Wir sprachen mit Steffen Vooth, Direktion STADTDOMILZIL, Altenpflege-Zentrum GmbH, über dieses besondere Projekt.

Wie und warum kam es zu dem Projekt?

Steffen Vooth: Die Firma B2Bfit. hat uns auf das Projekt aufmerksam gemacht, das sich um Prävention im Pflegesektor kümmert und von der Mobil Krankenkasse finanziert wird. Nachdem wir den Kostenrahmen und die Inhalte des Projekts mit der Krankenkasse und B2Bfit. abgestimmt hatten, konnten wir im Februar damit beginnen. Unser Hauptanliegen ist es, unseren Bewohnerinnen und Bewohnern kontinuierlich neue und innovative Gruppen- und Einzelangebote zu bieten. Das Projekt hat uns dazu inspiriert, den Schwerpunkt unseres Betreuungsangebots in diesem Jahr auf das Thema Reisen zu setzen. Dabei finden nicht nur virtuelle Reisen mit VR-Brillen statt, sondern wir gestalten auch thematische Tage wie beispielsweise „Italien“ mit landestypischer Dekoration und Mahlzeiten. Als krönender Abschluss des Projekts steht eine Urlaubsreise nach Berlin für acht Bewohnerinnen und Bewohner bevor.

Mit unserem Projekt werden folgende übergeordneten Ziele angestrebt: Förderung von positiven Emotionen, Stärkung des persönlichen Wohlbefindens, Förderung der Selbstwirksamkeit und des Selbstwertgefühls, Förderung der sozialen Teilhabe, Förderung der kommunikativen Fähigkeiten und Erhalt der eigenen Identität. 

Wohin überall können die Seniorinnen und Seniorinnen reisen? Welche Themenwelten gibt es und warum? 

Steffen Vooth: Die Seniorinnen und Senioren können verschiedene Reiseziele erkunden, die auf verschiedenen Themenwelten basieren. 

Eine Europa-Rundreise mit verschiedenen Sehenswürdigkeiten Europas: Diese Reise bietet den Bewohnerinnen und Bewohnern die Möglichkeit, verschiedene Länder Europas virtuell zu erkunden und bekannte Sehenswürdigkeiten wie den Eiffelturm in Paris, das Kolosseum in Rom oder den Big Ben in London zu besichtigen. 

Alpen: Eine virtuelle Reise in die Alpenregion bietet die Möglichkeit, die atemberaubende Landschaft der Bergwelt zu genießen. Die Seniorinnen und Senioren können malerische Alpenweiden, klare Bergseen bewundern und die majestätischen Gipfel der Alpen bestaunen. Diese Reise kann den Bewohnerinnen und Bewohnern Ruhe und Entspannung in der Natur vermitteln.

Ostsee: Bei einer Reise entlang der Ostseeküste können die Bewohnerinnen und Bewohner die Schönheit der Küstenlandschaften und die maritime Atmosphäre der Ostsee erleben sowie positive Erinnerungen aufleben lassen. 

Diese verschiedenen Themenwelten wurden gewählt, um den älteren Menschen eine abwechslungsreiche und interessante Auswahl an Reisezielen zu bieten, die ihre unterschiedlichen Interessen, Vorlieben und Erinnerungen ansprechen.

Von kulturellen Städtereisen über naturnahe Erlebnisse bis hin zu maritimen Abenteuern können unsere Seniorinnen und Senioren eine Vielzahl von Reiseerfahrungen genießen, die sie in unserer Pflegeeinrichtung wohl nur noch sehr selten erfahren.

Wann und wie werden die VR-Brillen eingesetzt? Gibt es bestimmte (Betreuungs-)Zeiten für den Einsatz der Brillen oder darf jeder die Brille benutzen, wann er mag?

Steffen Vooth:

Die VR-Brillen werden jeden Mittwoch von Fachkräften begleitet, entweder in Einzel- oder Kleingruppensitzungen.

Dabei wird besonders auf die Reaktion der Bewohnerinnen und Bewohner geachtet, um sicherzustellen, dass sie sich während des Erlebnisses wohl und sicher fühlen. Die virtuellen Erfahrungen sind statisch, was bedeutet, dass die Nutzerinnen und Nutzer sich zwar umsehen können, aber nicht physisch vom Platz bewegen müssen. Diese Art der Nutzung eignet sich besonders gut für Bewohnerinnen und Bewohner mit Gleichgewichtsstörungen oder Mobilitätseinschränkungen, da sie keine Gefahr des Sturzes birgt. Die Standorte der virtuellen Reisen werden regelmäßig gewechselt, um Abwechslung zu bieten, aber es findet keine Bewegung im realen Raum statt.

Was macht die VR-Brille altersgerecht? Durch was zeichnet sie sich aus?

Steffen Vooth: Die VR-Brille wird von Fachkräften begleitet, die durch Gespräche und Anregungen unterstützen. Diese Begleitung kann auch die Integration von Biografie-Arbeit beinhalten, indem sie die Erfahrungen der Bewohnerinnen und Bewohner mit den virtuellen Reisen verbinden.

Die Betreuungskraft verwendet ein Tablet, um die VR-Erfahrung zu überwachen und bei Bedarf anzupassen.

Dabei steht die Förderung von Gesprächen im Vordergrund, um die Interaktion und den Austausch zwischen den Seniorinnen und Senioren während des Erlebnisses zu fördern. Dies ermöglicht eine individuelle und empathische Betreuung, die auf die Bedürfnisse und Vorlieben der Bewohnerinnen und Bewohner eingeht und eine bereichernde Erfahrung schafft.

Kann jede/r Bewohner/in die VR-Brille benutzen – auch bettlägerige oder auch Menschen mit Demenz?

Steffen Vooth: Ja, in vielen Fällen können auch bettlägerige Bewohnerinnen und Bewohner sowie Menschen mit Demenz die VR-Brille nutzen. Die VR-Technologie kann so angepasst werden, dass sie für verschiedene Bedürfnisse und Fähigkeiten geeignet ist.

Für bettlägerige Bewohnerinnen und Bewohner kann die VR-Brille an ihr Bett gebracht werden, sodass sie die virtuelle Erfahrung bequem im Liegen genießen können. Dies ermöglicht es auch Personen, die nicht mobil sind, an den Reisen teilzunehmen und neue Erfahrungen zu machen.

Menschen mit Demenz können ebenfalls von der Nutzung der VR-Brille profitieren. Die virtuellen Erfahrungen können dazu beitragen, Erinnerungen zu wecken, positive Emotionen hervorzurufen und sensorische Stimulation zu bieten. Durch die begleitenden Gespräche und Anregungen können die Fachkräfte die VR-Erfahrung individuell an die Bedürfnisse und Fähigkeiten der Person anpassen.

Es ist jedoch wichtig zu beachten, dass nicht alle Menschen die gleiche Reaktion auf die VR-Brille haben. Einige Personen mit Demenz können sich möglicherweise unwohl fühlen oder desorientiert sein.

Daher ist eine einfühlsame und professionelle Begleitung erforderlich, um sicherzustellen, dass die VR-Nutzung für jede Person angenehm und sicher ist.

Wie nehmen die Bewohnerinnen und Bewohner das Angebot an? Wie ist die Resonanz?

Steffen Vooth: Die Bewohnerinnen und Bewohner nehmen das Angebot äußerst positiv an, insbesondere aufgrund der Erinnerungsarbeit, die durch die VR-Erfahrungen ermöglicht wird. Es gibt keine Einschränkungen oder Ablehnungen seitens der Bewohnerinnen und Bewohner. Die Resonanz ist durchweg positiv, da die virtuellen Reisen positive Emotionen hervorrufen, Erinnerungen wecken und eine angenehme Abwechslung im Alltag bieten. Die Möglichkeit, neue Orte zu erkunden und verschiedene kulturelle Erfahrungen zu machen, wird von den Bewohnerinnen und Bewohnern sehr geschätzt und trägt zu ihrem Wohlbefinden bei.

Insgesamt wird das VR-Angebot von den älteren Menschen begeistert angenommen und trägt zu einer positiven Atmosphäre im Stadtdomizil bei.

Wie wirkt sich das virtuelle Reisen auf die älteren Menschen aus?

Steffen Vooth: Das virtuelle Reisen hat eine Vielzahl positiver Auswirkungen auf ältere Menschen:

Gesundheit und Wohlbefinden: Die virtuellen Reisen bieten den Bewohnerinnen und Bewohnern eine angenehme Abwechslung und können dazu beitragen, Stress abzubauen und das Wohlbefinden zu steigern. Die positiven Emotionen, die durch die Erinnerungen und Erlebnisse geweckt werden, können sich auch positiv auf die körperliche Gesundheit auswirken.

Sprachvermögen: Die begleitenden Gespräche während der VR-Erfahrungen fördern das Sprachvermögen der Bewohnerinnen und Bewohner. Sie haben die Möglichkeit, über ihre Erinnerungen und Eindrücke zu sprechen. Dies kann insbesondere für Menschen mit Demenz von Vorteil sein, da es ihre sprachlichen Fähigkeiten erhalten oder verbessern kann.

Soziale Interaktionen: Die virtuellen Reisen bieten Möglichkeiten für soziale Interaktionen zwischen den Bewohnerinnen und Bewohnern und den Betreuungskräften. Gemeinsame Gespräche über die erlebten Reisen fördern den Austausch und stärken das Gemeinschaftsgefühl. Darüber hinaus können die Bewohnerinnen und Bewohner auch Erinnerungen und Erfahrungen miteinander teilen, was zu einem intensiveren sozialen Miteinander beiträgt.

Positive Lebensbilanz: Die Möglichkeit, vergangene Urlaube und schöne Momente wieder aufleben zu lassen, trägt zu einer positiven Lebensbilanz bei. Die Seniorinnen und Senioren können auf ihr Leben zurückschauen und sich an positive Ereignisse und Erlebnisse erinnern, was ihr Selbstwertgefühl und ihre Zufriedenheit steigert.

Wie kommt das Projekt bei den Pflegefachkräften an?

Steffen Vooth: Zunächst waren einige von ihnen skeptisch, jedoch konnten sie schnell vom Nutzen des Projekts überzeugt werden, insbesondere durch die Möglichkeit der Selbsterfahrung. Indem sie die VR-Brillen selbst ausprobierten und die positiven Auswirkungen auf die Bewohnerinnen und Bewohner sahen, erkannten sie den Wert des Projekts und wurden enthusiastisch.

Die Selbsterfahrung ermöglichte es den Pflegefachkräften, ein tieferes Verständnis für die Auswirkungen der virtuellen Reisen auf die Bewohnerinnen und Bewohner zu entwickeln und ihre eigenen Bedenken zu überwinden.

Insgesamt unterstützen die Pflege- und Betreuungskräfte das Projekt aktiv und tragen dazu bei, dass es erfolgreich umgesetzt wird.

Und wie wurde das Pflegepersonal auf das Projekt vorbereitet und der Umgang mit der Brille geschult?

Steffen Vooth: Das Pflege- und Betreuungspersonal wurde durch Projekttreffen und Schulungen von B2Bfit. auf das Projekt vorbereitet und im Umgang mit der VR-Brille eingewiesen. Diese Schulungen umfassten eine Einführung in die VR-Technologie sowie praktische Anleitungen zum Einsatz der VR-Brille in der Pflegepraxis und Begleitung der Bewohnerinnen und Bewohner während der virtuellen Reisen.

Die Schulungen wurden in Form eines Workshops durchgeführt, um das Pflegepersonal auf die neue Technologie vorzubereiten.

Dabei wurden auch Multiplikatoren innerhalb des Teams ausgebildet, die ihr Wissen an ihre Kolleginnen und Kollegen weitergeben konnten.

Herzlichen Dank.

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