Mathieu Elshout ist Head of Sustainability & Impact Investing bei der PATRIZIA AG.

SDG, Green Deal, ESG: Inwieweit verfolgt Ihr Unternehmen bereits eine Nachhaltigkeitsstrategie? Wie sieht diese aus?

Mathieu Elshout: Unternehmensverantwortung, einschließlich ESG, ist seit unserer Gründung im Jahr 1984 fester Bestandteil der PATRIZIA-Kultur. Dies wird durch unsere Mission „Building Communities and Sustainable Futures“ vorangetrieben. Auf Grundlage dieser Verantwortung haben wir uns vier ehrgeizige, langfristige Ziele für Nachhaltigkeit gesetzt.

Zum einen wollen wir ein führender, nachhaltiger Investor in Sachwerte werden. Ab 2025 sollen diese durchgängig ein 5-Sterne-Rating der UN PRI (UN Principles for Responsible Investment) erhalten. Außerdem sollen unsere Assets mehrheitlich im Rahmen unseres Create-Better-Programms zertifiziert sein. Zweitens wollen wir ein bevorzugter Arbeitgeber im Real-Asset-Sektor sein. Drittens wollen wir bis 2035 ein führender globaler Impact-Investor im Real-Asset-Sektor werden und einen bedeutenden Teil unserer Assets under Management (AUM) in Impact-Investments investieren. Und schlussendlich wollen wir den sogenannten „Net-Zero-Carbon-Emission“-Status für alle unsere Unternehmensaktivitäten und unser Portfolio bis 2040 oder früher erreichen, abhängig davon, wie es die externen Anforderungen und die Anforderungen unserer Stakeholder erlauben.

Wie kann eine nachhaltige Unternehmensführung und -steuerung im Unternehmen umgesetzt werden (Herausforderungen, Chancen, Anreize)?

Mathieu Elshout: Nach der Festlegung der Ziele haben wir einen internen ESG-Ausschuss gegründet und genutzt, um gemeinsam eine umfassende Reihe von Halbjahres- und Jahres-KPIs zu erstellen, um möglichst effizient zu optimalen Ergebnissen zu gelangen. 

Darüber hinaus haben wir ein internes Programm mit dem Titel „Create Better“ ins Leben gerufen, das unsere Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter motivieren und einen Rahmen bieten soll, eine nachhaltige Denkweise zu entwickeln und diese in die eigene Arbeit einfließen zu lassen.

Gleichzeitig sind Daten entscheidend für umwelt- und sozialbewusste Entscheidungen. Im Jahr 2021 haben wir aktiv untersucht, wie ESG-Daten konsolidiert werden können, um die Entwicklung quantitativer und qualitativer KPIs zu unterstützen. Durch den Einsatz von Software-Tools, die Daten sammeln, aggregieren und analysieren, gewinnen wir wertvolle Einblicke in die ESG-Leistungskennzahlen unserer verwalteten Vermögenswerte. 

Die Nutzung von Daten hilft uns dabei nicht nur bei der Bewertung der aktuellen Leistung, sondern auch bei der frühzeitigen Erkennung von physischen und vorübergehenden Risikoindikatoren, um kostspielige Eskalationen oder sogar gestrandete Anlagen zu vermeiden.  

Wie können nachhaltige Kriterien berichtet und gemessen werden?

Mathieu Elshout: Wir überprüfen und aktualisieren regelmäßig unsere internen Governance-Richtlinien, um sicherzustellen, dass sie aktuelle ESG-Themen widerspiegeln.

Zu dieser Verpflichtung gehört auch die Entwicklung wichtiger Leistungsindikatoren, um die Nachhaltigkeitsmaßnahmen zu quantifizieren und die Berichterstattung an international anerkannten Standards auszurichten

Nämlich an den Standards UN PRI, GRESB (Global Real Estate Sustainability Benchmark ) und INREV (European Association for Investors in Non-Listed Real Estate Vehicles). Unsere Strategie stützt sich auf die Grundsätze der UN Principles for Responsible Investment (UN PRI), die mit dem UN Global Compact abgestimmt sind. 

Inwiefern haben auch internationale Bemühungen zum Beispiel der Weltklimagipfel Einfluss auf die Nachhaltigkeitsstrategie von Unternehmen?

Mathieu Elshout: Sie dienen natürlich als übergeordnete Leitlinien.

Allerdings sehen wir als Unternehmen die Dringlichkeit des Handels und wollen mit unserer Nachhaltigkeitsstrategie über die gesetzlichen Verpflichtungen hinaus gehen.

PATRIZIA hat sich verpflichtet, aktiv zum übergeordneten Ziel der UN-Nachhaltigkeitsentwicklungsziele (SDGs) beizutragen, um so eine bessere Zukunft für alle zu schaffen. Die SDGs sind eine universelle Reihe von Zielen, Vorgaben und Indikatoren für die globale Entwicklung, die als Leitlinien für unsere Nachhaltigkeitsstrategie und unser Verständnis von verantwortungsvollem Handeln dienen. Obwohl wir die SDGs in ihrer Gesamtheit unterstützen, halten wir die SDGs 3, 4, 5, 7, 10, 11 und 13 für die wichtigsten und den Werten unseres Unternehmens am nächsten stehenden. Sie werden daher in unsere unternehmens- und fondsspezifischen Nachhaltigkeitsstrategien aufgenommen.

Gehen nachhaltige Investments zulasten der Rendite?

Mathieu Elshout:

Die Berücksichtigung aller ESG-bezogenen Aspekte ist absolut sinnvoll, auch aus wirtschaftlicher Sicht.

Bei der Nachhaltigkeit geht es nicht um höhere Kosten, sondern um die Berücksichtigung aller Aspekte, die für die Risiken und die Rendite einer Anlage von Bedeutung sind. Unsere Impact Investments gehen sogar noch weiter. Sie werden mit der klaren und bewussten Absicht getätigt, neben einer attraktiven risikoadjustierten finanziellen Rendite vor allem ein positives soziales und/oder ökologisches Ergebnis zu erzielen.

Welche positiven Impulse können nachhaltige Anlage- und Investmentstrategien im Pflegeimmobilienmarkt auslösen? Wo liegt die Zukunft?

Mathieu Elshout: Mit nachhaltigen Strategien kann man den Immobilienmarkt generell, speziell aber auch im Pflegesektor positiv verändern. Dabei geht es nicht nur um die ökologische Nachhaltigkeit der Gebäude an sich, sondern vor allem auch die soziale Dimension, sprich um das Pflegepersonal sowie die Bewohner. Nachhaltige Pflegeimmobilien sollten Orte sein, die eine positive Atmosphäre schaffen. In denen Räume, Aufteilungen und Strukturen so gestaltet wurden, dass sie Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in ihren Aufgaben unterstützen und entlasten. Auch die Infrastruktur und die Umgebung sind wichtige Punkte. Zur Nachhaltigkeit gehört, dass die Immobilie zum Beispiel als zentrale Anlaufstelle in einem Quartier fungiert und mit öffentlichen Verkehrsmitteln auch nachts gut erreichbar ist.

Ein solch integrativer Ansatz gepaart mit einem kombinierten Service aus stationärer Pflege, Tagespflege, Wohngemeinschaften und Beratungsstelle wirkt sich positiv auf das gesamte Quartier aus.

So können insbesondere ältere Menschen möglichst lange in ihrem gewohnten Umfeld bleiben, was auch dem Thema Einsamkeit positiv entgegenwirkt.

In solchen umfassenden, integrativen Lösungen liegt unserer Meinung nach die Zukunft.

Besten Dank für die Beantwortung unserer Fragen.

 Copyright (Header-Foto): Getty Images/Przemyslaw Koch

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert