Wir sprachen mit Maik Seete, Leiter Public Relations Region North Europe bei VELUX.

Nach welchen Kriterien wurde der Standort für das Projekt „Living Places“ ausgewählt?

Maik Seete: Für die Eröffnung von Living Places bot Kopenhagen als Welthauptstadt der Architektur 2023 den idealen Standort, um das Projekt für eine fachkundigen Öffentlichkeit erlebbar zu machen. Wir konnten für die Installation das Gelände eines stillgelegten Güterbahnhofs finden, das für eine temporäre Nutzung zur Verfügung stand. Im ehemaligen Industrieviertel Jernbanebyen gelegen, ist der Standort prädestiniert:

Da das Viertel städtebaulich im Wandel ist, bildet es einen idealen Kontext, um nachhaltige Wohnformen und Architektur der Zukunft zu diskutieren.

Wie sieht diese kleine Siedlung aus, wie ist sie aufgebaut?

Maik Seete: Die Gebäude umfassen fünf offene Pavillons und zwei fertige, voll funktionsfähige und ausgestattete Wohnhäuser.

Durch die Schaffung der Kombination von Häusern und gemeinschaftlich genutzten Bereichen wollen wir zeigen, dass Teilen keine neue Modeerscheinung ist, sondern eine uralte Praxis, die sowohl für die Menschen als auch für den Planeten ein besseres Lebensumfeld schafft.

Gemeinschaftlich genutzte Bereiche ermöglichen es uns, die Umweltbelastung pro Person und den Flächenverbrauch erheblich zu reduzieren und gleichzeitig gesunde Wohnräume für viele zu schaffen.

Durch was zeichnet sich die kleine Siedlung aus, welche Vorteile könnten zukünftige Bewohner genießen?

Maik Seete: Bei der kleinen Siedlung handelt es sich nur um ein temporäres Projekt und der dauerhafte Einzug von Menschen ist nicht geplant. „Living Places“ wurde in erster Linie als Modellprojekt konzipiert, dass zeigen soll, wie wir mit schon heute verfügbaren Baustoffen und Methoden deutlich nachhaltiger und gesünder bauen können, als wir das aktuell tun.

Der CO2-Fußabdruck der beiden Einfamilienhäuser-Prototypen ist dabei dreimal geringer als der eines durchschnittlichen dänischen Einfamilienhauses – das Innenraumklima dreimal besser.

Um das Projekt für möglichst viele Menschen erlebbar zu machen, haben wir es für Interessierte zum Besuch geöffnet. Die Prototypen können bis September dieses Jahres im Rahmen der Installation „Living Places Copenhagen“ im Stadtteil Jernbanebyen besichtigt werden.

Welchen nachhaltigen Grundprinzipien folgt das Bauprojekt und wie wurden sie entwickelt?

Maik Seete: Das hinter „Living Places“ stehende Konzept folgt fünf Grundprinzipien:

Gebäude sollen gesund für Mensch und Umwelt, einfach, anpassungsfähig und skalierbar sein sowie gemeinsam genutzt werden können.

Zu jedem dieser fünf Grundprinzipien vergleicht das Konzept marktübliche Standards und dokumentiert anhand eigener Entwürfe Verbesserungen hinsichtlich Nachhaltigkeit und Raumgesundheit.

Welche Materialen wurden vorzugsweise beim Bau verwendet? Und warum?

Maik Seete: Im Planungsprozess wurden vor jeder einzelnen Entscheidung für Material und Bautechnik die Kosten und Auswirkungen auf die Umwelt – in Form des ökologischen Fußabdrucks auf 50 Jahre betrachtet – geprüft: etwa für die Ausführung der Bodenplatte, der Außenwände oder des Dachs.

Eine der wichtigsten Prämissen war dabei, nachhaltiges Bauen erschwinglich zu realisieren.

Der Baustoff Holz spielt dabei eine entscheidende Rolle: Dank seines ökologischen Potenzials speichern die Living-Places-Gebäude während ihrer gesamten Lebensdauer Kohlenstoff, sodass sie für den größten Teil ihres Lebenszyklus sogar CO2-negativ sind. Auch die Nutzung erneuerbarer Energiequellen unterstützt einen nachhaltigen und umweltfreundlichen Ansatz. Die Ausstattung der Gebäude mit Solarzellen von Sunpower deckt einen Großteil des Energiebedarfs. Durch eine Wärmepumpe wird zudem die in der Außenluft enthaltene Energie effizient und umweltschonend zur Erwärmung des Heizwassers und zur Warmwasserbereitung genutzt.

Gibt es ein spezielles Farb- und Möblierungskonzept?

Maik Seete: Für die Ausstattung der Häuser folgte das Planungsteam der dänischen Designerin Margrethe Odgaard einem detaillierten Farb- und Möblierungskonzept, das ganz auf Nachhaltigkeit setzt und ausgewählte Materialien, Textilien, Farben, Möbel und Accessoires beinhaltet.

Design und Materialwahl basieren auf einem Farbkonzept mit natürlichen Erdmineralien, das Urfarben von Azurblau über Olivgrün bis hin zu Goldocker verwendet, die seit Jahrmillionen Teil der Erdgeschichte sind.

Es ist nachgewiesen, dass lebendige, atmende Farben die Sinne stimulieren, was sich positiv auf unser Wohlbefinden auswirkt.

Sie erinnern aber auch an Szenen aus der Natur und stärken so das Gefühl der Verbundenheit mit der Umwelt.

Lässt sich der Ansatz in Zukunft auf Gebäude und ganze Städte, auf Neu- und Umbauten anwenden?

Maik Seete: Ja, es ist ein wesentlicher Bestandteil des Projekts, das Konzept auch auf andere Orte in Europa auszuweiten und breiter anzuwenden.

Unser flexibler Ansatz kann auf jedes Haus, jede Gemeinde oder Stadt angewendet werden, reicht von Neubauten bis hin zur adaptiven Wiederverwendung und soll erschwingliche Gebäude ermöglichen.

Eine erste Kooperation haben wir bereits im Oktober 2023 mit einem niederländischen Bauunternehmen abgeschlossen, die das Konzept von „Living Places“ für den Bau nachhaltigerer Wohnungen im nördlichen Teil der Niederlande anwenden werden.

Könnte „Living Places“ auch als Blaupause für den Bau von Betreuungs- und Pflegeeinrichtungen genutzt werden?

Maik Seete:

Die Grundprinzipien beim Entwurfsprozess auf jeden Fall.

Bei der konkreten Gestaltung der einzelnen Gebäude wäre sicher eine Anpassung an die besonderen Anforderungen von Betreuungs- und Pflegeeinrichtungen erforderlich, allein schon hinsichtlich Barrierefreiheit.

Wir danken für die Beantwortung unserer Fragen.

Grafiken: VELUX

Fotos zum Projekt VELUX Living Places: Adam Mørk

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