Unbegrenzter Urlaub gilt in Deutschland noch immer als Experiment aus der Start-up-Welt. In der ambulanten Betreuung wirkt er auf den ersten Blick geradezu widersprüchlich: Personalmangel, hohe Verantwortung, fragile Versorgungsstrukturen. Und doch wagt der ambulante Betreuungsdienst FrohZeit genau hier einen Schritt, der Aufmerksamkeit verdient.
Bei der Weihnachtsfeier 2025 verloste das Team zehnmal unbegrenzten, bezahlten Vertrauensurlaub. 2026 wird dieses Modell nun im Alltag erprobt: Die Versorgung der rund 870 betreuten Menschen hat jederzeit Priorität, Urlaube werden frühzeitig geplant und Vertretungen eigenverantwortlich im Team organisiert.
„Vertrauen ist in der ambulanten Betreuung kein Schlagwort – es ist Voraussetzung. Wir möchten dieses Vertrauen als Arbeitgeber sichtbar zurückgeben.“
Daniel Rupp, Geschäftsführung
Ambulante Betreuung funktioniert schon heute nur, weil Mitarbeitende täglich eigenständig Entscheidungen treffen und das oft ohne direkte Kontrolle. FrohZeit macht diesen impliziten Vertrauensvorschuss explizit und sichtbar.
Das Leitungsteam beschreibt Vertrauen nicht als „Goodie“, sondern als Voraussetzung für gute Arbeit. Wer Alleinerziehende entlasten will, wer Lebensphasen berücksichtigt und echte Regeneration ermöglichen möchte, muss über klassische Arbeitszeit- und Urlaubslogiken hinausdenken.
Was „unbegrenzt“ hier wirklich bedeutet
Der Vertrauensurlaub ist kein Freibrief zum Wegbleiben. Er ist ein Instrument, das Verantwortung neu verteilt:
- keine feste Obergrenze an Urlaubstagen
- bezahlte Auszeiten, auch über mehrere Monate
- verbindliche Abstimmung im Team
- transparente Planung gegenüber Patient:innen und Angehörigen
Das Projekt setzt bewusst auf Eigenverantwortung statt Kontrolle und will genau beobachten, wie sich dies auf Zufriedenheit, Krankheitsausfälle, Bindung und Bewerbungen auswirkt.

„Unser Anspruch ist: gute Versorgung und gute Arbeitsbedingungen gehören zusammen. Der Vertrauensurlaub soll beides möglich machen“ sagt Laura Arnemann, Leiterin des Betreuungsdienstes.