Nachdem das Bundeskabinett in seiner Sitzung vom 12.08.2020 den Achten Altersbericht „Ältere Menschen und Digitalisierung” zur Kenntnis genommen hat, wurde er der breiten Öffentlichkeit zugänglich gemacht. Die Vorstellung übernahmen die Bundesministerin für Familie, Senioren, Frauen und Jugend (Dr. Franziska Giffey), der Vorsitzende der BAGSO (Franz Müntefering) sowie Prof. Dr. Andreas Kruse, welcher den Vorsitz der Achten Altersberichtskommission innehat.
Über das Unterstützungspotential von Digitalisierung und Technik
Wie der Titel des Reports bereits vermuten lässt, galt es zu erarbeiten, inwiefern Technik und Digitalisierung ein gutes Leben im Altern beflügeln können. Und auch, wenn der Bericht noch vor Ausbruch der Covid-19-Pandemie vollendet worden ist, so sind seine Inhalte ganz besonders relevant hinsichtlich aktueller Krisenzeiten. Er verdeutlicht das Unterstützungspotential digitaler Technik ungemein, sei es in der eigenen Häuslichkeit und mit Blick auf die Mobilität im Alter, sei es mit Blick auf die soziale Integration und die gesellschaftliche Teilhabe, aber auch mit Blick auf die Entwicklung von Quartiers- und Sozialraum und nicht zuletzt hinsichtlich der Gesundheit, Versorgung und Pflege im Alter.
Fokusgruppe: Personen mit Demenz und ihre Angehörigen
Im Rahmen dieses Beitrags richten wir den Fokus auf den letztgenannten Aspekt „Gesundheit, Versorgung und Pflege im Alter” und suchen nach Antworten auf die Fragen, wie Digitalisierung und Technik den pflegerischen Alltag bereits bereichern bzw. welche Potentiale noch auf darauf warten ausgeschöpft zu werden und inwiefern konkrete Maßnahmen das Leben pflegebedürftiger älterer Personen mit und ohne Demenz unterstützen können?
Zunächst werden hier untenstehend jene Schlagworte bzw. Instrumente der Pflege-Digitalisierung festgehalten, die in den ausführlichen Erläuterungen des Kapitels „Gesundheit, Versorgung und Pflege” des Achten Altenberichts bedacht und behandelt wurden:
- elektronische Patientenakten (ePA)
- Telemedizin, Telekonsultationen, Telemonitoring
- „smarte“ Entscheidungsunterstützungs- und Dokumentationssysteme in Medizin und Pflege
- Webangebote zum Thema Prävention demenzieller Erkrankungen & Versorgung von Menschen mit Demenz (dazu unten mehr)
- Staatlich geförderte Apps und Plattformen für ältere Menschen im ländlichen Raum
- Plattformen für den Informationsaustausch zw. Pflegenden, Pflegebedürftigen und Experten
- Pflegeinnovations- sowie Pflegepraxiszentren für die Erprobung von Praxistauglichkeit neuartiger Lösungen im Pflegealltag
- Robotik in der Pflegepraxis
- Förderung der Selbsthilfe und des Zugriffs auf (Pflege-)Hilfsmittel
- Modernisierung des Pflege- und Hilfsmittelverzeichnisses (Aufnahme digitaler und technischer Hilfsmittel)
Richten wir einen genaueren Blick auf das Potential von Technik und Digitalisierung für Personen mit Demenz
„Die Digitalisierung bietet auch Chancen für die Verbesserung der Prävention demenzieller Erkrankungen und der Versorgung von Menschen mit Demenz sowie der Unterstützung ihrer Angehörigen.”
Seite 14 im Achten Altenbericht
Dass dies tatsächlich so ist, zeigt sich z. B. auf der zentralen Demenz-Plattform namens „Wegweiser Demenz”. Dort werden umfassende Informationen aufbereitet, Relevantes miteinander verlinkt und auch die Nationale Demenzstrategie näher aufgeschlüsselt. Definiertes Ziel dieser Strategie ist es das Leben von Personen, die direkt oder indirekt von Demenz betroffen sind, stärker zu unterstützen. im Rahmen vier verschiedener Handlungsfelder soll sowohl die Alltagsgestaltung, als auch die gesundheitliche und pflegerische Versorgung von Menschen mit Demenz verbessert werden. Dabei spielen Technik und Digitalisierung für alle vier Handlungsfelder eine tragende Rolle.
Dies sind die vier Handlungsfelder:
1. Strukturen zur gesellschaftlichen Teilhabe von Menschen mit Demenz an ihrem Lebensort aus- und aufbauen
Um lokale Allianzen und regionale Hilfe-Netzwerke aufzubauen und weiterzuentwickeln, sind die digitalen Kommunikationswege überaus wichtig. Ebenso läuft die Sensibilisierung der Öffentlichkeit für Demenz zu großen Teilen über digitale Wege
2. Menschen mit Demenz und ihre Angehörigen unterstützen
Vor während und nach einer Demenz-Diagnose haben Betroffene viele Fragen. Über gut organisierte Info-Plattformen im Internet finden Ratsuchende schnell wertvolle Hilfe. Ebenso können sich diese online über zusätzliche Hilfeleistungen wie eine Demenzbegleitung informieren und klären, inwiefern ihnen eine solche nach SGB XI zusteht. Auch bei der Suche nach Ehrenamtlichen ist eine gekonnte Nutzung des Online-Kosmos sehr hilfreich. Insbesondere Berufstätige, die zu Hause die Pflege und/ oder die Betreuung einer*s Angehörigen übernehmen, können in vertrauenswürdigen Netzwerken stark entlastende Hilfen finden.
3. Medizinische und pflegerische Versorgung von Menschen mit Demenz weiterentwickeln
Sei es bei der aktuell laufenden Prüfung durch die Bundesregierung, ob das neue Personalbemessungsverfahren eine gute Grundlage für einen vertretbaren Personalschlüssel darstellt, oder sei es die Umgestaltung von Arbeitsorganisation und Architektur verstärkt demenzsensibler Pflege-Einrichtungen: Eine digitale Zusammenarbeit, der Entwurf von Konzepten, Skizzen und die Kommunikation untereinander läuft desto reibungsloser und effizienter, umso geschulter alle involvierten Parteien hinsichtlich digitaler Instrumente und entsprechender Software sind. Gleiches gilt für die Prüfung und Weiterentwicklung präventiver Angebote für Personen mit Demenz und für die Entwicklung von Versorgungspfaden zum Zwecke der Verbesserung der Zusammenarbeit in der Begleitung, Beratung, Behandlung sowie der Pflege von Menschen mit Demenz.
4. Exzellente Forschung zu Demenz fördern
Rund um das Thema Demenz bestehen zahlreiche Zusammenschlüsse und Forschungsprojekte. So zum Beispiel das Netzwerk Demenzforschung, das Netzwerk Versorgungsforschung oder das EU-Förderprogramm Demenzforschung. Verschiedenste Teams im ganzen Land und über die Bundesgrenzen hinweg widmen sich der Erforschung von Konzepten zur Versorgung von Menschen mit Demenz sowie der Situation der (pflegenden) Angehörigen. Forschung lebt von der Erhebung, Auswertung und Deutung von Datensätzen, nicht zuletzt auch von der Implementierung, Erprobung und dem Monitoring neuer Ansätze.
All diese Arbeit braucht Technik und digitales Vorgehen, um gute Arbeit leisten zu können. Die fortschreitende Digitalisierung und Technisierung treibt diesen sowie alle zuvor genannten Bereiche bedeutend voran und verbessert in einem nächsten Schritt das Leben aller von Demenz betroffenen. Dabei gilt vor allem mit Blick in den Pflegealltag wie immer, dass der Einsatz digitaler Anwendungen einer sozialen Sorgebeziehung in die Karten spielt. Eine Beziehung also, „[…] in deren Mittelpunkt das Wohl der zu pflegenden oder hilfebedürftigen Person in ihrer Individualität steht. Eine unverzichtbare Bedingung ist, dass durch den Einsatz digitaler Anwendungen zwischenmenschliche Beziehungen nicht ersetzt werden.”, wie es im Achten Altenbericht auf Seite 14 so treffend formuliert wurde.
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