Die Corona-Pandemie hat auch vor dem Haus der Pflege St. Hildegard der Stiftung Liebenau nicht Halt gemacht. Es waren 18 Bewohnerinnen und Bewohner positiv auf das Virus getestet worden. Fünf davon sind gestorben. Ebenfalls waren acht Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter infiziert, drei weitere mussten als Kontaktpersonen in Quarantäne. Einrichtungsleiterin Linda Kraft erzählt von einer richtigen Krise in ihrem Haus – gemeistert durch Zusammenhalt.

Von heute auf morgen im Ausnahmezustand

Als die ersten positiven Fälle klar waren, ging es ziemlich schnell.

„Uns ist auf dem Wohnbereich im wahrsten Sinne des Wortes in vier Tagen alles um die Ohren geflogen. Das war eine sehr anstrengende und nervlich angespannte Zeit.“

Linda Kraft, Einrichtungsleitering

Zunächst begann die Einrichtungsleiterin damit, sich einen Überblick über die Situation zu verschaffen. Danach setzte sie sich mit ihrem Team zusammen, um für die gesamte Quarantäne-Zeit Strukturen und Abläufe zu besprechen und zu organisieren. Alles musste neu angedacht werden. „Die ersten Tage waren sehr wild, alles musste immer ganz schnell gehen“, so Kraft. Täglich musste die Pflegedienstleitung den Personaleinsatz neu planen. „Immer wieder ist uns der gesamte Plan zusammengebrochen, und wir mussten wieder von vorne anfangen.“ Das Team war sehr angespannt und auch verunsichert, bis die neuen Strukturen feststanden und ein bisschen Ruhe eingekehrt war. 

Leere Flure

Der gesamte Wohnbereich im Erdgeschoss war in Quarantäne – und somit komplett leer und verlassen. Alle Bewohnerinnen und Bewohner waren in ihren Zimmern. Lediglich die Mitarbeitenden waren in voller Schutzkleidung unterwegs. Überall standen Wagen mit Arbeitsmaterialien. Linda Kraft berichtet, dass sich alle überwiegend gut an die neue Situation gewöhnt hätten. Einzelnen Bewohnern hat das Gemeinschaftsleben aber doch stark gefehlt, und das haben sie auch geäußert. Die Folgen waren teilweise reduzierter Appetit, große Müdigkeit, keine Lust aufzustehen, bis hin zu Verschlechterung des psychischen Zustandes. Einige Bewohner mit demenzieller Veränderung haben immer wieder den Kopf zur Türe rausgestreckt, um zu sehen, ob draußen was los ist.

Zusammenhalt gegen Müdigkeit

Die Bewohnerinnen und Bewohner wurden so weit wie möglich aufgefangen durch Zeit, Aufmerksamkeit, aufmunternde Gespräche oder einen kleinen Spaziergang im Garten – mit Maske beim Bewohnenden und voller Schutzkleidung beim Mitarbeitenden. „Angehörige haben zum Teil dann einen Fernseher gebracht oder einen CD-Player mit CDs, um die Langeweile ein bisschen zu reduzieren.“ Das Leitungsteam war sehr viel im Einsatz und ist in dieser schwierigen Situation trotzdem allen zur Seite gestanden. Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter waren generell sehr unsicher. Ein Kratzen im Hals, ein Husten – es bestand viel Redebedarf. Die Leitung war gefordert zu bestärken, zu begleiten und einfach für Gespräche da zu sein. Zusätzliche Unterstützung kam von drei Kolleginnen aus anderen Einrichtungen der Stiftung Liebenau. „An dieser Stelle sei hierfür von Herzen gedankt. Es tut so gut zu wissen, dass wir in der Region eine tolle Zusammenarbeit haben und dass wir uns gegenseitig unterstützen.“ Es kamen zwei Mitarbeiterinnen aus dem Haus der Pflege Magdalena in Ehningen und eine Mitarbeiterin aus dem Haus der Pflege St. Georg in Burladingen. Auf die Frage, ob Linda Kraft und ihr Team dem Durchlebten auch etwas Positives abgewinnen können, antwortet sie:

„Einig sind wir uns, dass wir eine solche Situation in diesem Ausmaß, wenn möglich, nicht mehr erleben möchten. Auf der anderen Seite, war es unglaublich schön zu sehen, wie das Team zusammengerückt ist. Solch eine Krise kann nur gemeinsam gestemmt werden. Einer alleine schafft das nicht. Es gab natürlich Momente, in denen die Müdigkeit sehr groß war, aber das Wissen um den guten Zusammenhalt hat uns immer wieder angetrieben.“

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