Der Zusammenhang von Medikamenten und Sturzrisiko ist bekannt. Häufig werden Psychopharmaka und Analgetika als Verursacher genannt, seltener Antihypertensiva. 2015 gab es sogar einen Beitrag in der Ärztezeitung mit dem Titel: „Blutdrucksenkung bei Senioren: Von wegen höhere Sturzgefahr„. Die PRISCUS 2.0-Liste für Deutschland enthält acht „problematische“ Antihypertensiva. Aber bei keinem dieser Präparate wird als Grund ein erhöhtes Sturzrisiko erwähnt. Eine aktuelle englische Studie bietet jetzt eine fundierte Analyse über den Einfluss von Antihypertensiva auf das Sturzrisiko.

Fazit

Bei gebrechlichen Patienten über 80 sind bei einer Bluthochdruck-Therapie positive Effekte und Therapierisiken (vor allem eine erhöhte Sturzneigung) ungefähr ausgeglichen. Dies gilt auf jeden Fall für Patienten, denen erstmalig ein Antihypertensivum verordnet wird.

Für Ärztinnen und Ärzte:
Bei alten und gebrechlichen Patienten sollte man den Nutzen einer medikamentösen Blutdrucksenkung sorgfältig abwägen gegen das Risiko möglicherweise einen Sturz zu provozieren.

Für Pflegekräfte in der Langzeitpflege:
Bewohner, die Antihypertonika bekommen, sind mit zunehmendem Alter und – vor allem – bei Gebrechlichkeit überdurchschnittlich sturzgefährdet. Diese Bewohner sollte man deshalb besonders sorgfältig im Hinblick auf Sturzrisiken betreuen.

Die Studie

Am 19. April 2023 wurde eine Studie veröffentlicht, in der die Risiken von blutdrucksenkenden Therapien untersucht wurden. Dazu standen die Gesundheitsdaten von 3.8 Mio englischen Patienten (40 Jahre und älter) über einen Zeitraum von zehn Jahren zur Verfügung. Aus diesen Daten wurden 484.145 Patienten ausgewählt, denen erstmalig ein Antihypertonikum verordnet worden war. Rund 3,4 Mio Patienten, die keine Medikation bekommen hatten, dienten als Kontrollgruppe. Alle Patienten hatten einen systolischen Blutdruck zwischen 130 mm HG und 180 mm HG.

Ergebnisse im Einzelnen

Sturzereignisse (Hospitalisierung oder Tod wegen Sturz) waren unter einer Bluthochdruckmedikation über alle Altersgruppen sehr selten: 3,1 % der behandelten Patienten über einen Zeitraum von 10 Jahren. Der vergleichbare Wert für die Kontrollgruppe betrug 1,5 %.

Bei getrennter Betrachtung der Altersgruppen und der körperlichen Fitness ergab sich ein differenziertes Bild.

Je älter die Patienten, desto grösser wurde der Einfluss der Medikation auf das Sturzrisiko. Beispiel: 12,2 % der 80-89 jährigen Patienten, denen erstmalig Antihypertensive verordnet wurden, erlitten im Zeitraum der folgenden 10 Jahre einen Sturz, der Hospitalisierung oder Tod zur Folge hatte. Bei der gleichen Altersgruppen ohne Bluthochdrucktherapie erlitten nur 9,4 % ein solches Ereignis.

Zur Verdeutlichung noch eine andere Betrachtungsweise: In der Patientengruppe 40-49 Jahre gab es unter dem Einfluss der Medikation im Vergleich zur Kontrollgruppe nur 1 zusätzliches Sturzereignis je 10.000 Patienten pro Jahr. In der Altersgruppe 80-89 Jahre führten die Antihypertensiva zu 61 zusätzlichen Sturzereignissen (je 10.000 Patienten pro Jahr).

Foto: pixabay

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