IMMAC ist in Europa ein marktführendes Unternehmen für Immobilieninvestitionen im Healthcare-Sektor. Seit ihrer Gründung 1997 hat die IMMAC group rund zwei Milliarden Euro in mehr als 170 Betreiberimmobilien investiert.

Wir sprachen mit Andreas Jantsch, Leiter Team Transaktionen Healthcare (www.immac.de).

Wie wirkt sich der Trend zur Ambulantisierung auf das Angebot neuer Wohn- und Betreuungsformen aus?

Andreas Jantsch: Der Trend zur Ambulantisierung zeigt sich insbesondere in der großen Zahl von Neubauprojekten, die beispielsweise aus einer durchaus sinnvollen Kombination aus vollstationärer Pflege und ergänzenden Einheiten von betreutem Wohnen, die dann vom Betreiber mit entsprechenden ambulanten Angeboten versehen werden, bestehen.

Des Weiteren gibt es eine Fülle an Projekten, die von vornherein auf ein ambulantes Betreuungskonzept ausgelegt sind und sehr individuell auf das pflegerische Potenzial des Betreibers zugeschnitten sein können. Als Beispiel möchte ich unter anderem die Convivo Wohnparks oder auch die Unternehmensgruppe PflegeButler nennen, die dieses Jahr auf der Altenheim EXPO als Betreiber des Jahres ausgezeichnet wurde.

Für Investoren bedeutet das auf der anderen Seite, dass sich der Investor viel stärker mit dem jeweiligen Betreiberkonzept, den Marktmieten – wohlgemerkt für Wohnen – Kaufkraftindizes und anderen Faktoren am jeweiligen Standort sehr intensiv auseinanderzusetzen haben.

Was macht IMMAC im Segment der Pflegeimmobilien anders/besser?

Andreas Jantsch: Wir sind in diesem Segment sehr breit aufgestellt: sowohl was den Erwerb von Bestandsobjekten und auch was eigene Projektentwicklungen anbelangt. Damit decken wir nicht nur ein breites Spektrum der Investmentmöglichkeiten ab, sondern können uns mit diesen – mittlerweile 25-jährigen – Erfahrungen auch den immer stärker werdenden Anforderungen an Revitalisierungen im Bestand stellen. 

Zudem verfügen wir über einen sehr leistungsfähigen hauseigenen Research-Bereich und sind in der Lage, sämtliche Regionen innerhalb Deutschlands auf ihre sehr konkrete regionale Bedarfssituation hin zu screenen.

Dies geschieht jeweils aus zwei Blickwinkeln: zum einen aus dem Blickwinkel „Neubau“ für eigene Projektentwicklungen, zum anderen aus dem Blickwinkel „Erwerb von Bestandsimmobilien“. Es gibt nicht sehr viele Marktteilnehmer, die das in der Tiefe und Breite dergestalt durchführen können. Aufgrund unserer intensiven Markforschung besitzen wir auch einen umfangreichen Betreiberüberblick. Wir sind insbesondere bei jenen Konstellationen, bei denen es nicht einfach nur darum geht, Bestandsobjekte zu erwerben, sondern auch den Betrieb dieser Objekte in eine neue Betreiberschaft zu überführen, mittlerweile sehr eingespielt. Vor allem, was die Verzahnung von Immobilienkauf, Neuaufsetzung eines Pachtvertrags und Etablierung eines neuen Betreibers anbelangt. Circa 90 Prozent unserer Projekte, die wir im Bestandserwerb realisieren, spielen sich genau in dieser Liga ab. Ein weiterer Punkt ist, dass wir seit jeher die Nachhaltigkeit des Investments in Bezug auf regionale Bedarfssituation, wirtschaftliche Betriebsgröße, Refinanzierbarkeit des Pachtansatzes ausschließlich aus Investkostenbestandteilen, bauliche Anforderungen aktueller und künftiger Landesheimgesetzgebungen, Personalverfügbarkeiten für den Betreiber, Erschließung weiterer Nutzungskonzepte etc. sehr genau prüfen. Wir prüfen dabei, ob es sich um ein Projekt handelt, das grundsätzlich zur IMMAC – im Sinne einer nachhaltigen Fortführung der Immobilie mit einem Betreiber – passt. Denn aufgrund unserer Produkt- und Finanzierungsstruktur werben wir notwendige Eigenkapitalanteile zur Finanzierung unserer Investments erst nachgelagert ein, während der Markt in den meisten Fällen andersherum funktioniert. Wir prüfen daher vorab ein mögliches Objekt sehr kritisch und sicher konservativer als andere. Und erst wenn wir der Überzeugung sind, dass das Produkt am Markt auf der Eigenkapitalseite platzierbar ist, gehen wir ins Investment.

Warum ist betreutes Wohnen für Betreiber und Investoren zurzeit so attraktiv?

Andreas Jantsch: Ich denke, für Betreiber ist dieses Segment gerade deshalb so attraktiv, weil es sicherlich eine rege Nachfrage nach alternativen Betreuungsangeboten am Markt gibt. Dies wird unter anderem dadurch begründet, weil wir in eine demografische Situation hineinwachsen, die, wie mittlerweile jeder weiß, von einem rasanten Anstieg der älteren Generation geprägt ist. Unser Research-Bereich hat hierzu eine Studie erarbeitet, aus der hervorgeht, dass bis zum Jahr 2060 die absolute Zahl der Altersgruppe 65+ selbst unter der Prämisse einer starken exogenen Zuwanderung um 30,6 Prozent zunimmt. Zeitgleich schrumpft die Altersgruppe der 24-64-Jährigen deutlich. Hochaltrigkeit wird also defacto zum Massenphänomen. Stellen Sie sich bitte vor: Bis 2030 feiern jeden Monat circa 100.000 Menschen ihren 65. Geburtstag. Der Bedarf an Pflege-, Wohn- und Betreuungsangeboten wird also ungebrochen bleiben. Zugleich wird die Generation 65+ deutlich mobiler, hat ganz andere Erwartungen und Möglichkeiten, sowohl materieller als auch physischer Art, ihren Lebensabend zu gestalten. Das erfordert Betreuungsangebote, die außerhalb der stationären Pflege und außerhalb der Betreuung im bisherigen Wohnumfeld liegen. Beim betreuten Wohnen wird ja im Prinzip eine gezielte und intensive ambulante Betreuung in einem neu geschaffenen, dann auch barrierefreien Wohnumfeld zur Verfügung gestellt, in welchem der Bewohner selbstbestimmt und individuell über seinen Bedarf an Unterstützung innerhalb eines von ihm gewählten Wohnumfeldes entscheiden kann. Für den dies anbietenden Betreiber gilt zunächst, dass er sich bei der Bereitstellung seines Angebotes außerhalb der stark regulierten und reglementierten Usancen des Marktes für die vollstationäre Pflege bewegt. Bauliche Anforderungen sind anders manifestiert, was beispielsweise bestimmte Genehmigungsprozesse vereinfachen kann. Der Personaleinsatz kann natürlich auch ganz anders, flexibler und damit effizienter für den Betreiber disponiert werden.

Für Investoren ist das betreute Wohnen deshalb so interessant, weil sich damit neben der Assetklasse der klassischen vollstationären Pflege eine zusätzliche, neue Assetklasse erfolgreich ausgebildet hat, die aus meiner Sicht auch nicht mehr vom Markt wegzudenken ist.

Es wird in den nächsten Jahren sicherlich zu Nachjustierungen und möglicherweise zu Anpassungen der gesetzlichen Rahmenbedingungen kommen, doch im Grunde wird diese Assetklasse bleiben. Zudem ist das betreute Wohnen für Investoren interessant, um – neben dem ohnehin knappen Produktangebot an Objekten der vollstationären Pflege – im Segment Healthcare neue Investitionsobjekte zu finden. Allerdings müssen bei der immobilienwirtschaftlichen Betrachtung dieser Objekte ein paar Besonderheiten beachtet werden. Die Pacht als Kalkulationsgrundlage für die Refinanzierung des Immobilieninvestments wird eben nicht, wie in der vollstationären Pflege üblich, über fest vereinbarte Investkostenanteile gedeckt, sondern zunächst über die vom Anbieter mit dem Bewohner zu verhandelnden Wohnungsmieten. Auch hier gilt: Eine Quersubventionierung der Pacht mit Erlösen aus Pflegeleistungen ist vom Gesetzgeber weder gewollt und unter Wirtschaftlichkeitsgesichtspunkten seitens des Investors nicht opportun. Zumal die Pacht im Zweifelsfall immer einem Drittverwendungsvergleich standhalten sollte. Was beispielsweise, wenn die Pacht nur erbracht werden kann, wenn sie aus Beträgen der ambulanten Pflege quersubventioniert wird, die auf einem Mix an relativ hohen Pflegegraden fußt? Hier bin ich als Investor deutlich mehr auf das Funktionieren des sehr individuellen Konzeptes des Betreibers angewiesen. Unter dem Aspekt der Drittverwendungsfähigkeit nicht ohne Risiko. Dies stellt dann ein latentes Risiko für einen Investor dar, wenn zum Beispiel die vorhandenen pachtvertraglichen Vereinbarungen nicht mit dem Geschäftsmodell des neuen Betreibers in Einklang zu bringen sind. Die Substituierbarkeit des Betreibers – aus welchen Gründen auch immer – ist in diesem Segment deutlich eingeschränkter als beispielsweise im Segment der vollstationären Pflege.

Wie wählen Sie geeignete Standorte und Betreiber aus bzw. durch was zeichnen sich optimale Standorte und Betreiber aus?

Andreas Jantsch: Eine ganz wesentliche Rolle spielt dabei unser bereits erwähnter Research-Bereich. Denn jeden Standort, den wir betrachten, lassen wir ganz gezielt nach Research-Gesichtspunkten beurteilen. Ein Kriterium ist zum Beispiel die konkrete Pflegebedarfssituation vor Ort, und zwar differenziert nach vollstationärer Pflege, ambulanter Pflege und betreutem Wohnen. Zudem schauen wir uns sehr aufmerksam die vorhandene Wettbewerbssituation an. Welche Wettbewerber sind bereits am Standort aktiv? Mit welcher Betreiberklientel ist zu rechnen? Wie sieht die bestehende Gebäudestruktur aus? Welche Objektgrößen liegen vor? Stellen Sie sich beispielsweise eine Einrichtung aus den 1970er-Jahren mit 35 Pflegeplätzen vor. Solitär betrachtet, ist in dem Fall anzunehmen, dass die Pflegeplätze perspektivisch verschwinden werden, da eine solche Einheit betriebswirtschaftlich sehr wenig Zukunftsperspektiven aufweist. Als weiterer wichtiger Punkt ist zu betrachten, mit welchem Betreiber man an welchem Standort optimal zusammenarbeiten kann. Und zwar unter dem Gesichtspunkt, wie ist der Betreiber in der betreffenden Region vernetzt.

Denn nur ein gut vernetzter Betreiber mit engen regionalen Verflechtungen und geeigneten Personalentwicklungskonzepten wird in der Lage sein, die mittlerweile an jedem Standort angespannte Personalsituation in seinem Sinne zu meistern.

Und dies kann ein Betreiber, der die Region schon kennt, selbstverständlich viel besser als beispielsweise ein Betreiber aus Norddeutschland, der sich in Süddeutschland erst einmal etablieren muss. Zu guter Letzt fließen natürlich die wirtschaftlichen Verhältnisse des Betreibers in unsere Beurteilungen mit ein. Wobei wir auch durchaus in der Lage und gewillt sind, mit neu etablierten Betreiberkonstellationen an den Start zu gehen. Nennen möchte ich hier unsere Zusammenarbeit mit der noch jungen Careciano-Gruppe. Mittlerweile haben wir zwei gemeinsame Standorte und sind beiderseits sehr zufrieden mit der bisherigen Entwicklung.

Kann eine Pflegeimmobilie für betreutes Wohnen auch solitär funktionieren oder besser eingebunden in einem Quartier?

Andreas Jantsch: Ich bin der Meinung, dass eine reine vollstationäre Pflegeimmobilie auch in Zukunft solitär funktionieren kann. Denn der Bedarf an solchen Einrichtungen wird in nahezu allen Regionen Deutschlands bleiben. Auch die Frage, ob eine Immobilie mit Einheiten für betreutes Wohnen außerhalb eines Quartiers betrieben werden kann, beantworte ich mit einem klaren Ja. Das sehen wir ja bereits an mehreren Standorten aus dem eigenen Bestand sehr deutlich. Vorrausetzung dabei ist allerdings, dass die infrastrukturellen Rahmendaten stimmig sind. Das heißt, eine Immobilie für betreutes Wohnen kann in einem urbanen Umfeld bestehen, wenn Apotheken, medizinische Versorgungszentren, Einkaufsmöglichkeiten und öffentlicher Nahverkehr erreichbar sind. Denn es wird in diesen Häusern immer genügend Menschen geben, die mobil genug sind, um ihr Leben weitestgehend selbstbestimmt und selbstständig zu gestalten und zu organisieren. Die Königsdisziplin ist, ambulant betreute Wohnangebote in einem Quartier zu etablieren. Es muss sichergestellt sein, dass von diesem ambulanten Pflegestützpunkt alle relevanten Fazilitäten in ihrer ganzen Spannbreite (Ärzte, Gastronomie, Kino, Kultur, Bildungsangebote usw.) fußläufig erreichbar sind. Solche Quartiersentwicklungen haben allerdings immer ihren Preis, und niemand kann von vornherein 100-prozentig voraussagen, ob eine Quartiersentwicklung am jeweiligen Standort in Gänze wie gewünscht funktioniert.

Alles ist davon abhängig, wie die Bewohnerinnen und Bewohner die Angebote im Quartier annehmen und ob nachhaltig die Bereitschaft besteht, den höheren Preis dafür zu zahlen.

Die Quartiersidee halte ich für eine wunderbare Sache, doch sie wird sich in der Breite noch durchsetzen müssen.

Durch was sollte sich ein Quartier heute auszeichnen?

Andreas Jantsch: Ein solitäres Quartier irgendwo am Stadtrand wird wahrscheinlich nicht funktionieren, da ein Quartier das urbane Umfeld braucht, um Leben hineinzubringen. Es kann nicht das Ziel sein, eine altersgerechte Satellitenstadt zu errichten. Das Quartier muss davon leben, dass alle Angebote, die von Älteren angenommen werden, genauso auch von den jüngeren Generationen akzeptiert werden. Eine vernünftige Durchmischung ist das Schlüsselwort.

Die Freizeit-, Kultur-, Bildungs-, Shopping- und medizinischen Versorgungsangebote usw. müssen dergestalt konzipiert sein, dass sie sowohl Raum für die Bedürfnisse der Älteren eröffnen als auch jüngere Menschen und Menschen von außerhalb des Quartiers ansprechen.

Ein Quartier muss also hier die ganze Spannbreite abdecken – und das eingebettet in eine gute Infrastruktur.

Was sind Ihre aktuellen Projekte bzw. welche sind geplant?

Andreas Jantsch: Wir haben in diesem Jahr zum Beispiel sehr erfolgreich unser Neubauvorhaben einer Pflegeeinrichtung in Bückeburg gemeinsam mit der DOREA verwirklicht. Des Weiteren haben wir das Altenpflegeheim Scheel in Norderstedt als Bestandsimmobilie erworben. Und zu erwähnen ist auch unsere Übernahme der Seniorenresidenz Am Harrl in Bad Eilsen. Wie bereits beschrieben, ging es dort nicht einfach darum, die Immobilie zu kaufen, sondern gleichzeitig den Betriebsübergang generationenübergreifend zu gestalten. Zudem stehen wir kurz davor, in Nordrhein-Westfalen mehrere Einrichtungen zu erwerben. Aufgrund der dort existierenden besonderen gesetzlichen Rahmenbedingungen machen mittlerweile viele Investoren und auch Betreiber einen Bogen um das Bundesland. Wir haben aber nach reiflicher Prüfung beschlossen, diesen Weg zu gehen

Wie wird sich aus Ihrer Sicht der Pflegeimmobilienmarkt weiterentwickeln?

Andreas Jantsch: Mittelfristig wird die Zeit der schon als irrational zu bezeichnenden hohen Kaufpreis-Multiples für diese Assetklasse vorbei sein. Investoren, die ja zumeist ihre Investitionen entweder ganz oder in Teilen mit Fremdkapital finanzieren, spüren den momentanen Zinsanstieg deutlich, was zwangsläufig zu fallenden Renditen führt. Diese Entwicklung kann nur aufgefangen werden, indem die Kaufpreise wieder ein Stückweit sinken. Die Assetklasse der Pflegeimmobilien an sich wird sich dennoch weiterhin einer sehr großen Nachfrage erfreuen. Allein der weiter oben beschriebene Bedarf wird sein Übriges dafür tun. Wir werden nicht umhinkommen, den vorhandenen und wachsenden Bedarf an Pflegeimmobilien durch eine Steigerung der Neubauaktivitäten zu befriedigen. Die Frage lautet aber, wie können die momentan unsicheren Baukostenkalkulationen (getrieben durch Lieferengpässe, Rohstoffknappheit usw.) in naher Zukunft aufgefangen oder stabilisiert werden? Betrachtet man alle aktuell in der Umsetzung befindlichen Projekte, geht man davon aus, dass etwa 30-40 Prozent aufgrund der beschriebenen Lage auf Eis liegen. Und es ist nicht sicher, wie viele der Projekte wieder angeschoben werden können oder ganz liegenbleiben. So wird es vermutlich zu einer Delle bei den Neubauaktivitäten kommen, was aber wiederum für viele Investoren die Chance eröffnet, vermehrt in Bestandsimmobilien zu investieren. Dies allerdings verbunden mit der Problematik, diese Immobilien, die oft technisch und strukturell überaltert sind, auf den neuesten Stand zu bringen. Denken wir dabei auch an die Erfüllung von ESG-Anforderungen, die oftmals in Gänze noch gar nicht erfasst, geschweige denn eingepreist sind. Das erfordert eine hohe Expertise und finanziellen Aufwand und stellt die gesamte Branche vor große Herausforderungen.

Im Vorteil werden die Investoren sein, die per se schon eine besonders langjährige Branchenerfahrung mitbringen und bereit sind, das ein oder andere Risiko mehr einzugehen, weil sie einfach verstanden haben, wie der Markt wirklich tickt.

Vielen Dank für das angenehme Gespräch!

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