Der Pflege-Report 2024 des WIdO offenbart erhebliche regionale Unterschiede bei der Entwicklung der Pflegebedürftigkeit in Deutschland. Während die Zahl der Pflegebedürftigen bundesweit um durchschnittlich 57 Prozent stieg, reichte die Zunahme auf Kreisebene von 37 bis zu 144 Prozent. Besonders hohe Pflegequoten wurden in Ostdeutschland sowie in Teilen von Nordrhein-Westfalen, Hessen und dem Saarland registriert, während Regionen in Bayern und Baden-Württemberg deutlich niedrigere Werte aufwiesen.
Pflegebedürftigkeit über dem demographisch Erwartbaren
Die Studie zeigt, dass die Alterung der Gesellschaft nur teilweise den starken Anstieg der Pflegeprävalenz erklärt. Laut WIdO hätte bei einer reinen Fortschreibung der Alterungsdaten ein Anstieg um 21 Prozent genügt – weit entfernt von den beobachteten 57 Prozent. In fast allen Landkreisen lag die tatsächliche Pflegeprävalenz deutlich über den demographisch erwartbaren Werten.
„Diese Ergebnisse machen klar, dass die Alterung allein als Grundlage für die Planung der Pflegeinfrastruktur nicht ausreicht.“
Susann Behrendt, Leiterin des Forschungsbereichs Pflege am WIdO
Sie plädiert dafür, regionale Routinedaten der Kranken- und Pflegekassen stärker in die Planung einzubeziehen, um fundierte Entscheidungen treffen zu können.
Regionale Unterschiede bei der Nutzung von Pflegeleistungen
Neben der Pflegebedürftigkeit zeigt der Report deutliche regionale Unterschiede bei der Art der genutzten Pflegeleistungen. So liegt der Anteil der Pflegebedürftigen, die ausschließlich Pflegegeld beziehen, in westdeutschen Kreisen bei über 65 Prozent, während diese Zahl in ostdeutschen Regionen häufig unter 51 Prozent fällt. Stattdessen sind in Ostdeutschland Sach- und Kombinationsleistungen stärker verbreitet, mit Inanspruchnahmeraten von bis zu 40 Prozent.
Einflussfaktoren und Herausforderungen
Die WIdO-Analyse nennt mehrere Faktoren, die diese Unterschiede beeinflussen, darunter das Durchschnittsalter der Bevölkerung, der Anteil an Demenzerkrankten, die Verfügbarkeit einer Pflegeperson und die Raumstruktur eines Landkreises. Höheres Durchschnittsalter und ein höherer Anteil an Demenzerkrankungen fördern etwa die Nutzung von Sachleistungen, während Pflegegeld häufiger in urbanen Gebieten ohne entsprechende Unterstützungssysteme beansprucht wird.
Appell an die Kommunen
Behrendt betont die Bedeutung einer passgenauen Pflegeinfrastrukturplanung:
„Regionale Transparenz ist essenziell, um auf lokale Herausforderungen gezielt reagieren zu können.“
Die Ergebnisse der Studie sollen helfen, Kommunen bei der Entwicklung effektiver Pflegestrukturen zu unterstützen und den steigenden Bedarf besser zu bewältigen.
Fazit
Der Pflege-Report 2024 unterstreicht die wachsenden Herausforderungen im Pflegesektor und die Notwendigkeit, regionale Unterschiede bei der Planung zu berücksichtigen. Dabei könnten Routinedaten der Pflegekassen als wertvolle Grundlage dienen, um den Pflegesektor für die Zukunft besser aufzustellen. Die Ergebnisse zeigen: Eine deutschlandweit einheitliche Lösung wird den regionalen Anforderungen nicht gerecht – es braucht maßgeschneiderte Ansätze.
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