Mittlerweile gibt es sie seit knapp 5 Jahren und doch sind sie noch nicht in der breiten Gesundheitsversorgung angekommen: Digitale Gesundheitsanwendungen, kurz DiGAs oder umgangssprachlich „Apps auf Rezept“.

Sie bieten viele Vorteile sowohl für Patientinnen und Patienten als auch für das Behandlungsteam bestehend aus Ärzten, Therapeuten, Pflegekräften und MFAs. Doch was verbirgt sich hinter dem recht technischen Namen eigentlich genau? Wie funktionieren sie? Und warum wird in den Medien immer wieder Kritik an Ihnen laut? Diese Fragen wollen wir im Folgenden beantworten.

Ein kurzer Hinweis zu uns: Wir sind die DigaDocs, ein von Herstellern oder Krankenkassen unabhängiges kleines Team aus Ärzten und Studenten, das sich mit Digitalen Gesundheitsanwendungen beschäftigt, diese in der Praxis testet und Informationen zu allen zugelassenen DiGAs auf einer Website (https://digadocs.de/), in einem YouTube-Kanal (https://www.youtube.com/@digadocs) und auf LinkedIn (https://linkedin.com/company/digadocs/) bereitstellt.

Was sind Digitale Gesundheitsanwendungen?

Digitale Gesundheitsanwendungen sind Apps für das Smartphone bzw. Webanwendungen (= Internetseiten mit Log-In-Bereich) für den PC, die seit einer Gesetzeseinführung im Jahr 2019 (das sogenannte Digitale-Versorgung-Gesetz) für gesetzlich Krankenversicherte per Rezept verschrieben werden können. Die Kosten für die Nutzung werden dabei vollständig von den Krankenkassen übernommen. Das Rezept wird anders als bei Medikamenten nicht in der Apotheke eingelöst, sondern an die Krankenkasse geschickt (digital oder postalisch). Von dieser erhalten die Patienten anschließend einen Freischaltcode, den sie in der App bzw. auf der Website eingeben können, um Zugang zur DiGA zu erhalten und diese für 90 Tage nutzen zu können. Falls die DiGA länger als 90 Tage genutzt werden soll, gibt es die Möglichkeit, ein weiteres Rezept (= Folgeverordnung) vom Arzt zu erhalten.

Wie unterscheiden sich DiGAs von anderen Gesundheitsapps?

Grundsätzlich kann man drei Gruppen von Gesundheitsapps unterscheiden.

Die allermeisten Gesundheitsapps sind frei verfügbar und müssen keine Auflagen erfüllen (Gruppe 1), d. h. Nutzerinnen und Nutzer sollten sich gut darüber informieren, wer beispielsweise für die Inhalte und Richtigkeit der Informationen verantwortlich ist und wie mit den in der App eventuell eingegebenen persönlichen sensiblen (Gesundheits-)Daten umgegangen wird.

Eine wesentlich kleinere Gruppe von Gesundheitsapps ist als Medizinprodukt registriert und muss dafür eine Reihe von Auflagen bezüglich Sicherheit, Risikomanagement und Funktionalität erfüllen (Gruppe 2). Solche Medizinprodukte erkennt man am sogenannten CE-Kennzeichen.

Die letzte und zahlenmäßig noch kleinere Gruppe bilden die hier thematisierten Digitalen Gesundheitsanwendungen, die erst nach Prüfung durch das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) zugelassen werden und dann von Ärzten per Rezept verschrieben werden können (Gruppe 3). Auf diese Weise ist sichergestellt, dass die Informationen dem aktuellen Stand der medizinischen Erkenntnisse entsprechen und Nutzern kein Schaden entstehen kann. Die Hersteller sind darüber hinaus verpflichtet, die Wirksamkeit ihrer Anwendungen in Studien nachzuweisen, was der wesentliche Unterschied zu Apps aus der Gruppe 2 ist. Dazu ist – anders als bei frei verfügbaren Gesundheitsapps, die sich jeder Nutzer und jede Nutzerin einfach aus dem Internet herunterladen kann – bei DiGAs eine bestehende Diagnose Voraussetzung, da sich der Nutzen der DiGA auf eine bestimmte Erkrankung oder eine bestimmte Gruppe von Erkrankungen bezieht.

Für welche Erkrankungen gibt es DiGAs und wem können sie helfen?

Derzeit gibt es knapp 60 zugelassene DiGAs zu Krankheitsbildern aus diversen medizinischen Fachbereichen wie bspw.:

  • Depressionen
  • Angststörungen
  • Migräne
  • Rückenschmerzen
  • Brustkrebs
  • Endometriose
  • Reizdarmsyndrom
  • Nikotinabhängigkeit
  • Diabetes
  • COPD
  • Herzinsuffizienz
  • Bluthochdruck
  • Demenz
  • Schlafstörungen
  • Tinnitus
  • Erektiler Dysfunktion.

Voraussetzung für die Nutzung einer DiGA sind ein Alter über 18 Jahre und die entsprechende Diagnose. Hinweise zu den für die jeweiligen DiGAs zugelassenen Diagnosen finden Sie entweder im DiGA-Verzeichnis des BfArM (https://diga.bfarm.de/de/verzeichnis) oder bei uns auf der Website. Da die DiGAs ihren Nutzen nur dann erfüllen können, wenn die Patienten die DiGA auch regelmäßig nutzen, sind sie eher für Patientinnen und Patienten geeignet, die ihr Smartphone bzw. ihren PC regelmäßig nutzen. Ganz wichtig: Man muss definiIv kein Smartphone-Experte sein. Die meisten DiGAs sind selbsterklärend und bieten eine Einführung zu Beginn. Dazu gibt es in der Regel eine Support-FunkIon für Fragen.

Welche Funktionen bieten DiGAs?

Die meisten DiGAs enthalten folgende Basis-Funktionen:

  • Tagebuchfunktion: Regelmäßige Dokumentation von Symptomen (Schmerzen, Stuhlgang, Luftnot etc.), Blutdruck, Sport, Ernährung, Zigarettenkonsum etc.
  • Wissensvermittlung: Aufklärung über das Krankheitsbild, Einflussfaktoren wie Ernährung oder Bewegung, psychotherapeutische Informationen
  • Chat-Funktion: Für inhaltliche Fragen oder technische Probleme
  • Gerätekopplung: Pulsuhren, Smartwatches, Blutdruckmessgeräte etc.

Dazu finden sich – je nach DiGA und abhängig vom zugrundeliegenden Krankheitsbild – unterschiedliche weitere Zusatz-FunkIonen:

  • Medikationsplan: Erinnerung zur Medikamenten-Einnahme
  • Übungen: Bspw. Expositionsübungen mithilfe einer Virtual-Reality-Brille bei Angststörungen (VR-Brille bekommen die Patienten gestellt), körperliche Übungen (bspw. bei Rückenschmerzen)
  • Live-Video-Analyse: Bspw. bei Sportübungen mit anschließenden Vorschlägen für eine optimierte Ausführung der Übung
  • Spiele: Bspw. als Gehirntraining bei ersten Demenz-Anzeichen
  • Arzt-Portal: Möglichkeit für Arzt/Ärztin, eingegebene Daten digital abzurufen, um bspw. die Medikation anzupassen.

Welche Kritik gibt es an DiGAs?

In den Nachrichten gibt es immer wieder Schlagzeilen mit Kritik an den Digitalen Gesundheitsanwendungen. Zentrale Argumente sind dabei zum einen die fehlenden bzw. unzureichenden Belege über die Wirksamkeit und den Nutzen der DiGAs und zum anderen die hohen Kosten für DiGAs.

Zur Einordnung dieser Kritikpunkte sollte man eine Besonderheit beim Zulassungsprozess für DiGAs kennen. Wie oben beschrieben, werden DiGAs durch das BfArM geprüft und zugelassen. Dabei können die DiGA-Hersteller entweder einen Antrag auf vorläufige oder auf dauerhafte Listung stellen. Für eine dauerhafte Listung muss der Hersteller mindestens eine Studie vorlegen, die die Wirksamkeit der DiGA wissenschaftlich nachweist. Da solche Studien mitunter aufwändig sein können und viel Geld kosten, hat die Politik die Möglichkeit geschaffen, eine vorläufige Aufnahme für 12 Monate zu beantragen. Dafür braucht es lediglich eine kleine Studie, sodass der Hersteller 12 Monate Zeit hat, um den endgültigen Beleg über die DiGA-Wirksamkeit nachzureichen. Dementsprechend kann es auch passieren, dass eine DiGA zunächst vorläufig zugelassen und nach 12 Monaten wieder gestrichen wird, weil eben dieser Beleg nicht gefunden werden kann. Diese Option der vorläufigen Listung kann man sicherlich kritisieren, sie führt allerdings aus unserer Sicht auch dazu, dass innovative Gesundheitslösungen für die Zukunft gefördert werden, was wir als positiv erachten.

Die Kritik an den hohen Kosten der DiGAs können wir in Teilen nachvollziehen. Die Preisspanne für die Nutzung einer DiGA über 90 Tage reicht derzeit von 200 € bis 800 €. Das halten auch wir nicht in allen Fällen für gerechtfertigt. GleichzeiIg sollte man im Blick behalten, dass die Ausgaben der Krankenkassen für DiGAs nur einen minimalen Anteil der Gesamtausgaben ausmachen.

Zusammenfassend lässt sich festhalten, dass sich DiGAs u. a. im Bereich Kosten und Studienlage in den nächsten Monaten und Jahren sicherlich noch deutlich weiterentwickeln werden. Schließlich ist Deutschland in diesem Bereich auch weltweit Pionier, sodass eine gewisse Entwicklungsphase mit Schwierigkeiten hier und dort zulässig sein sollte.

Abschlussworte

Wir hoffen, dass Ihnen dieser kurze Einstieg in das Thema der Digitalen Gesundheitsanwendungen einen guten Überblick bieten und Ihre ersten Fragen beantworten konnte. Für weitergehende Informationen zu DiGAs generell oder zu einzelnen DiGAs im Detail besuchen Sie gerne unsere Website (https://digadocs.de/). Dort finden Sie die Übersicht mit allen derzeit zugelassenen DiGAs, unsere Testberichte, Screenshots aus vielen DiGAs und ein ausführliches FAQ. Oder schreiben Sie uns gerne eine Mail an info@digadocs.de, sodass wir Ihnen auch persönlich antworten können.


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