Das Konzept Pflegeoase richtet sich grundlegend an Personen mit Demenz, die stark pflegebedürftig und in ihrer Mobilität sowie in ihrer Kommunikation entsprechend eingeschränkt sind. Im Gegensatz zu den meisten Wohnsituationen in stationären Pflegeeinrichtungen, nämlich ein Leben in Einzel- oder Doppelzimmern, handelt es sich bei ursprünglichen Pflegeoasen um ein Mehrbettzimmer für eine kleine Gruppe stark pflegebedürftiger Personen.
Dabei können Pflegeoasen auch Teil einer sonst-klassisch gestalteten stationären Pflegeeinrichtung sein. Die Expert*innengruppe „Pflegeoasen“ (ein Zusammenschluss von Forschungsgruppen aus Deutschland) definiert das Konzept so:
„In einer ‚Pflegeoase‘ lebt und wohnt eine kleine Gruppe von Menschen mit schwerer Demenz. Es handelt sich dabei um einen dauerhaften Lebensort für Menschen mit extrem hohem Pflege- und Unterstützungsbedarf innerhalb einer stationären Pflegeeinrichtung. Das Betreuungs- und Pflegekonzept ist auf die bestmögliche Lebensqualität ausgerichtet. Dazu gehört, dass Pflegende während der Tagschichten kontinuierlich präsent sind. Diese Präsenz und das Raumkonzept unterstützen eine unmittelbare Reaktion auf die körperlichen, psychischen und sozialen Bedürfnisse der Zielgruppe.”[1]
Details zum Raumkonzept von Pflegeoasen
Das Raumkonzept von Pflegeoasen zeichnet sich dadurch aus, dass ausreichend Platz und Wohnraum für eine Gruppe von Personen besteht, die gemeinsam Ihre Zeit verbringt. Dabei bietet eine sogenannte „kommunikative Mitte” das soziale Zentrum der Räumlichkeit. Ein Pflegebad, eine komplette Küchenausstattung, ausgeklügelte Lichtkonzepte sowie ein möglichst barrierearmer Zugang nach draußen (Terrasse, Vorgarten etc.) runden das Raumprofil ab[2].
Das Team der Pflegeoase im Tageszentrum Burg Wonnecken ergänzt auf der eigenen Homepage:
„Das oberste Ziel ist das Wohlbefinden und die Vermeidung von Über- und Unterforderung. Weiter sollen Isolation, Deprivation und existenzielle Lebensängste, die verstärkt in der schwersten Phase einer Demenz auftreten können, durch Einbeziehung in die Gemeinschaft, Bindung, Trost und Geborgenheit gemildert werden.”
Zusammenfassend kann an dieser Stelle festgehalten werden, dass die klassische Pflegeoase durch ihr Design und ihre Konzeption zwar einen sehr geschützten Raum darstellt, welcher intern aber durchaus eine rege soziale Teilhabe für die Bewohner*innen ermöglicht. Es handelt sich um einen engmaschig betreuten, nicht aber um einen isolierten oder isolierenden Bereich.
Im Jahr 2014 hat das KDA die Pflegeoase neu gedacht
Da (u. a.) das Kuratorium Deutsche Altershilfe (KDA) im Zuge der Diskussion um Pflegeoasen ein Wiederaufleben von Mehrbettzimmer befürchtete[3], hat es eine neue Form der Pflegeoase entwickelt. Das aktualisierte Konzept heißt „Qualitätsgeleitete KDA-Pflegeoase”.
Grundlegender Unterschied zur klassischen Pflegeoase ist die bessere Möglichkeit des Rückzugs und der Fakt, dass es sich um Einzelzimmer handelt, die lediglich auf Wunsch komplett für die Gruppe geöffnet werden können. Im Herbst 2017 hat Christine Sowinski (KDA) die zuvor neu gedachte Pflegeoase im Rahmen eines Interviews mit der Zeitschrift „Die Schwester/ Der Pfleger“ (Ausgabe 10/2017) wie folgt beschrieben:
„Im Gegensatz zu Pflegeoasen, in denen mehrere Personen in einem Raum betreut werden, sollen die Menschen in der KDA-Pflegeoase für sich sein können, also über Privatheit verfügen. Deshalb sieht das KDA-Konzept, das ich gemeinsam mit Gerlinde Strunk-Richter entwickelt habe, ausschließlich Einzelzimmer vor, allerdings ohne Bad. Die Zimmer in der Zwickauer Pflegeoase verfügen über doppelseitige Flügeltüren, die – je nachdem, ob sie halb oder ganz geöffnet werden – sowohl Privatheit als auch Teilhabe ermöglichen.”[4]
Hierbei spielt Frau Sowinski auf die Qualitätsgeleitete KDA-Pflegeoase im Pflegeheim „Willy Stabenau“ des Arbeiter-Samariter-Bundes in Zwickau an, die im Jahre 2014 vor Ort etabliert wurde. Die Reflexion der bisherigen Erfahrungen können Interessierte in dem zuvor erwähnten Interview nachlesen: Hier.
In den letzten Jahren wurde es ruhiger um das Thema Pflegeoase, warum?
Nachdem das Thema Pflegeoase in den Jahren 2006-2017 relativ präsent in den Medien war, ebbte die Berichterstattung in den vergangenen Jahren merklich ab. Bis Anfang diesen Jahres, am 08.02.2023, der Tagesspiegel im Rahmen des Artikels „Bessere Pflege im Heim – Wie ein neues Wohnkonzept Demenz-Patienten helfen soll” das Thema erneut aufgriff. Der Beitrag kann im Rahmen deines Tagesspiegel Probe-Abos kostenlos hier gelesen werden.
Nebst zahlreichen positiven Entwicklungen für die Bewohner*innen der im Artikel beschriebenen Pflegeoase (im Haus Eiche, Solingen) wird auch beleuchtet, warum die Etablierung neuer Pflegeoasen und eine entsprechend maue Berichterstattung zu verzeichnen ist. In Ihrem Artikel begründet die Redakteurin Julia Bernewasser, gestützt durch ihre Interviewpartner*innen, die beschwerliche Etablierung von Pflegeoasen mit diesen Aspekten:
- nicht jede Wohnform eignet sich für die Schaffung einer Pflegeoase,
- Pflegeoasen benötigen viel Platz,
- Pflegeoasen setzen (im Idealfall) auf Demenz spezialisierte Einrichtungen bzw. entsprechende Fachkräfte voraus und
- insbesondere erschwert das Wohn- und Teilhabegesetz in Deutschland den Bau von Pflegeoasen.
„Über das Wohn-und Teilhabegesetz ist in Deutschland geregelt, wie Häuser zur Altenpflege aussehen dürfen. Lange habe man für das Einzelzimmer gekämpft. Dass nun in der Pflegeoasen mehrere Menschen in einem Raum schlafen, verursache bei so manchem Sozialministerium Bedenken. Pro Einzelzimmer sei ein eigenes Bad vorgeschrieben. In der Pflegeoase gebe es aber nur ein Bad für alle.”
Julia Bernewasser in Ihrem Artikel für den Tagesspiegel.[5]
Nachvollziehbarerweise kommen sie und ihre Interviewpartner*in zu dem Schluss, dass vor allem eine Ausnahmeklausel im Wohn-und Teilhabegesetz Abhilfe schaffen könnte.[6]
Bis dahin liegt die Aufmerksamkeit der Fachpresse auf dem Evangelischen Pflegeheim Lutherstift in Berlin. Die Einrichtung ist auf Bewohner*innen mit Demenz spezialisiert, hat reichlich Platz, und im März 2022 die Errichtung einer Pflegeoase beantragt. – Bisher hat das Haus jedoch noch kein grünes Licht von den Behörden erhalten.
Wie stehen Sie zu Pflegeoasen? Wir sind gespannt auf Ihre Kommentare!
[1] Zitatquelle: www.bibliomed-pflege.de/sp/artikel/33366-der-hype-ist-vorbei (zuletzt abgerufen am: 29.09.2023)
[2] vgl. www.bibliomed-pflege.de/sp/artikel/33366-der-hype-ist-vorbei (zuletzt abgerufen am: 29.09.2023)
[3] vgl. kda.de/kda-pflegeoase-eine-atmosphaere-die-geborgenheit-und-sicherheit-vermittelt/ (zuletzt abgerufen am: 29.09.2023)
[4] Zitatquelle: kda.de/wp-content/uploads/2017/12/SP_10_2017_Luecke_Interview_Eine_Atmosphaere_50-51-002.pdf (zuletzt abgerufen am: 29.09.2023)
[5] Zitatquelle: www.tagesspiegel.de/gesundheit/bessere-pflege-im-heim-wie-ein-neues-wohnkonzept-demenz-patienten-helfen-soll-9300233.html (zuletzt abgerufen am: 29.09.2023)
[6] vgl. www.tagesspiegel.de/gesundheit/bessere-pflege-im-heim-wie-ein-neues-wohnkonzept-demenz-patienten-helfen-soll-9300233.html (zuletzt abgerufen am: 29.09.2023)
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