Aedifica ist ein börsennotiertes Unternehmen, das sich auf Investitionen in europäische Gesundheitsimmobilien spezialisiert hat, insbesondere auf Wohnungen für Senioren mit Pflegebedarf. Ende 2021 erreicht Aedifica ein Gesamtinvestitionsvolumen allein in Deutschland von mehr als einer Milliarde Euro. Hinzu kommt eine gut gefüllte Pipeline für die nächsten Jahre. Heinz Beekmann ist Country Manager Aedifica Germany und gibt Einblicke in die aktuelle Nachhaltigkeitsstrategie.

SDG, Green Deal, ESG: Inwieweit verfolgt Ihr Unternehmen bereits eine Nachhaltigkeitsstrategie? Wie sieht diese aus?

Heinz Beekmann: Das Leitmotiv unserer Arbeit ist „Housing with Care“. Bereits dieser Unternehmensslogan unterstreicht, dass Engagement, Fürsorge und verantwortungsvoller Umgang mit den benötigten Ressourcen seit langer Zeit integraler Teil unserer Unternehmensphilosophie sind. Wir haben uns dazu verpflichtet, dieses Motto auf ökologisch und sozial verantwortliche Weise umzusetzen, indem wir unsere Bemühungen um Nachhaltigkeit in drei Bereichen verstärken: Umwelt, Soziales und Unternehmensführung beziehungsweise Compliance. Dabei orientieren wir uns an dem Klimaprogramm der EU (dem sogenannten Green Deal), der EU-Taxonomie sowie den Nachhaltigkeitszielen der UN.

Wir wollen den ökologischen Fußabdruck unseres Portfolios weiter optimieren, indem wir insbesondere Umweltziele in unsere gesamtheitliche Unternehmensstrategie durch eine entsprechende Priorisierung fest integrieren. Diese besondere Facette einer modernen Unternehmensführung ist bereits heute Teil unserer Unternehmens-DNA und wird konsequent zu jedem Mitarbeiter kaskadiert.

Unser Team teilt das Ziel, dass unser Unternehmen mit allen zuzuordnenden Assets bis 2050 CO2-neutral ist.

Wir verfolgen unser sogenanntes „Aedifica Sustainable Finance Framework“, welches vollumfänglich der EU-Taxonomie folgt und in dem wir uns die Erreichung der freiwilligen „Green Bond Principles“ sowie „Social Bond Principles“ der ICMA (International Capital Market Association) zum Ziel gesetzt haben. Unsere Aktionäre dürfen insoweit davon ausgehen, dass ihre Investionen Projekten mit ökologischem und sozialem Mehrwert zufließen.

Unsere Aktionäre schätzen, dass ihre Investitionsentscheidung in einem weiterhin sehr profitablen Marktsegment unter derartigen auch ökologisch und sozial wertschöpfenden Voraussetzungen möglich ist.

So haben wir in 2021 erfolgreich einen sogenannten „Sustainable Bond“ von 500 Millionen Euro ausgegeben, der ausschließlich in energieeffiziente Immobilienprojekte fließen wird und auf große Nachfrage stieß.

Auch mit Blick auf unsere Mitarbeiter implementieren wir einen nachhaltigen Ansatz: Wir investieren in ihre Weiterentwicklung, schaffen ein attraktives Arbeitsumfeld, das Vielfalt fördert und Sicherheit bietet. Wir glauben an die Stärke von Teams, insbesondere wenn diese in einem in jeder Hinsicht motivierenden Arbeitsumfeld agieren und ihre volle Kraft entfalten können. 

Als börsennotiertes Unternehmen sind wir es seit Jahren zudem gewohnt, dass an uns hohe Erwartungen bezüglich Transparenz des unternehmerischen Wirkens und Compliance gestellt werden. Dies ist für uns selbstverständlich und seit langer Zeit ein wesentlicher Bestandteil unserer Strategie. 

Wie kann eine nachhaltige Unternehmensführung und -steuerung im Unternehmen umgesetzt werden (Herausforderungen, Chancen, Anreize)?

Heinz Beekmann: Wichtig sind klare herausfordernde Ziele, die gemeinsam mit den Mitarbeitern erarbeitet und überprüft werden, an sämtliche Mitarbeiter wiederholt kommunizert und somit für jeden einzelnen Kollegen handlungsrelevant gemacht werden. Unsere Nachhaltigkeitsziele, die wir jährlich im Rahmen des sogenannten „Materiality Assessment“ auf Sinnhaftigkeit und Effektivität prüfen und nachschärfen, haben wir für alle unsere Mitarbeiter in einem „Action Plan“ definiert. 

Um den Prozess auch strukturell auf ein solides Fundament zu stellen und Unternemensbotschafter zu gewinnen, die das Thema im täglichen Handeln stets relevant halten, haben wir im November 2018 einen international besetzten Nachhaltigkeitsausschuss eingerichtet, in dem auch unser CEO, Herr Stefaan Gielens, sehr aktiv mitarbeitet und durch sein eigenes Engagement in dieser Gruppe ein sehr deutliches Zeichen setzt. Der Nachhaltigkeitsausschuss umfasst einen Lenkungsausschuss und drei Arbeitsgruppen, die dem Unternehmen durch ihre Arbeit an den Themen Environment, Corporate Goverance/Business Ethics und Community wertvolle Impulse geben.

Ziel ist es, dass jeder unserer Mitarbeiter bei jeder zu treffenden Entscheidung diese drei Aspekte mitdenkt und die Frage stellt, ob sein aktuelles Tun unseren Werten in diesen drei Kategorien entspricht.

Dies verhindert „unternehmerische Shortcuts“ und implementiert Nachhaltigkeit als festen Bestandteil der Unternehmensstrategie.

Dies kommt auch darüber zum Ausdruck, dass wir jedem unseren Mitarbeitern bonusrelevante „ESG-Ziele“ setzen. Darüber hinaus wird im Rahmen der Jahresgespräche mit unseren Mitarbeitern vereinbart, dass Verstöße gegen Compliance-Regeln oder Business Ethics jegliche flexible Gehaltsbestandteile disqualifizieren und das persönliche Performance Feedback beeinflussen. Wie uns selbst, machen und halten wir unsere Mitarbeiter verantwortlich für die Umsetzung unserer Strategie und Werte.

Wie können nachhaltige Kriterien berichtet und gemessen werden?

Heinz Beekmann: Wir halten uns im Rahmen unseres Reportings strikt an die Vorgaben der European Public Real Estate Association (EPRA) Sustainability Best Practices Empfehlungen für die Nachhaltigkeitsberichterstattung (sBPR-Richtlinien) sowie den Standards der „Globalen Reporting Initiative“ (GRI). Damit ermöglichen wir Vergleiche mit anderen Akteuren im Immobiliensektor.

Besonderes Augenmerk liegt dabei auch auf der Messung der gebäudespezifischen Energieverbrauchswerte (insbesondere Kilowattverbrauch pro Quadratmeter), die wir in sogenannten Energy Performance Certificates dokumentieren und auf der Basis dieser Ergebnisse Optimierungsmaßnahmen planen, die sowohl eine Gebäudeoptimierung als auch ein verändertes Verbrauchsverhalten zum Gegenstand haben können. Derzeit haben wir bereits für 60 Prozent unserer Häuser derartige Zertifikate vorliegen. Für die nahe Zukunft streben wir natürlich eine 100-Prozent-Abeckung an.

Dieser von uns angewendete einheitliche Erhebungsstandard ermöglicht es uns, grenzüberschreitend alle unsere Objekte in Europa zu vergleichen und die modernsten technischen Möglicheiten in unsere Planungen für weitere Optimierungen einzubeziehen.

So bringen wir sämtliche in unserem Unternehmen an den unterschiedlichen Standorten vorhandene Kompetenz zusammen und machen diese nutzbar.

Die von uns bis heute bereits erzielten Ergebnisse, die wir auf unserer Internetseite (www.Aedifica.eu) in unserem Nachhaltigeitsbericht jährlich veröffentlichen und von unabhängiger Seite haben zertifizieren lassen, bestätigen und motivieren uns, diesen Weg konsequent weiterzugehen.

Was erwarten Sie von der Politik, um eine nachhaltigere und sozialere Zukunft gestalten zu können (Rahmenbedingungen und Planungssicherheit)?

Heinz Beekmann: Zunächst einmal, dass auch wir als Investoren als verlässlicher Partner gesehen werden, der einen Beitrag zur Bewältigung gesellschaftlicher Herausforderungen leisten kann.

Gerade im Bereich des Umwelt- und Klimaschutzes sind klare, realistische Zielkorridore wichtig und eine faire, rechtssichere Rahmensetzung, die den Unternehmen einen gewissen Handlungsspielraum lässt und sie dabei unterstützt, wirtschaftliche und Nachhaltigkeitsziele in Einklang zu bringen. 

Es ist unbestritten, dass vor dem Hintergrund einer alternden Gesellschaft mehr Infrastruktur für die Altenpflege geschaffen werden muss. Dies kann nur funktionieren, wenn nachhaltige Investitionen in dem Sektor weiterhin machbar und lohnend sind. Entsprechend müssen steuer- und investitionspolitisch aber auch mit Blick auf die Finanzierungsgrundlagen der Pflege die richtigen Weichen gestellt werden. 

Wie beeinflusst/verändert die EU-Taxonomie für nachhaltige Aktivitäten Immobilien-investitionen und attraktive Finanzierungen?

Heinz Beekmann: Die Taxonomie-Kriterien sind eine Chance, neue Investoren zu gewinnen, die auf eine nachhaltigere Weise investieren wollen. Unser „Aedifica Sustainable Finance Framework” folgt der EU-Taxonomie, sodass unsere Aktionäre insoweit davon ausgehen dürfen, dass sie mit ihrer Investion Projekte mit ökologischem und sozialem Mehrwert fördern.

Wir investieren einen Teil unserer Erlöse in die (Re-)Finanzierung von Vermögenswerten und Investitionen, die zu ihrer Nachhaltigkeitsstrategie beitragen, sogenannte „Eligible Assets“.

Dabei orientieren wir uns an den SDG-Zielen sowie der EU-Taxonomie für nachhaltige Wirtschaftstätigkeiten.

Welche konkreten Auswirkungen hat die EU-Taxonomie auf Unternehmen: Was muss ganz konkret getan und nachgewiesen werden, um den neuen Anforderungen gerecht zu werden (z. B. Baustoffe usw.)?

Heinz Beekmann: Die Verfügbarkeit und Zuverlässigkeit von Daten ist ein zentraler Faktor für die Umsetzung. Das ist grundsätzlich bei Bau- und Renovierungsprojekten leichter umzusetzen, als beim Erwerb von Bestandsimmobilien. Zertifizierungen sind hier ebenfalls hilfreich und machen Dokumentation und Nachverfolgung leichter.

Damit die Strategie ein Erfolg wird, sind aus unserer Sicht folgende Faktoren wichtig: ein möglichst geringes Maß an Bürokratie, innovative Finanzierungsinstrumente und eine bessere EU-weite Koordinierung hinsichtlich CO2-Bepreisung.

Darüber hinaus sollten die sogenannten „Embodied Emissions” entlang des Lebenszyklus von Gebäuden angemessen berücksichtigt werden.

Gehen nachhaltige Investments zulasten der Rendite? 

Heinz Beekmann:

Das Gegenteil ist der Fall. Gebäude, die den neuen Anforderungen entsprechen, werden sich im Gegensatz zu nicht gepflegten alternden Immobilien absetzen und somit renditestark bleiben.

Die EU hat sich zum Ziel gesetzt, Europa klimaneutral zu machen, sodass insoweit nicht zukunftsfähige Gebäude als „alter Standard“ in ihrem Wert stagnieren dürften. Daher investieren wir konsequent in die Errichtung nachhaltiger und fortschrittlicher Gebäude, die unsere Nachhaltigkeitsambitonen tragen können sowie in die Optimierung älterer Gebäude in unserem verhkältnismäßig jungen Portfolio, um diese auf den erwarteten Standard zu heben. Damit optimieren und pfegen wir unser Portfolio, um es im Wettbewerb wetterfest zu halten.

Welche positiven Impulse können nachhaltige Anlage- und Investmentstrategien im Pflegeimmobilienmarkt auslösen (High Impact Investing)? Welche Erfahrungen haben Sie bis dato gemacht?

Heinz Beekmann: In erster Linie tragen wir mit unseren Initiativen maßgeblich dazu bei, den CO2-Ausstoß sowie den Verbrauch sämtlicher für den Betrieb von Altenwohnstätten notwendigen Energieträger erheblich zu reduzieren, was nicht nur der Umwelt, sondern auch unseren Mietern hinsichtlich der Verminderung ihrer Verbrauchskosten hilft. Ein Beispiel ist die Installation von neuen Ventilations- und Heizsystemen, deren Standard bereits jetzt bei Weitem über die derzeitigen rechlichen Vorgaben hinausgeht und vor allem auch dem Wohlbefinden der in unseren Gebäuden lebenden Senioren dient. So planen wir nicht nur stets Energieeffizienz, sondern auch die Gewährleistung von Kühlmöglichkeiten in bereits heute stetig wiederkehrenden Hitzeperioden, unter denen die Bewohner bereits heute sehr leiden.  

So ist wichtig, dass wir im Rahmen unseres Strebens nach nachhaltigen Lösungen nicht vergessen, dass jede technische Innovation und energieschonende Planung immer auch darauf überpüft werden muss, ob diese die Bedürftnisse, das Wohlbefinden und die Gesundheit der Bewohner kompromittiert. Der Bewohner muss stets im Zentrum unserer Aktivitäten bleiben.

Herzlichen Dank für die Beantwortung unserer Fragen.

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