Mit einer wegweisenden Reform im Gesundheitswesen will Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach im kommenden Jahr gut ausgebildeten Pflegefachpersonen mehr medizinische Kompetenzen übertragen und damit auch den Pflegeberuf attraktiver gestalten. Die ersten Eckpunkte des geplanten Gesetzes stellte er im Rahmen eines Fachgesprächs zur Erweiterung der Befugnisse von Pflegefachpersonen gestern vor. Dazu eingeladen waren Experten der Gesundheits- und Pflegebranche, darunter Vertreterinnen und Vertreter von Krankenkassen, der Ärzteschaft sowie der Selbstverwaltung der Pflege.

„Ein Schritt der überfällig war und der einzige richtige Weg ist.“, kommentiert Andrea Bergsträßer, Teilnehmerin des Gesprächs und Vizepräsidentin der Landespflegekammer das neue Gesetz. „Es ist sehr begrüßenswert, dass zukünftig Pflegefachpersonen beispielsweise eigenverantwortlich Wundversorgung planen können oder aktiv die Therapiegestaltung von Demenzpatienten vornehmen“, sagte sie im Nachgang an die rund zweistündige Sitzung mit dem Bundesgesundheitsminister und weiter:

„Gut, dass dieses Gesetz bereits in den kommenden Monaten in Kraft treten soll. Je umfangreicher wir die Kompetenzen der Pflegenden stärken, umso attraktiver gestalten wir den Beruf.“ 

Andrea Bergsträßer

Ein klares Signal gab Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach für eine zentrale berufsständische Vertretung. So heißt es in dem Eckpunktepapier:

„Wir etablieren eine zentrale berufsständische Vertretung der Profession Pflege auf Bundesebene und statten sie mit Befugnissen zur Weiterentwicklung des Berufsverständnisses und der Berufsrollen mit Empfehlungscharakter (z. B. Muster-Berufsordnung, Muster-Scope of Practice, Muster-Weiterbildungsordnung) aus.“

Ein Novum für den Heilberuf der Pflege, der dann, wie z. B. die Bundesärztekammer oder die Bundesapothekerkammer, geeignete Beteiligungsrechte bei berufsständischen und pflegerischen Fachfragen auf Bundesebene erhalten würde. „Die Bundepflegekammer, die ausschließlich die Belange der Pflegefachpersonen in Deutschland vertritt, wird nun auf Augenhöhe mit allen anderen Heilberufen arbeiten können.“, beurteilt Andrea Bergsträßer die Zusage des Bundesgesundheitsministers.

In dem Gespräch betonte Lauterbach auch, dass diese Kompetenzerweiterung für alle examinierten Pflegefachpersonen greifen soll. Also auch ohne einen akademischen Abschluss, wird zukünftig möglich sein, mehr Verantwortung zu übernehmen. „Ein deutliches Zeichen des Bundesministers, die Pflege ganzheitlich zu sehen und die verschiedenen Settings gegenseitig aufzuwerten, statt gegeneinander arbeiten zu lassen. Auch wenn noch vieles offen ist, wie beispielsweise die zukünftige Vergütungsstruktur oder die Ressourcenverteilung, werden aus den genannten Eckpunkte fast schon Meilensteine für die Profession Pflege.“, resümiert Bergsträßer.

Die neue Gesetzesinitiative könnte es auch Pflegefachpersonen mit akademischem Abschluss auf Masterniveau ermöglichen, Gesundheitspraxen oder kleine Krankenhäuser zu leiten und bestimmte Hilfsmittel oder Medikamente eigenständig zu verschreiben. Weiter vorangetrieben werden soll ebenfalls das Berufsbild der Advanced Practice Nurse. Primärqualifizierte Pflegefachpersonen, die die entsprechenden Voraussetzungen erfüllen, ermöglicht dieses Berufsbild, sich in den nächsten Jahren auch verstärkt im Ausland auf entsprechendem Master-Niveau zu qualifizieren. Aber auch die Verankerung der Pflege in den Katastrophenschutz soll ab dem kommenden Jahr fest mit dem neuen Gesetz gewährleistet werden. Ein Vorschlag, der in Rheinland-Pfalz von der Landespflegekammer – gerade vor dem Hintergrund der Flutkatastrophe im Ahrtal – immer wieder vorgebracht wurde.

„Der Minister hat zur Mitte der Legislaturperiode eine umfassende Kompetenzerweiterung für alle Pflegefachpersonen vorgelegt. Eine Entwicklung die lange gedauert hat, aber hoffentlich schnell Früchte trägt, denn lange ist in der Pflege nicht viel passiert. Auch wenn auf den ersten Blick viele Maßnahmen sehr eng gefasst sind und ich mir persönlich einen offeneren Blick auf die Kompetenzerweiterungen gewünscht hätte, scheint nun endlich der Fokus von Karl Lauterbach auf der Pflege zu liegen.“, bewertet Andrea Bergsträßer abschließend die Gesetzesinitiative.

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