Gerade zu Beginn der Coronapandemie beschäftigte Elke Büdenbender, First Lady, das einsame Sterben in Krankenhäusern und Pflegeinrichtungen. Auf ihre Initiative hin entstand das Buch über das Sterben und den Tod. Er ist ein Paradoxon – sowohl individuell und privat als auch kollektiv und öffentlich: In diesem vermeintlichen Widerspruch bewegen sich auch die beiden Autoren des Buches „Der Tod ist mir nicht unvertraut“. Sie verschanzen sich nicht hinter Theorie und Text, sondern führen miteinander ein lebendiges und vertrautes Gespräch unter Freunden – der Leser sitzt als imaginärer Zuhörer mit am Tisch.
Gesprächskultur über das Sterben
Büdenbender musste bedingt durch Nierenversagen schon als junge Mutter und Ehefrau ganz persönlich über ihre eigene Verletzlichkeit nachdenken. Eckhard Nagel ist Transplantationsmediziner, Philosoph und Theologe. In seinem beruflichen Alltag ist er tagtäglich und war auch ganz persönlich als junger Vater durch den Verlust zweier Kinder mit dem Tod direkt konfrontiert. Mit ihrem Buch wollen beide eine Gesprächskultur über dieses essenzielle und vielschichtige Thema einläuten und voranbringen – in der gesellschaftlichen Debatte und insbesondere am Küchentisch in der Familie und unter Freunden. Denn auch eine Kultur des Sterbens braucht Mitmenschlichkeit und Gemeinschaft:
„Und wer über das Sterben spricht, spricht immer auch über das Leben.“
Elke Büdenbinder
Seit 1995 ist sie mit dem heutigen Bundespräsidenten Frank-Walter Steinmeier verheiratet, gemeinsam haben sie eine Tochter. Nach Abschluss ihrer juristischen Ausbildung war sie Richterin am Verwaltungsgericht Hannover, seit 2000 ist sie Richterin am Verwaltungsgericht Berlin. So positioniert sie sich auch aus professioneller juristischer Sicht zur aktuellen Debatte im Sinne des Verfassungsgerichtsurteils von 2020, nachdem die Sterbehilfe neu geregelt werden muss. Nagel ist verheiratet und hat drei erwachsene Kinder. Der Mediziner ist ordentliche Professor und Geschäftsführender Direktor des Instituts für Medizinmanagement und Gesundheitswissenschaften an der Universität Bayreuth, Doktor der Philosophie und Ehrendoktor der Theologie. Als ehemaliges Mitglied des Nationalen und Deutschen Ethikrats und als Mediziner geht ihm der Freiheitsbegriff hier zu weit und kollidiert mit dem Berufsethos des Arztes, der das Leben schützen und nicht beenden darf.
Einfach einen Anfang machen
Durch die Verschränkung der persönlichen und gesellschaftspolitischen Gesprächsebenen fühlt sich der Leser stets einbezogen und aktiv angesprochen. Es wird deutlich, wie gut es sein kann, wenn wir über das Sterben und den Tod miteinander reden lernen, unsere Gedanken und Gefühle gegenüber einem anderen Menschen offen aussprechen. In der eigenen Familie erscheint dies womöglich schwieriger als unter Freunden oder im weiteren Umfeld. Letztlich geht es laut der beiden Autoren darum, einfach damit anzufangen. Denn wenn jeder am Ende auch für sich sterben wird müssen, so ist der Tod Teil unserer aller Existenz und hat etwas sehr Verbindendes, das es zu gestalten gilt. Der Austausch mit anderen Menschen über die eigenen Ängste aber auch Hoffnungen führt vor Augen, was ich möchte oder auch nicht, und was es – für das Sterben und das Leben – gemeinsam zu tun gibt, denn auch das Sterben und der Tod sind ein selbstverständlicher Teil davon.
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