Thomas Otto arbeitet seit rund 20 Jahren in der Immobilienbranche. 2014 wechselte er zu PATRIZIA, wo er heute als Head of Investment Operated Properties den Bereich Betreiberimmobilien verantwortet.
PATRIZIA hat kürzlich mehrere Transaktionen im Bereich der Pflegeimmobilien vollzogen. Täuscht der Eindruck, oder ist das auch ein gutes Omen für den gesamten Transaktionsmarkt?
Thomas: Otto: Wir sehen, dass sich nach den kräftigen Zinserhöhungen Anfang 2022 und den daraus resultierenden Verschiebungen der Kaufpreisniveaus mittlerweile die Preise im Segment Gesundheitsimmobilien auf niedrigerem Niveau stabilisiert haben und folglich wieder interessante Einstiegsmöglichkeiten bieten.
Wir fokussieren uns mit unserer Investitionsstrategie in erster Linie auf Neubauten bzw. modernen Bestand.
Projektentwickler sind nach wie vor wenig aktiv. Die Preisvorstellungen von Investoren und der für Entwickler nötige Verkaufspreis liegen immer noch zu weit auseinander. Konkret sehen wir weiterhin ein Angebots-Nachfrage-Delta in Höhe von etwa zwei bis drei Jahresmieten bzw. 40-50 Basispunkten bei der Bruttoanfangsrendite.
Nichtsdestotrotz nehmen wir wahr, dass sich die Investitionsfolgekosten im Neubau langsam der Realität anpassen, so dass wieder Mieten verhandelt werden können, die zur Schließung dieser Schere beitragen. Das lässt perspektivisch wieder auf einen Anstieg der Entwicklungsaktivitäten hoffen.
Auch nach den letzten Ankaufserfolgen halten wir weiter die Augen offen und wollen 2025 weiter zukaufen. Es mag auf Einzelobjektebene die ein oder andere Bereinigung geben, aber netto wollen wir unsere Allokation ausbauen – insbesondere mit jungen und ESG-ertüchtigten Assets.
Was ist für Investoren aktuell die attraktivste Mischung aus Wohnen, Pflege und sozialer Infrastruktur?
Thomas: Otto: Pauschal ist dies nicht zu beantworten. Dies hängt vom jeweiligen Standort und dem notwendigen Bedarf vor Ort ab. Trotz der Herausforderungen, die wir im Bereich vollstationärer Pflege weiterhin sehen, wie Fachkräftemangel, Refinanzierung, steigende Kosten etc., glauben wir an diesen wichtigen Sektor. Aus unserer Sicht sollte er Teil eines diversifizierten Anlageportfolios im Bereich Gesundheitsimmobilien sein. Sich investitionsseitig komplett aus diesem Segment zu verabschieden ist entsprechend nicht unser Ansatz.
Vielmehr gilt es im Detail zu prüfen, an welchen Standorten und mit welchen Betreibern nachhaltige Investitionen Sinn ergeben.
Grundsätzlich beobachten wir aber seit längerer Zeit vermehrt Standorte, an denen neben vollstationären Angeboten auch ambulante Strukturen wie Pflegewohngemeinschaften oder Betreutes Wohnen sowie Tagespflegen in das Angebot mit aufgenommen wurden. Das funktioniert sehr gut und ist auch für uns als Investor sehr interessant.
Welches Potenzial sehen Sie in leerstehenden Büros? In Zeiten knapper Grundstücke lohnen ggfs. Bestands-Umwandlungen?
Thomas: Otto: Die Veränderungen am Büroimmobilienmarkt sind mitunter massiv, getrieben durch Einflüsse wie Home-Office, ESG, gestiegene Baukosten und dem Druck zahlreicher Unternehmen, sich im Rahmen von Kosteneinsparungen zu verkleinern. Der sogenannte „war for talents“ führt darüber hinaus dazu, dass Mieter sich eher in zentralere Lagen bewegen („flight to quality“), um Mitarbeitern neben einer attraktiven und gut angebundenen Lage auch eine entsprechende Infrastruktur bieten zu können. Insofern kommen zahlreiche Büroimmobilien in B- oder gar C Lagen unter Druck und es braucht perspektivisch oft neue Nutzungskonzepte. Im Bereich Serviced Apartments sehen wir beispielsweise zahlreiche Betreiber, die sich durch Konversionen (Büro zu Serviced Apartments) attraktive Lagen erschließen wollen. Aber auch im Bereich Service Wohnen oder Betreutes Wohnen nehmen wir Betreiber wahr, die sich über diesen Ansatz attraktive Lagen sichern.
Natürlich eignet sich aber bei Weitem nicht jede Immobilie baulich für eine Umnutzung.
Die Gebäudestruktur, die technische Infrastruktur und beispielsweise auch Schallschutzanforderungen sind innerhalb der Nutzungen komplett unterschiedlich, sodass Umnutzungen mitunter sehr teuer oder gar unwirtschaftlich werden können. Pflege- oder betreute Wohnimmobilien unterliegen zudem anderen Brandschutz- und Sicherheitsvorschriften als Bürogebäude. Dies erfordert umfassende Anpassungen, um den gesetzlichen Anforderungen gerecht zu werden. Auch die Anzahl und die Lage der Sanitäranlagen in Bürogebäuden ist anders. Der Teufel steckt im Detail, da kann es auch schnell mal passieren, dass die Umnutzung teurer wird als der Neubau, weswegen viele Projektentwickler eher Abstand von solchen Projekten nehmen.
Zuletzt hat PATRIZIA erfolgreich Transaktionen mit Cureus abgeschlossen – wie soll die Kooperation hier weitergehen?
Thomas: Otto: Wir haben innerhalb der vergangenen zwei Jahre insgesamt fünf Objekte, verteilt über zwei Transaktionen (2023 und 2024) über Cureus erworben. Die professionelle und vertrauensvolle Zusammenarbeit möchten beide Unternehmen weiter ausbauen. Grundsätzlich muss es das Ziel sein, mit ausgewählten starken Partnern, mit denen man bereits umfangreiche Prüfungsphasen durchlaufen hat, erfolgreich Folgegeschäft zu initiieren. Die Komplexität der Ankaufsprozesse hat sich in den letzten Jahren stark erhöht, insbesondere mit Blick auf Prüfungsbestandteile wie KYC, also „Know Your Customer“, ESG bzw. Taxonomie und Regulatorik. Folgegeschäft kann den Transaktionsaufwand deutlich minimieren.
Welche Auswirkungen hat die bisweilen angespannte Situation am Pflegemarkt für Ihre Beziehung zu Mietern und Betreiben?
Thomas: Otto: Wir pflegen seit Jahren einen sehr engen Draht zu unseren Mietern und Betreibern. Die Kommunikation hat sich dabei durchaus nochmal intensiviert. Unser Ziel ist es, noch besser die Voraussetzungen für den betrieblichen Erfolg zu verstehen und schnellstmöglich handeln bzw. unterstützend eingreifen zu können. Aufgrund unseres geografisch und nach Betreibern stark diversifizierten Portfolios sind wir von größeren „Einschlägen“ innerhalb der jüngsten Insolvenzwelle verschont geblieben. Die wenigen Betreiberausfälle innerhalb unseres Portfolios konnten wir aufgrund unseres guten Netzwerkes und der darüber hinaus attraktiven Lagen und Gebäudequalitäten schnell und zuverlässig managen.