Während der allgemeine Krankenstand auch im zweiten Coronajahr erneut gesunken ist (14,6 auf 13,9 Fehltage), stieg er in der Altenpflege von 2020 auf 2021 sogar an (24,8 auf 25,8 Tage). Das zeigt eine Sonderauswertung im Rahmen des Gesundheitsreports 2022 der Techniker Krankenkasse (TK).
25,8 Tage waren Altenpflegekräfte 2021 im Durchschnitt krankgeschrieben – und damit rund zwölf Tage mehr im Jahr als Berufstätige insgesamt (13,9 Tage). 2020 lag der Unterschied noch bei zehn Tagen. In der Krankenpflege waren es 2021 im Schnitt 22,3 Fehltage.
„Gerade diejenigen, die andere pflegen, sind selbst am meisten krank. Seit Jahren sehen wir einen Dauertrend hoher Fehltage, der bestätigt, wie stark die Pflegekräfte belastet sind.“
Wolfgang Flemming, Fachbereichsleiter Pflege bei der TK
Pflegeberufe gehen auf die Psyche und den Rücken
Beschäftigte in der Pflege sind nicht nur häufiger und insgesamt länger krank, Pflege geht auch deutlich stärker als andere Berufe auf den Rücken und die Psyche. Mit jeweils rund 5,8 Fehltagen sind psychische Erkrankungen und Muskel-Skelett-Beschwerden die Hauptursachen für Fehltage in der Altenpflege, gefolgt von Krankheiten des Atmungssystems und Verletzungen/Vergiftungen mit jeweils 2,4 Tagen.
Zum Vergleich: Bei den Beschäftigten insgesamt machte die Psyche im Schnitt 2,8, das Muskel-Skelett-System 2,6, das Atmungssystem 1,7 und Verletzungen oder Vergiftungen 1,5 Fehltage aus.
Beschäftigte in der Krankenpflege verzeichneten im Schnitt 4,8 Fehltage aufgrund von psychischen Erkrankungen und 4,7 durch Muskel-Skelett-Beschwerden. Krankheiten des Atmungssystems und Verletzungen/Vergiftungen sorgten im Schnitt für 2,2 beziehungsweise 2,3 Fehltage bei Beschäftigten in der Krankenpflege.
TK fördert Prävention und Gesundheitsmanagement in der Pflege
„Nur wer selbst gesund ist, kann auch andere pflegen. Daher fördert die TK gezielt Projekte des Betrieblichen Gesundheitsmanagements für professionell Pflegende.“
Wolfgang Flemming
Diese werden gemeinsam mit Hochschulen wissenschaftlich begleitet und evaluiert. Die Vereinbarkeit von Familie und Beruf sowie gesundheitsförderliche Führungsstrukturen stehen dabei ebenso im Fokus wie Gewaltprävention und die Förderung von Orientierung und Mobilität in Pflegeeinrichtungen.
Auch informell Pflegende wie Angehörige oder Freundinnen und Freunde sind in einer Pflegesituation besonders gefordert. Eine Orientierungshilfe bietet ihnen die App “TK-PflegeKompakt”. Sie fasst alle wichtigen Informationen, Ansprechpersonen und Angebote zusammen, die betroffenen Personen die Pflege erleichtern können.
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Krankenstand auf höchstem Wert seit mehr als 40 Jahren
Seit dem 1. Juni ist es nicht mehr möglich, sich per Telefon krankschreiben zu lassen. Zu Beginn der Pandemie wurde dieser Sonderregelung eingeführt, um den Publikumsverkehr in den Praxen einzudämmen und die Ansteckungsgefahr von Personal und anderen Patient:innen bei einer potenziellen Corona-Erkrankung zu minimieren. Angesichts der momentanen pandemischen Lage ist es nun wieder erforderlich, für eine Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung persönlichen Kontakt mit Ärzt:innen aufzunehmen. Eine Klage auf Lohnfortzahlung bei einer reinen Online-Krankschreibung ohne ärztliche Untersuchung wurde beispielsweise im März vom Arbeitsgericht Berlin abgewiesen. Wird sich der Wegfall der Regelung auf die aktuelle Krankenstandsquote auswirken?
Wie unsere Grafik auf Basis von Daten des Bundesministerium für Gesundheit zeigt, lag der durchschnittliche Krankenstand bei den rund 33 Millionen deutschen Krankengeldberechtigten, also dem Anteil an Arbeitsunfähigkeitstagen an den versicherten Arbeitsagen, zwischen Januar und April 2022 bei etwa 5,7 Prozent, dem höchsten Wert seit mehr als 40 Jahren. Einer der wahrscheinlichen Gründe für diesen sprunghaften Anstieg ist die Verbreitung der Omikron-Variante, die Delta im Dezember verdrängte und zwar für weniger schwere Verläufe und Todesfälle, dafür aber für deutlich mehr Ansteckungen und entsprechende krankheitsbedingte Ausfälle sorgte.
Zwischen 2003 und 2015 lag die durchschnittliche Krankenstandsquote unter vier Prozent, seit 2016 pendelt sich der Stand auf rund 4,3 Prozent ein. Besonders auffällig: In den ersten beiden Pandemiejahren unterschied sich die Quote nicht substanziell vom entsprechenden Wert im Jahr 2019. Laut DAK Gesundheitsreport war der Anteil von Atemwegserkrankungen bei Arbeitsunfähigkeitsfällen im Jahr 2020 im Vergleich mit 26 Prozent am höchsten, gefolgt von Erkrankungen des Muskel-Skelett-Systems und Infektionen.