Für das erste Aufenthaltsjahr soll laut dem Verband der Ersatzkassen (vdek) die Eigenbeteiligung am 01.01.2024 sogar monatlich 2.576 Euro im Bundesdurchschnitt betragen. 

Das sind 165 Euro mehr als im Vorjahr. Insgesamt erhöhen sich die Kosten, je nach Aufenthaltsdauer der Pflegebedürftigen, um 79 bis auf 187 Euro. In 2023 ist laut einer aktuellen Auswertung des wissenschaftlichen Instituts der AOK (WIdO) die durchschnittliche finanzielle Belastung von Pflegebedürftigen erneut gestiegen. 2.267 Euro pro Monat im Durchschnitt hat die Studie errechnet – etwa 874 Euro mussten Bewohner und Bewohnerinnen für die Pflege zuzahlen, dazu kamen im Schnitt 909 Euro für Unterkunft und Verpflegung sowie 484 Euro für Investitionskosten. 

Der Anstieg wird leicht gebremst, weil seit Anfang dieses Jahres die von den Pflegekassen gezahlten Zuschüsse noch einmal erhöht wurden. Für Pflegebedürftige, die bis zu einem Jahr in einer vollstationären Pflegeeinrichtung wohnen, steigen sie zum Beispiel von 5 auf 15 Prozent. Doch ansonsten müssen die Menschen und ihre Angehörigen mit Bangen an die Zukunft denken.

„Schon jetzt ist absehbar, dass die Kosten für die Pflege im Heim weiter steigen werden. Das hat unter anderem mit gestiegenen Lohnkosten infolge der Verpflichtung der Einrichtungen zur tariflichen Bezahlung ihrer Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter und der inflationsbedingten Tarifsteigerungen zu tun“.

Antje Schwinger, Leiterin des Forschungsbereiches Pflege der WIdO

Wegen der steigenden Preise liegt die durchschnittliche Gesamtbelastung der Bewohnerinnen und Bewohner bereits wieder auf dem Niveau des Jahres 2021. Es ist also nur eine Frage der Zeit, bis die Kosten von vielen nicht mehr zu stemmen sind. „Angesichts der demografischen Entwicklung sollte auf eine weitere Leistungsausdehnung im Umlageverfahren verzichtet werden“, fordert Christine Arentz, Volkswirtin und Gesundheitsökonomin am Institut für Versicherungswesen der Technischen Hochschule Köln. „Die in der Pflegeversicherung eingeführten Zuschüsse zu den Eigenanteilen belasten überwiegend die jüngeren Generationen und sind zudem sozialpolitisch wenig treffsicher“. 

Arentz ist Mitglied im „Expertenrat Pflegefinanzen“ der privaten Krankenversicherer. Im vergangenen Jahr stellte das Gremium ein Konzept vor, das Bewohnerinnen entlasten soll. „Das Konzept Pflege und Versicherung ist eine im Kapitaldeckungsverfahren finanzierte obligatorische Zusatzversicherung, mit starken Komponenten des sozialen Ausgleichs. Dazu zählt etwas Beitragsfreiheit für Kinder und nicht erwerbstätige Ehegatten oder die Beitragshalbierung für Personen, die drohen, Bürgergeldempfänger zu werden“, erklärt der Vorsitzende des Rates, Gesundheitsökonom Jürgen Wasem von Universität Duisburg-Essen. Ab einem Alter von 20 Jahren müsste man monatlich 39 Euro zahlen, mit steigenden Lebensjahren erhöht sich der Beitrag schrittweise. Er ist dann ab 45 bis zum Renteneintritt auf 52 Euro gedeckelt – die Hälfte davon trägt der Arbeitgeber. Allerdings würde diese Pflegezusatzversicherung nur die in einem Pflegeheim untergebrachten Menschen zugutekommen. Mehr als 80 Prozent der Pflegebedürftigen werden jedoch zu Hause versorgt. 

Über die Zuschüsse der Pflegeversicherung kann sich besonders eine Gruppe der Pflegebedürftigen freuen. Wer mehr als drei Jahre in einem Heim wohnt – geschätzt sind das etwa 40 Prozent der Bewohner – zahlte im vergangenen Jahr für die Pflege einen einrichtungsbezogenen Eigenanteil von ca. 433 Euro. 

Christine Arentz kritisiert: „Von diesen Zuschüssen profitieren alle Pflegebedürftigen, unabhängig davon, ob sie die Eigenanteile bisher aus eigenen Mitteln finanzieren konnten oder auf die steuerfinanzierte Hilfe zur Pflege angewiesen waren. Entsprechend sind die Ausgaben in der sozialen Pflegeversicherung 2023 auch stärker gestiegen als die Kosten für die Hilfe zur Pflege gesunken sind, da in der Pflegeversicherung auch Personen bezuschusst werden, die dieser Hilfe nicht bedürfen“. Viele Menschen können ihre Eigenanteile allerdings nicht mehr oder nur zum Teil selbst zahlen und sind auf Sozialhilfe angewiesen. Hilfe zur Pflege erhält man bekanntlich aber nur, wenn das Familienvermögen aufgebraucht ist.

„Jeder dritte Bewohner, genau 32,5% Prozent, einer stationären Pflegeeinrichtung kann den Eigenanteil an den Pflegekosten aus der Rente, die nach jahrzehntelanger Arbeit ein Auskommen im Alter absichern sollte, nicht mehr bezahlen.“

Helmut Kneppe, Vorstandsvorsitzender Kuratorium Deutsche Altershilfe (KDA (Foto)

Betroffene würden bereits auf notwendige Pflegeleistungen verzichten, um zu sparen. Kneppe fordert wie viele andere einen Spitze-Sockel-Tausch bei der Pflegeversicherung und eine Bürgerversicherung, in die alle einzahlen. „Hätten wir sie, müssten jetzt nicht Generationen um ihre Versorgung im Alter fürchten“.

Auf eine weniger radikale Lösung setzen gesetzliche Krankenkassen wie die AOK: Zum Beispiel die Streichung der Ausbildungskosten aus den Eigenanteilen. Das würde die Menschen in den Heimen um etwa eine Milliarde Euro entlasten. Oder der Wegfall der Investitionskosten der Pflegeheime. Sie sollen nicht mehr von den Pflegebedürftigen, sondern von den Bundesländern getragen werden.

Wenn die Politik in Bund und Ländern nicht gegensteuert, droht spätestens 2025 ein böses Erwachen,“ fürchtet Carola Reimann, Vorstandsvorsitzende des AOK-Bundesverbandes. 

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