Fachkräftemangel, wachsende Bürokratielast und steigende Fallzahlen: Die Belastung im Gesundheitswesen steigt – insbesondere in der Pflege. Während die Burnout-Raten bei medizinischen Fachkräften seit Jahren zunehmen, rückt künstliche Intelligenz (KI) als mögliche Entlastungstechnologie zunehmend in den Fokus. Doch wie weit ist der Einsatz tatsächlich fortgeschritten – und wie steht das Pflegepersonal dazu?
Laut der aktuellen Studie „First AId – Eine Studie über KI im Gesundheitswesen“, die der KI-Entwickler Corti in Auftrag gegeben hat, nutzen bereits 38 Prozent der US-Gesundheitsfachkräfte mindestens einmal pro Monat KI in ihrem Arbeitsalltag. In Europa hinkt man hinterher: In Deutschland sind es nur 25 Prozent – und in der Pflege sogar deutlich weniger.
Pflegepersonal nutzt KI deutlich seltener
Während rund ein Drittel der befragten Ärztinnen und Ärzte sowie junger Fachkräfte (18 bis 24 Jahre) regelmäßig KI-Tools einsetzen, liegt die Nutzungsrate beim Pflegepersonal lediglich bei 14 Prozent. Auch geschlechterspezifische Unterschiede sind deutlich: 33 Prozent der Männer nutzen KI, aber nur 17 Prozent der Frauen. Mehr als zwei Drittel der weiblichen Fachkräfte haben noch nie mit KI gearbeitet. Die Gründe sind vielfältig – von fehlender Schulung über technologische Skepsis bis hin zu mangelnder Einbindung in Digitalisierungsprozesse.
Großes Potenzial – trotz Unsicherheit
Immerhin: 44 Prozent der deutschen Gesundheitsfachkräfte bringen KI grundsätzlich Vertrauen entgegen. 39 Prozent sind bereit, sie für konkrete Aufgaben einzusetzen – besonders zur Reduzierung administrativer Tätigkeiten (40 Prozent) oder zur Automatisierung von Patientenakten (31 Prozent). Auch die Erwartung an eine inhaltliche Unterstützung wächst: 21 Prozent wünschen sich KI-basierte Hilfestellungen bei Entscheidungen und Diagnosen, 18 Prozent diagnostische Einblicke.
Besonders bemerkenswert: Wenn durch KI bis zu 80 Prozent der Verwaltungsaufgaben automatisiert würden, würden laut Studie 45 Prozent der Fachkräfte die gewonnene Zeit unmittelbar in die direkte Patientenversorgung investieren – ein klares Signal für das Potenzial dieser Technologie im Pflegesektor.
Vertrauen wächst mit der Erfahrung
Der Vertrauensaufbau in KI scheint vor allem durch die Anwendung selbst zu gelingen: 62 Prozent derjenigen, die bereits Erfahrungen mit KI gemacht haben, würden die Technologie wieder einsetzen. Dennoch bleiben Hürden bestehen – allen voran die Angst vor Fehlern (51 Prozent) und Datenschutzbedenken (35 Prozent).
Was bedeutet das für die Pflegebranche in Deutschland?
Für Entscheiderinnen und Entscheider in der Pflegewirtschaft ergibt sich ein differenziertes Bild: KI kann Prozesse deutlich entlasten und die Qualität der Versorgung steigern – vorausgesetzt, sie wird strategisch eingeführt und das Personal gezielt geschult und eingebunden. Eine kluge Technologieintegration erfordert also nicht nur Investitionen in Software, sondern auch in Change-Management, Aus- und Weiterbildung sowie kulturellen Wandel.
Denn klar ist: Die Digitalisierung des Gesundheitswesens ist kein Selbstläufer. Doch wer frühzeitig Erfahrungen mit KI sammelt und Mitarbeitende einbindet, legt den Grundstein für eine zukunftsfähige, resiliente Pflege.