Zum 4. Mal trafen sich am 23. und 24. Mai rund 70 Entscheidungsträger aus der Alten- und Behindertenpflege sowie aus der Wiedereingliederungshilfe in Kassel zu den Management Parkgesprächen. Eingeladen hatten die WIBU Gruppe mit ihrer neutralen Veranstaltungsplattform „WiBU Kompetenztransfer“ zusammen mit Karla Kämmer und Friedrich Trapp (Karla Kämmer Beratungsgesellschaft Essen), die auch wieder sehr launig und versiert durch die Veranstaltung führten. Zwei Tage gespickt mit Impulsvorträgen, Diskussionen und „Open Space“-Workshops standen auf dem Programm. Den perfekten Rahmen für dieses Veranstaltungsformat bot das Schlosshotel Bad Wilhelmshöhe. Ein Ort für Weitblick, Kultur und Entschleunigung inmitten des UNESCO Weltkulturerbes Bergpark Wilhelmshöhe in direkter Nachbarschaft zum gleichnamigen Schloss. 

Gerade in diesen besonders herausfordernden Zeiten für die Pflegewirtschaft sind solche Veranstaltungen notwendig und wichtig. Denn sie bieten Raum für einen intensiven Austausch untereinander sowie für neue Denkansätze, die es zwingend braucht, um sich auf Betreiberseite zukunftssicher aufzustellen. Daher war das Motto auch entsprechend passend gewählt mit „Gerade jetzt: Mit Mut zu Risiko und neuer Führungskultur“. 

Die vielfältigen Handlungsfelder der Pflegewirtschaft wie Fachkräftemangel, die hohe Inflation sowie die gestiegenen Energie- wie Baukosten bereiten vielen Betreibern derzeit große Schwierigkeiten und bringen sie zum Teil sogar in Schieflage. Darauf adäquat reagieren zu können, braucht nicht nur Mut und eine gewisse Risikobereitschaft sondern auch neue Ideen und Konzepte. Wie zum Beispiel Immobilienkonzepte zukunftsfähig und dabei wirtschaftlich erstellt werden können und wie das in Zeiten von hohen Zinsen und horrenden Baukosten gelingen kann, machte Prof. Dr. Bernd Halfar von der Katholischen Universität Eichstätt-Ingolstadt im Interview mit Friedrich Trapp auf dem grünen Sofa gleich am ersten Tag der Parkgespräche deutlich. Das ein Kamel durch ein Nadelöhr kommt (so lautet auch der Name seines Beratungsunternehmens) erläuterte er im kurzweiligen Gespräch. Es geht um Sinnstiftung, Ökologie und Wirtschaftlichkeit.

„Die Wertschöpfung entsteht nicht durch Steine.“

Prof. Dr. Halfar

Wenn sich die soziale und ökonomische Rendite miteinander verknüpfen lassen, dann entsteht ein Mehrwert für alle. „Dafür braucht es den guten Investor“ so der Experte weiter. Eingerahmt war dieses Gespräch von zwei Impulsen. Den Start machte Johannes Pennekamp von der Frankfurter Allgemeine Zeitung (FAZ) mit einem kurzen Rückblick auf die Parkgespräche 2022 in Würzburg zum Thema „Pflege in den Medien“. Er wies auf die Defizite in der Außendarstellung der Branche hin und gab wertvolle Tipps zur Verbesserung der Öffentlichkeitsarbeit wie beispielsweise die Triggerpunkte der Journalisten zu berücksichtigen. Die da wären: Überraschung, Aktualität, Prominenz, Relevanz und Nähe.

Im Anschluss präsentierte Kaspar Pfister, Geschäftsführender Gesellschafter der BeneVit Gruppe, sein neues Konzept „von stambulant zu ambulant im stationären Setting“. Er beweist seit Jahren einen langen Atem, um zukunftsweisende Wohn- und Pflegekonzepte im Markt zu etablieren.

Der Nachmittag hat eindeutig Lust auf den zweiten Tag der Veranstaltung gemacht. Zum Ausklang des Abends gab es noch zwei Führungen durch Europas größten Bergpark.

Auch der zweite Tag bot einen breiten Mix an Impulsvorträgen, Open Space Workshops und Diskussionen. Fokusthema war die Personalthematik – welche Wege, aber vor allem auch Methoden können angewendet werden, um die Attraktivität auf Arbeitgeberseite zu stärken? Was bewirken dabei agile Strukturen? Wie kann aus Digitalisierung mehr Segen denn Fluch werden, um für Unterstützung in der Pflege zu sorgen, und wie sieht eine achtsame Führung – ein „mindful leadership“ – aus? 

Ausgewiesene Experten aus der Praxis gaben darauf Antworten und stellten ihre Ideen und Konzepte vor, die sie zum Teil selbst in ihren Unternehmen erfolgreich eingeführt und umgesetzt haben.

Ingo Poggensee von PAWLIK Consultants machte deutlich, dass die Bindungskraft von Mitarbeitenden zum Unternehmen essentiell ist. Leider zeichnet die Realität ein anderes Bild: 83% der Mitarbeitenden fühlen sich nicht an ihre Arbeit und ihr Unternehmen gebunden. Sogar 73% davon planen im nächsten Jahr, woanders zu arbeiten. Erschreckende Zahlen. Daher war es ermunternd von Christian Schultz, kaufmännischer Vorstand der Diakonie Stiftung Salem, zu hören, dass er gerade keine offenen Stellen habe. Er suche nur im Rahmen der Expansion. Er hat sich 2016 /2017 mit seinem Unternehmen auf den Weg zu mehr Selbstwirksamkeit in der Organisation gemacht. Ein Weg, der aber noch nicht zu Ende ist. Er stellte zudem in seinem Vortrag die LEGO® SERIOUS PLAY® Methode vor. Mit dieser Methode werden gemeinsame Visionen, Werte und Prinzipien in Workshops ermittelt.

Jeder Teilnehmende konnte aus 6 Legosteinen eine Ente bauen.

„Menschen zeigen die unterschiedlichsten Lösungswege – wenn man sie lässt!“

Das hat Christian Schultz in vielen Workshops erfahren.

Auch auf Führung kommt es verstärkt an, um Mitarbeitende zu halten und zu motivieren. Das erläuterten Dr. Jassir Qushta, Lehrbeauftragter für Marketing, im Tandem mit Karla Kämmer, sehr eindrücklich. Achtsame Organisationen können Risiken minimieren und das mit Hilfe von „mindful leadership“ war das gemeinsame Chredo der beiden Referierenden. Der Vortrag startete allerdings erst einmal für viele Anwesenden mit einem erklärungsbedürftigen Begriff: BANI. BANI steht für Brittle (brüchig), Anxious (ängstlich), Non-linear (nicht linear) und Incomprehensible (unbegreiflich). BANI beschreibt eine neue Welt, in der die alten Werte und Regeln nicht mehr gelten. 

Den Blick über den Tellerrand, sprich in eine andere Branche, lieferte Carsten Trapp, Senior Vice President Corporate IT, von der Carl Zeiss AG. Er stellte u. a. die IT Mega Trends vor, und welchen Nutzen die Digitalisierung für den Arbeitsalltag bringen kann – auch für den Health Care Bereich.

Die zwei Tage waren voller Inspiration und luden ein, sich auf den Weg zu machen – ganz getreu dem Motto nach: Mit Mut zu Risiko und neuer Führungskultur. Und darüber hinaus gilt es Netzwerke zu schmieden, um die extrem knappe Ressource Pflegekräfte zu organisieren und das auch trägerübergreifend. Das Beispiel vom BRK Kronach, das mit anderen Trägern in der Region einen Pool gegründet hat, macht Mut und ist nachahmenswert.

So fiel erwartungsgemäß das Feedback zu den diesjährigen Parkgesprächen von Referenten- wie Teilnehmerseite außerordentlich positiv aus. Gerade auch der Mix aus Vorträgen, Diskussionen und Workshops war für beide Seiten sehr wertvoll und befruchtend. 

„Mir hat es große Freude bereitet, einen kleinen Einblick in die agile Welt zu bieten. Klar ist, jede Organisation ist einzigartig, so wie Ihre Menschen es sind. Einerseits wollen wir die Bedarfe der Menschen, die wir heute und in Zukunft unterstützen, bestmöglich erfüllen. Anderseits müssen wir als Unternehmen schnell, flexibel und innovativ auf sich verändernde Marktbedarfe reagieren. Die Parkgespräche haben mir wieder mal gezeigt, dass wir auf dem richtigen Weg sind.“

Christian Schultz, Diakonie Stiftung Salem

Die erforderliche Veränderung sieht ebenso Roland Beierwaltes, Geschäftsführer BRK Kreisverband Kronach:

„Der Blick über den Tellerrand ist durch Corona getrübt worden, teilweise verloren gegangen und wird durch solche Treffen wieder geschärft. Wer sich nicht verändert, wird verändert, deshalb sollten wir das Heft des Handelns, sozusagen mit „breiter Brust der Leistungserbringer“ in der Hand behalten oder wieder in die Hand nehmen.“

Auch für den Geschäftsführer von der Lebenshilfe Harzkreis-Quedlinburg Andreas Löbel war der Besuch der Veranstaltung eine Bereicherung wie Bestätigung:

„Als Mensch der Eingliederungshilfe war es spannend tiefer in die Welt der Pflege eingetaucht zu sein. Weiterhin hat es meine Strategie bestätigt, vor acht Jahren nicht auf stationäre Pflege, sondern auf ausschließlich ambulante Versorgung zu setzen.“

Die Parkgespräche sind ein Dreiklang – so hat es auch gleich zu Beginn Friedrich Trapp erläutert – und dieser Dreiklang aus einer außergewöhnlichen Location, die gleichermaßen für Entschleunigung wie Weitblick und Inspiration sorgt, aus packenden Inhalten vorgetragen von ausgewiesenen ExpertInnen, die Lust auf Veränderung machen und Teilnehmenden, die genau diese Lust auf Veränderung verspüren und in der Branche etwas bewegen wollen.

Freuen wir uns auf die Parkgespräche im nächsten Jahr!

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