Unter dem Titel „Flickenteppich Pflege“ diskutierten Pflegearbeitgeber und Betroffene mit Vertretern aus Behörden, Politik und Verbänden beim digitalen Pflegeinfrastrukturgipfel 2025 der Ruhrgebietskonferenz-Pflege und des Netzwerks „ZukunftPflege NRW“ über die Bedeutung der Kommunen für die Pflegeversorgung in Nordrhein-Westfalen. Deutlich wurde: Pflege in Nordrhein-Westfalen ist trotz bundes- und landesweiter Rahmenreglungen ein Flickenteppich. Kommunale Unterschiede erschweren vielerorts die Versorgung – von der Bedarfsplanung über Demenz-Wohngemeinschaften bis hin zur Integration ausländischer Arbeitskräfte. „Von gleichwertigen Lebensverhältnissen sind wir in der Pflege in NRW leider weit entfernt“, fasst Ulrich Christofczik, Sprecher der Ruhrgebietskonferenz-Pflege und Geschäftsführer der Evangelischen Dienste Duisburg gGmbH zusammen. 

Demenz-Wohngemeinschaften zwischen Anerkennung und Unsicherheit

Besonders deutlich wird das bei der Ermöglichung von Wohngemeinschaften für Menschen mit besonderem Betreuungsbedarf. Kerstin Schönlau und Marina Kranich vom Diakonischen Werk Gladbeck-Bottrop-Dorsten stellten beispielhaft die Entwicklung von Demenz-WGs in ihrem Einzugsgebiet vor. Trotz erfolgreicher Projekte verhindern uneinheitliche Rechtsauslegungen in Bottrop und Gladbeck eine verlässliche Umsetzung. Unterschiedliche Zuständigkeiten, grundverschiedene Rechtsauslegungen von Sachbearbeitern, lange Wartezeiten und komplizierte Abrechnungen führen zu Unsicherheit bei Anbietern, Bewohnern und Angehörigen. Gefordert wird die rechtsverbindliche Anerkennung von Demenz-WGs als besondere Wohnform sowie eine einheitliche, praxisnahe Regelung der Vertragsgestaltung.

Integration ausländischer Pflegekräfte: Uneinheitliche Verfahren bremsen

Die Anerkennung und Integration ausländischer Fachkräfte gilt als Schlüssel zur Sicherung der zukünftigen Pflegeversorgung. Doch auch hier bestehen große Unterschiede zwischen den Kommunen. Sven-Erik Leichner vom evangelischen Johanneswerk meint damit u.a. Gebühren für Anerkennungsverfahren, Konzepte zur Sprachförderung und Unterstützungsangebote zur Integration „vor Ort“. Der Ruf nach landesweiten Standards, finanzieller Unterstützung für ressourcenschwache Kommunen und einem zentralen Monitoring war unüberhörbar

Pflegende Angehörige: Das Rückgrat bleibt unsichtbar

Notburga Ott von „wir pflegen NRW“ kritisierte, dass pflegende Angehörige – die den größten Teil der Versorgung leisten – in der kommunalen Pflegeplanung kaum berücksichtigt werden. Fehlende Entlastungsangebote, gesundheitliche Überlastung und finanzielle Risiken sind die Folge. Besonders Eltern pflegebedürftiger Kinder benötigen spezifische Unterstützung. Die Forderung: systematische Datenerhebung unter Einbeziehung der Betroffenen, Einbindung in die Pflegeplanung und der Ausbau quartiersnaher Entlastungsstrukturen.

Regionale Kooperation statt Flickenteppich

Jens Fritsch von der Diakonie Ruhr betonte die Risiken, die aus ungleichen kommunalen Regelungen für das Bauen und Gestalten von Einrichtungen entstehen. Unterschiedliche Verfahren führen zu Mehrkosten und Investitionshemmnissen. Vorgeschlagen wurde daher eine stärkere regionale Abstimmung und die Überführung der kommunalen Pflegeplanung in eine erweiterte Regionalplanung – insbesondere im Ruhrgebiet, wo Versorgungsstrukturen eng miteinander verflochten sind.

Bottrop setzt Maßstäbe in der Pflegeplanung

Etwas Hoffnung auf Besserung macht die Stadt Bottrop. Sie nutzt eine verbindliche Pflegebedarfsplanung als Steuerungsinstrument und setzt auf Kooperation. In enger Zusammenarbeit von Politik, Anbietern und Wohlfahrtsverbänden wurden seit 2017 hunderte neue Plätze geschaffen. Moritz Brunecker, Sozialplaner in Bottrop, zeigt: Wenn Verwaltung Verantwortung übernimmt und sich als Netzwerker versteht, profitieren alle – Pflegebedürftige, Angehörige und Anbieter.

Fazit

Der Pflegeinfrastrukturgipfel 2025 machte deutlich: Die Pflege in NRW leidet unter einem „Flickenteppich“ kommunaler Unterschiede. Pflegebedürftige, Angehörige, Unternehmen und letztendlich die Steuerzahler zahlen den Preis für einen Flickenteppich an Regelungen und Zuständigkeiten. Was es braucht ist für Roland Weigel, Moderator des Infrastrukturgipfels, glasklar: „…eine einheitliche, abgestimmte und verlässliche Pflegepolitik in den Kommunen. Weniger Flickenteppich, mehr Zukunft. Mehr regionale Kooperation, weniger Kirchturmdenken – gerade im Ruhrgebiet. Glückauf!“

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