Nicole Caspers ist stellvertretende Einrichtungsleiterin und hat das Projekt der Residenz-WG im Seniorenhaus am Zuckerberg in Trier initiiert und konzipiert. Ausführliche Informationen finden Sie hier.
Die Residenz am Zuckerberg beherbergt die unterschiedlichsten Wohnformen unter einem Dach: Residenzwohnen, Betreutes Wohnen, Pflegewohnen, Hotel, Boarding Wohnen und jetzt auch eine Residenz-WG. Studierende wohnen mietfrei und verbringen Zeit mit Senioren. Erzählen Sie uns ein wenig darüber.
Nicole Caspers: Die Residenz-WG der Residenz am Zuckerberg in Trier verbindet Studierende und Senioren und vereint damit klassische und alternative Wohnformen in einem Haus und ist attraktiv für Menschen in ganz verschiedenen Lebenssituationen. Neben dem Residenzwohnen als unabhängige Wohnform mit optionaler Versorgung durch den hauseigenen Ambulanzdienst, gibt es eine stationäre Voll- oder Kurzeitpflege sowie einen integrierten Hotelbereich. Die Lage der Residenz ist trotz Innenstadtnähe sehr ruhig.
Können Sie uns das Konzept bitte näher beschreiben. Und welche Herausforderungen gibt es?
Nicole Caspers: Während im vollstationären Bereich Personal für eine zusätzliche Betreuung und Aktivierung der Bewohner eingesetzt wird, sind solche Kräfte für das eigenständige Residenzwohnen nicht vorgesehen. Dabei stellt diese Wohnform für viele neue Bewohner jedoch eine große Herausforderung dar – schließlich gilt es, im fortgeschrittenen Alter das vertraute Zuhause zu verlassen und sich in einer neuen Umgebung zurecht zu finden. Um die Aktivierung, Lebensfreude und den täglichen Austausch unserer Residenzbewohner zu fördern, stellen wir deshalb Studierenden aus Trier mietfreien Wohnraum in unserem Residenzbereich zur Verfügung. Als Ausgleich verbringen die Studierenden monatlich 35 Stunden mit unseren Residenzbewohnern. Das Zuhause der aktuell fünf Studierenden ist zweimal eine Drei-Zimmer-Wohnung mit Balkon, aufgeteilt in zwei separate Zimmer, Wohn- und Esszimmer, eine integrierte Küche sowie ein Bad zur gemeinsamen Nutzung sowie ein Einzelappartement Auf Wunsch ist die Wohnung auch möbliert zu beziehen.
Wie entstand die Idee zur Residenz-WG?
Nicole Caspers: Auf die Idee zu dieser besonderen und gewinnbringenden Form des Zusammenlebens von Alt und Jung – in der Universitätsstadt Trier ist studentischer Wohnraum äußerst knapp – hat uns eine Reportage aus den Niederlanden gebracht. Dort „zahlen“ Studierende ihren Wohnraum in Zeit und gemeinsamen Aktivitäten mit den Bewohnern eines vollstationären Bereichs.
Wie wurde die Idee in Ihrem Haus realisiert?
Nicole Caspers: In unserem Hause sehen wir den Bedarf vornehmlich beim Residenzwohnen. Für die Realisierung unseres Konzeptes lag es nahe, den direkten Kontakt zur Universität zu suchen, und wir sind stolz, den Präsidenten der Universität Trier, Herrn Prof. Dr. Michael Jäckel, als Schirmherrn für unsere Residenz-WG gewonnen zu haben. Mit ihm gemeinsam wurde unser Projekt interessierten Studierenden vorgestellt und innerhalb kürzester Zeit konnten wir die erste Studentin in unserem Hause begrüßen.
Wie wird das Zusammenleben von jungen und älteren Menschen geregelt?
Nicole Caspers: Wohnform und Tätigkeit sind in Verträgen geregelt, die wir in Zusammenarbeit mit Steuerberatern und Rechtsanwälten entwickelt haben. Die Einsatzzeiten unserer studentischen Mitbewohner orientieren sich an ihren Stundenplänen und werden in regelmäßigen Treffen gemeinsam vorbereitet. So entsteht zu unserem Veranstaltungsprogramm ein zusätzlicher Studierenden-Plan. Letzterer lebt von der Kreativität und den Ideen unserer Studierenden, denen wir bei Art und Durchführung ihrer Aktivitäten mit unseren Senioren weitgehend freie Hand lassen.
Das klingt spannend. Können Sie uns ein paar Beispiele geben?
Nicole Caspers: Ja, gerne. So wurde beispielsweise schon das luxemburgische Leibgericht einer unserer Studentin gemeinsam mit den Senioren und Seniorinnen vor- und zubereitet, an es gab bereits mehrmals einen Tanzabend mit Musik der 1950er- und 1960er-Jahre. Regelmäßige Besuche kultureller Veranstaltungen stehen ebenso auf dem Programm, wie der wöchentliche Besuch auf dem Wochenmarkt, persönliche Gespräch bei einer Tasse Kaffee oder ein Spaziergang am Nachmittag.
Wie ist die Resonanz und wie geht es mit der Residenz-WG weiter?
Nicole Caspers: Unser Projekt wächst ständig und mittlerweile wohnen fünf feste Studierende in unserem Haus, drei weitere bringen sich ehrenamtlich regelmäßig in unseren Residenzalltag ein. Nach dem ersten erfolgreichen Jahr Residenz-WG können wir eine durchweg positive Resonanz feststellen, wie wichtig gemeinsame Zeit für unsere Residenzbewohner ist.
Was können die Studierenden von den Senioren lernen und umgekehrt?
Nicole Caspers: Die Studierenden profitieren vom Erfahrungsschatz der Senioren. Hier liegen zumeist mehrere Generationen, mit – unter anderem – geschichtsträchtigen Erlebnissen dazwischen. Weiterhin müssen unsere Studenten sich auf die verschiedenen Charaktere und Eigenheiten einstellen und sich ebenso mit der Thematik Erkrankungen (im Alter) und Tod auseinandersetzen. Durchweg berichten die jungen Leute davon, wie viele prägende Begegnungen sie hier haben und dass sie ganz viel für Ihr weiteres, privates und berufliches, Leben mitnehmen werden.
Unsere Senioren finden die „Unbeschwertheit“ der Studierenden erfrischend und genießen es sehr, über ihr Leben erzählen zu können.
Aber auch hier können die einen von den anderen lernen, gerade im Umgang mit modernen Medien. Oft werden gemeinsam Smartphones eingerichtet, und zuletzt gab es eine durch die Studenten durchgeführte „Schulung“ zum Thema –Welche Spuren hinterlasse ich im Internet.
Besten Dank für die Beantwortung unserer Fragen.