Die Diakonie Deutschland hat bewusst zur Bundestagswahl die Kampagne „Auch Du brauchst Pflege. Irgendwann“ ins Leben gerufen und sechs zentrale Forderungen für eine nachhaltige Reform des Pflegesystems vorgestellt. Dazu gehören neben einer Pflegevollversicherung und Präventionsmaßnahmen für ältere Menschen die Verpflichtung der Kommunen zur Altenhilfeplanung, die Absicherung pflegender Angehöriger, die Stärkung des Pflegeberufes sowie der Ausbau und Einsatz von digitalen Technologien. Neben weiteren bekannten TV-Gesichtern wie beispielsweise Anna Maria Mühe und Benno Fürmann, unterstützt auch der beliebte Fernseh- und Theaterschauspieler Oliver Mommsen die Kampagne.

Wie sind Sie auf die Kampagne aufmerksam geworden und wie wurden bzw. werden Sie in die Kampagne eingebunden?

Oliver Mommsen: Die Diakonie hat sich an mich gewendet und gefragt, ob ich dabei sein möchte. Als allererstes ging es darum, ein geeignetes Foto zu finden, welches dann bearbeitet wurde. Als ich danach zum ersten Mal den alten Mommsen gesehen habe, da dachte ich:

Wenn ich so alt werden darf, dann kann ich mich glücklich schätzen.

Was ist Ihr ganz persönliches Ziel, was möchten Sie durch Ihre Unterstützung erreichen?

Oliver Mommsen: Wenn ich ganz ehrlich bin, habe ich mir, bevor die Anfrage der Diakonie kam, über das Thema „altern und alt werden“ in dieser Form überhaupt keine Gedanken gemacht. Durch die Beschäftigung mit dem Thema weiß ich nun, dass diese Vogel-Strauß-Politik definitiv der falsche Weg ist.

Wir alle sollten und müssen uns Gedanken über das Älterwerden machen.

Was sind aus Ihrer Sicht die allerdrängendsten Herausforderungen, die wir als Land, als Gesellschaft meistern müssen?

Oliver Mommsen: Die Realität wird folgendermaßen aussehen: Es gibt immer mehr ältere Menschen, die im Alter alleine leben und pflegebedürftig werden. Es gibt immer weniger pflegende Angehörige und auch immer weniger Pflegekräfte. Zudem gibt es eine Pflegeversicherung, die uns für den Pflegefall nicht vollständig absichert. 

Das sind Fakten, die uns mit Sorge in die Zukunft schauen lassen und maßgeblich unsere Lebensqualität im Alter bestimmen werden, wenn wir nicht jetzt gegensteuern.

Und was kann und sollte jeder Einzelne von uns tun, um die Situation in der Pflege zu verbessern?

Oliver Mommsen: Wir müssen weiter und intensiver Druck auf die Politik machen, damit wir für die Betroffenen jetzt und für uns alle bessere Bedingungen vorfinden. Prognosen des statischen Bundesamtes zeigen, dass uns bereits in zehn Jahren zwischen 90.000 bis 350.000 Pflegekräfte fehlen werden. Im Jahr 2050 sogar zwischen 280.000 und 690.000. Insbesondere in den nächsten zehn Jahren werden verstärkt Pflegekräfte der Babyboomer-Generation in Rente gehen. Wenn sich die Stressfaktoren nicht reduzieren, werden Pflegekräfte auch zunehmend vorzeitig in andere Berufsfelder abwandern. Bereits heute werden etwa 70 % der Pflegebedürftigen von pflegenden Angehörigen ganz oder teilweise gepflegt. Pflegende Angehörige spielen heute und in Zukunft eine tragende Rolle.

Da sich die familiären Strukturen stark verändert haben und immer mehr Menschen alleine leben, müssen wir uns alle nachbarschaftlich wieder mehr unterstützen. 

Was fordern Sie dahingehend von der Politik, welche Rahmenbedingungen sollten geschaffen werden?

Oliver Mommsen: Zunächst muss die Finanzierung der Pflege zukunftsfest ausgestaltet werden, damit wir alle sicher sein können, dass die Pflegeversicherung auch in zehn/zwanzig Jahren unsere pflegerische Versorgung absichert und wie wir gegebenenfalls auch privat vorsorgen müssen. Gleichzeitig müssen pflegende Angehörige mehr finanziell abgesichert und bei der Pflege entlastet werden.

Wer seine Angehörigen pflegt, der muss dafür „honoriert“ werden, zum Beispiel durch Lohnersatzleistungen und durch höhere Rentenleistungen

Haben Sie selbst für Ihr Alter bzw. für eine mögliche Pflege vorgesorgt?

Oliver Mommsen: Wie gesagt, habe ich bis zum heutigen Tage den Gedanken daran komplett verdrängt. Das werde ich ab sofort ändern. Jeder von uns muss sich die Frage stellen, wie und wo er bei Pflegebedürftigkeit im Alter gepflegt werden möchte.

Wer sich rechtzeitig Gedanken um die Zukunft macht, kann auf seine Lebensqualität im Alter besser Einfluss nehmen. 

Wie möchten Sie einmal alt werden?

Oliver Mommsen: Als Schauspieler und als Schauspielerin gibt es tatsächlich im hohen Alter noch ein paar spannende Abenteuer zu bewältigen. Ich kenne ein paar ältere Kollegen und Kolleginnen, die im hohen Alter so großartige, kluge, humorvolle, liebenswürdige und komplexe Charaktere auf der Bühne oder vor der Kamera gespielt haben. Die Arbeit mit diesen Menschen war unglaublich inspirierend und bereichernd.

Tatsächlich würde ich gerne am liebsten einfach auf der Bühne tot umkippen.

Herzlichen Dank, dass Sie sich die Zeit für die Beantwortung unserer Fragen genommen haben.

Fotocredit (Header): Delia Baum

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