Die Pflegebranche steht vor großen Herausforderungen: Fachkräftemangel, körperliche Belastungen und hohe Ausfallzeiten durch Muskel-Skelett-Erkrankungen belasten das System. Doch innovative Technologien könnten Abhilfe schaffen. Die Diakonie Stiftung Salem testet gemeinsam mit Partnern den Einsatz von Exoskeletten in der Altenpflege. Das Ziel: Pflegekräfte entlasten, ihre Gesundheit schützen und den Beruf attraktiver machen.
„Hier werden Mensch und Technik zusammengebracht, damit die Pflegenden auch weiterhin dem Beruf und der sozialen Arbeit nachgehen können. Ab jetzt muss das Rückenleiden keine Stigmatisierung mehr bedeuten.“
Carsten Wöhler, Diakonie Stiftung Salem gGmbH
Exoskelette in der Pflege: Ein vielversprechender Ansatz
Exoskelette sind mechanische Stützsysteme, die die Körperhaltung stabilisieren und Belastungen von Muskeln und Gelenken ableiten. Die Diakonie Stiftung Salem in Minden führt derzeit eine deutschlandweit einzigartige Langzeitstudie durch, um die Wirksamkeit dieser High-Tech-Hilfsmittel zu untersuchen. Die Teilnehmenden berichten, dass ihre Rückenschmerzen sich dank des Exoskeletts erheblich verringert haben.
Statistiken untermauern die Dringlichkeit solcher Innovationen: Laut dem BKK-Gesundheitsreport 2022 entfallen 34 % der Krankheitstage von Pflegekräften auf Muskel-Skelett-Erkrankungen. Im Durchschnitt hebt eine Pflegekraft täglich das Gewicht eines Autos. Fehl- und Überbelastungen führen häufig zu Langzeitausfällen oder gar zum Berufsaufstieg – ein Szenario, das die Pflegebranche angesichts des Fachkräftemangels kaum verkraften kann.
Die Pilotstudie wird wissenschaftlich begleitet
In der von der BKK Melitta HMR finanzierten Studie tragen 14 Pflegekräfte das passive Exoskelett „BionicBack“ von Help Tech über 50 Arbeitstage hinweg. Ziel ist es, Daten zur Entlastung und Akzeptanz zu erheben. Mittels Fragebögen und Protokollen analysieren die Wissenschaftler vom WohnXperium e.V. in Chemnitz ergonomische Effekte.
Die bisherigen Rückmeldungen sind positiv: Die meisten Studienteilnehmenden berichten von einer verbesserten Körperhaltung und reduzierten Ermüdungserscheinungen. Ob das Exoskelett jedoch langfristige Trainingseffekte bietet, bleibt abzuwarten.
Die Zukunft der Pflege mit High-Tech
Die Studienergebnisse werden zeigen, ob die Technologie tatsächlich dazu beitragen kann, krankheitsbedingte Ausfälle zu reduzieren und Pflegekräfte im Beruf zu halten.
„Eine Herausforderung wird sein, das Exoskelett frühzeitig in den beruflichen Pflegealltag zu integrieren. So muss die Primärprävention noch mehr in den Fokus rücken. Hier gilt es auch neue Herangehensweisen zu etablieren, um junge Pflegekräfte von den positiven Effekten zu überzeugen. Zukünftig müssen weitere Studien folgen, um die Nachhaltigkeit der Wirkung ganzheitlich zu beurteilen.“
Danny Rüffert, WohnXperium e.V.
Exoskelette könnten einen bedeutenden Beitrag zur Entlastung und Sicherung der Pflegekräfte leisten. Während erste Erfahrungen vielversprechend sind, wird die endgültige Wirksamkeit noch wissenschaftlich geprüft. Sicher ist: In einer Branche, die von hohen Belastungen geprägt ist, kann Technologie wie das Exoskelett ein Hoffnungsträger sein – für die Gesundheit der Pflegekräfte und die Zukunft der Pflege insgesamt.
Fotos: Diakonie Stiftung Salem