Ende 2021 hat IMMAC seine Nachhaltigkeitsstrategie veröffentlicht. Die weltpolitischen Konfliktherde lassen aktuell ganzheitliche Themen wie Nachhaltigkeit oftmals in den Hintergrund rücken, gleichsam zwingt wiederum die globale Energiekrise zu kurzfristigem Handeln. Wie Nachhaltigkeit im Unternehmen und im Projekt Raum greifen kann, berichtet Cita Born, ESG-Beauftragte der IMMAC group.
Frau Born, die IMMAC-Nachhaltigkeitsstrategie, die vor knapp einem Jahr an den Start ging, umfasst alle Unternehmensbereiche. In welchen Feldern sehen Sie vor dem Hintergrund der aktuellen globalen Situation mit ihren ökonomischen und ökologischen Verwerfungen die größten Herausforderungen, und wie gehen Sie damit um?
Cita Born: Was wir in dieser Zeit gelernt haben ist, dass sich die drei Aspekte ESG nicht getrennt voneinander betrachten lassen. Die globale Situation ist für unsere Aktivitäten wie für die gesamte Branche herausfordernd, das verfolgen wir sehr bewusst!
Dem Ausbau erneuerbaren Energien spielt insbesondere die Verteuerung der Energiekosten ja sogar in die Karten, dennoch geht der Nachhaltigkeitsgedanke im Sinne des Großen Ganzen leider immer wieder schnell unter – wir werden da nicht nachlassen! Unsere Ziele haben wir formuliert und auf einer Zeitschiene fixiert. All das verfolgen wir unabhängig von der Tagespolitik.
Der Personal- und Fachkräftemangel ist in zwei Ihrer Kernfelder, ob in der Pflege oder im Bauen, aktuell und wird sich künftig eher noch weiter verschärfen. In welcher Weise können Ihre Ansätze im Kontext ESG hier gegensteuern?
Cita Born: Die Anforderungen an einen attraktiven Arbeitsplatz werden für Betreiber, und damit auch für uns, immer wichtiger. Auf den ersten Blick betrachtet haben wir hier nur einen indirekten Einfluss. Wenn wir aber baulich denken, also den Arbeitsplatz im Blick haben, an dem die Pflege stattfindet, können wir etwa mit kurzen Laufwegen schon viel bewirken. Die Pflegenden haben dann mehr Zeit für die Bewohnerinnen und Bewohner. Zusätzlich können wir durch die Ausgestaltung der Immobilie viel Einfluss auf eine wohnliche und damit auch eine attraktive Arbeitsatmosphäre nehmen. Daneben können natürliche Baumaterialien einen wichtigen Beitrag leisten und gesundes Arbeiten im Sinne der ESG-Kriterien unterstützen.
Von Projektbeginn an stehen wir in engem Austausch mit dem Betreiber, die Nutzereinbindung wird hier immer relevanter. In den 25 Jahren unseres Bestehens haben wir in dieser Hinsicht viel gelernt, auch über die sich verändernden Bedürfnisse der unterschiedlichen Nutzergruppen. Letztlich sitzen wir da ja alle in einem Boot.
Wie genau sieht der Prozess aus, die IMMAC-Nachhaltigkeitsstrategie mit Leben zu füllen?
Cita Born: Im Zuge der Nachhaltigkeitsstrategie haben wir zu den verschiedenen Themen innerhalb des Unternehmens sogenannte Units in den Fachabteilungen gegründet; diese erarbeiten zunächst entsprechende Zielsetzungen basierend auf intern vorhandener und bei Bedarf extern eingeholter Expertise. So beschäftigt sich zum Beispiel der Unit Bau mit dem Einsatz alternativer Materialien oder auch mit neuen Kooperationen. Im Rahmen unserer Initiative „IMMAC Plant for Beds“ zum Beispiel, die wir mit der Umweltschutzorganisation PLANT-MY-TREE® entwickelt haben, pflanzen wir für jedes neue Bett im IMMAC Healthcare-Portfolio einen Baum.
Mittel- bis langfristig steht bei uns das ganze Themenfeld rund um nachhaltiges Bauen im Fokus, also die ganzheitliche Transformation aller Parameter im Kontext planen, errichten und betreiben. Aktuell stehen wir was den Einsatz nachwachsender Baumaterialien angeht, eher noch am Anfang.
Ein ganz großes Thema aber ist der Bestand. Allein bei IMMAC reden wir hier über mehr als 170 Immobilien. Bei diesen wollen wir die CO2-Reduktion bis 2040 um 70 Prozent reduzieren. Dafür müssen wir erst einmal Daten erheben. Basierend auf diesem Datenbestand können wir konkret werden und Maßnahmen zu der genannten Zielerreichung umsetzen. Dies kann nur in enger Zusammenarbeit mit unseren Partnern, den Betreibern, gehen, die dieses Thema aber ebenso auf ihrer Agenda haben. Hier sind wir gemeinsam schon auf einem guten Weg! Dennoch ist das eines der langfristigsten Ziele und ein sehr großes Projekt im Rahmen unserer Nachhaltigkeitsstrategie.
Bei Nachhaltigkeit schwingt Ganzheitlichkeit mit. Verträgt sich Nachhaltigkeit also besser mit Wettbewerb oder mit Kooperation? Stehen Sie in der Immobilien- und Pflegebranche mit anderen Akteuren im Austausch, gibt es gemeinsame Projekte und Ziele?
Cita Born:: Eines ist klar, alleine werden wir die Welt ja nicht retten können, es geht nur gemeinsam und langfristig! So sind wir Mitglied bei der Initiative „ECORE – ESG Circle of Real Estate“ geworden. Ziel ist dabei die Entwicklung eines einheitlichen Nachhaltigkeits-Scorings. Damit wird Nachhaltigkeit in Immobilienportfolios transparent, messbar und vergleichbar.
Als Fondsemittent wie auch als Bestandshalter von Immobilien ist ECORE für uns ein sehr nützliches Tool. Über die standardisierte Datenabfrage lassen sich Vergleichswerte zu anderen Objekten ziehen. Gleichzeitig dient es auch der Bestandsaufnahme des eigenen Portfolios und der Kontrolle der unternehmensinternen Fortschritte in Hinblick auf unsere ESG-Strategie. Wir schätzen an der Initiative den kooperativen Ansatz, sich auf Augenhöhe auszutauschen – etwa auch dazu, wie es andere in der Branche machen und schaffen oder sich mit Dienstleistern zur Unterstützung und Umsetzung unserer Ziele zu vernetzen.
Zurück zu Ihrer Frage hinsichtlich Kooperation und Wettbewerb: Langfristig muss das kein Widerspruch sein, und es heißt auch nicht, dass der Wettbewerbsaspekt nicht zu einem späteren Zeitpunkt wieder mehr in den Vordergrund rücken kann. Schließlich kann er uns alle nur dabei anspornen, es etwas besser zu machen, und dieser Spirit ist sehr positiv!