 Menschen mit Demenz auf dem Programm: „Keine Medikamente, Geselligkeit und Gemeinschaft sind Teil der Therapie und Betreuung der Bewohner, die in einer Art Wohngemeinschaft leben. Sie sollen sich geborgen und aufgehoben fühlen, so das Pflegemodell nach May Bjerre Eiby, der Gründerin und Heimleiterin“ so der knappe Text im Programm. Was uns erwartete war ein absolut beeindruckendes Zuhause für Menschen mit Demenz, welches geprägt ist durch ein liebevolles Mitfühlen und Miteinander, klare Strukturen und Abläufe, eine ruhige Atmosphäre, individuelle und passgenaue Angebote für die Bewohner und die Natur als Therapie. Für uns alle war dies ein intensiver Moment, der unter die Haut ging und im Hinterkopf lief ein Film: Wie können wir etwas Vergleichbares bei uns umsetzen…?

Einen royalen Glanz bekam die Reise dann beim Smørrebrød-Essen im Fredensborg Kro, als die dänische Königin Margarete an uns vorbei fuhr und uns zugewunken hat…

Am Nachmittag besichtigten wir dann das Plejehjemmet Falkenberg. Hierbei stand die Implementierung von digitalen Anwendungen mit dem Fokus auf Mitarbeitergesundheit, Arbeitgeberattraktivität und Lebensqualität sowie Selbstbestimmung für die Bewohner im Vordergrund. Beim Rundgang durch das Heim, konnte ich viel Bekanntes aus deutschen Pflegeheimen entdecken und es reifte die Erkenntnis: das machen wir auch und müssen den Vergleich nicht scheuen.

Nach einem Stop bei der kleinen Meerjungfrau, die tatsächlich nur 1,25 m groß bzw. klein ist, verbrachten wir den Abend im Tivoli wieder mit viel Gespräch, Austausch und Fröhlichkeit.

Die letzte Station der Reise führte uns in das Demenzzentrum Pilehuset, von außen ein eher unscheinbarer und vielleicht sogar unschöner Bau, verbarg sich doch innen eine Pflegeeinrichtung für 120 Menschen mit Demenz, die einen Schwerpunkt auf die Lebensraumgestaltung legt: Das gesamte Kellergeschoss ist als Einkaufsstraße gestaltet, wo die Dinge des täglichen Bedarfs der Pflegeeinrichtung eingekauft werden. Die Lebensmittel für das Essen, welches auf den Wohnbereichen zubereitet wird, wird dort ebenso eingekauft wie Hygiene- und Badartikel, Kleidung, Bücher und vieles mehr. Es fehlt aber auch nicht der Weinladen, der Softeiskiosk und das Café. Die Mitarbeitenden bekommen alles immer nur im Beisein der Bewohner, so dass ein gemeinsames Erleben entsteht. Ein besonderer Schwerpunkt liegt im Pillehuset auf der Gartengestaltung, die besonders auf die Bedürfnisse von Menschen mit Demenz ausgerichtet ist. An unserem Besuchstag lud das Wetter zum draußen sein ein, so dass kurzerhand das Frühstück für die Bewohner im Garten stattfand: Bei chilliger Live-Musik und Kaffee vom mobilen Kaffeewagen fingen die ersten bald an zu tanzen – fast so wie auf dem Wochenmarkt in der Stadt. Normalität, Fachlichkeit, Empathie und Milieugestaltung an den Bedürfnissen und der Lebenswelt der Bewohner sind hier die Leitprinzipien.

Nach einem letzten gemeinsamen Essen stand der Abschied an und das Versprechen aller, in Kontakt zu bleiben und die gewonnen Eindrücke für die Menschen mit Demenz in Deutschland weiter zu tragen. 

Was nehme ich nun nach drei intensiven Tagen mit?

Zum einen: Pflege besonders auch von Menschen mit Demenz braucht Kreativität und Wagemut und Menschen, die voller Elan voran gehen. Es gibt sie, die liebevolle Pflege von Menschen mit Demenz, die auch in stationären Pflegeeinrichtungen ein Zuhause für diese Menschen schafft.

Zum anderen: Vertrauen ineinander ist die Grundlage für ein gutes Versorgungssetting, sowohl zwischen der Kommune und den Trägern der stationären Pflege, als auch zwischen Leitung und Mitarbeitenden sowie zwischen Mitarbeitenden und Bewohnern.

Selbstverantwortung des Einzelnen in Bezug auf Prävention und Vorsorge als Voraussetzung für ein umfangreiches staatliches Leistungsangebot kann gelingen.

Und vor allem: Voneinander und miteinander lernen ist spannend, effektiv und ist Inspiration für das eigene Tun.

Ein großer Dank an Tanja Ehret von CareTRIALOG, die in Kooperation mit den dänischen Partnern Skamriis Development und DigiRehab ein so tolles Programm entwickelt hat.

Die Kontaktdaten zwischen uns Teilnehmenden sind ausgetauscht und auf ganz unterschiedlichen Ebenen werden wir weiter „netzwerken“. Beim Bericht über die Studienreise in meinem Team des Kompetenzzentrums Demenz in Schleswig-Holstein sprang der Funke bereits über: Ein Austauschtreffen mit den Demenzkoordinatoren der Kommune Tønder ist fest vorgenommen, die Ideen aus Dagmarsminde und dem Pillehuset wollen wir aufgreifen und vielleicht ja auch nochmal wieder nach Dänemark reisen.

Und am Ende war es dann doch viel „Hygge“ an den unterschiedlichen Plätzen dieser gelungenen Studienreise nach Dänemark. Farewell und bis bald!

1 comment
  1. Liebe Frau Holst,
    ein wundervoller Bericht von den zauberhaften Eindrücken aus Dänemark. Das kann ich alles bestätigen auch mir geht es so das ich allen davon vorschwärme. Damit wir unsere Angebote verbessern können, werden wir uns mit weiteren Kollegen auf den Weg nach Dänemark machen.
    Besonders beeindruckt hat mich die Haltung der Mitarbeiter vor Ort und wie die Konzepte im Interesse und zum Wohle der Bewohner umgesetzt werden.
    Danke das ich dabei sein konnte.
    Herzliche Grüße
    Monika Sonnenberg

Schreibe einen Kommentar zu Monika Sonnenberg Antworten abbrechen

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert