Sarah Wiener ist eine der bekanntesten Köchinnen Deutschlands. Alexander Mayrhofer ist Hotelmanager und Gastgeber bei den Waldkliniken Eisenberg.  Gemeinsam sprachen sie über das neue Gastrokonzept der Klinik.

Frau Wiener, für die Waldkliniken Eisenberg haben Sie gemeinsam mit den Klinikköchen ein neues Konzept für die Krankenhausküche entwickelt. Wie und warum kam es zu der Zusammenarbeit mit den Waldkliniken Eisenberg?

Sarah Wiener: An den Waldkliniken Eisenberg hat man erkannt, dass kranke Menschen nicht nur eine Gesundung des Körpers, sondern auch der Seele brauchen. Dort begreift man den Patienten als willkommenen Gast und rückt ihn konsequent ins Zentrum aller Bemühungen.

Mit dem Neubau wurde ein Haus geschaffen, das die heilende Kraft der Natur, von Architektur und Design nutzt – und das der Gastronomie eine wichtige Rolle zuschreibt.

Und da komme ich ins Spiel: Ich wurde gefragt, ob ich an einer Zusammenarbeit interessiert wäre. Ich habe zugesagt, weil ich die Idee eines heilenden Hauses schön finde – und weil ich überzeugt davon bin, dass richtige Ernährung wesentlich zur Genesung beiträgt.

Durch was zeichnet sich das neue Konzept aus? Was ist das Besondere der neuen Krankenhausküche?

Sarah Wiener: Die Gerichte werden täglich frisch mit Zutaten aus der Region zubereitet, sie sind vor allem leicht, aber auch sättigend. Das ist wichtig für Patienten in einer orthopädischen Klinik. Die Menschen dort brauchen die Kraft einer gesunden Ernährung, um schnell wieder auf die Beine zu kommen.

Schon Hippokrates hat ja gesagt: „Eure Nahrungsmittel sollen eure Heilmittel – und eure Heilmittel sollen eure Nahrungsmittel sein.“ Dieses ganz alte Ernährungswissen ist mittlerweile wissenschaftlich durch die Mikrobiomforschung untermauert. Unsere Gesundheit kommt also auch aus dem Darm. Sie lebt von der Vielfalt unserer Mikroben dort. Dieses große Ökosystem in uns muss gesund gefüttert werden. Dann erhält es uns auch gesund und unterstützt die Heilung.

Und natürlich darf auch der Genuss nicht zu kurz kommen. Die Mahlzeiten müssen schmecken. Dazu gehört aber auch, dass sie schön angerichtet und in einem ansprechenden Ambiente eingenommen werden.

Dafür gibt es in den Waldkliniken vier Gastronomien und in den Zimmern die Wintergärten, wo die Mahlzeiten ebenfalls serviert werden. 

Herr Mayrhofer, Sie sind der Gastgeber der Waldkliniken Eisenberg, der Hotelmanager. Wie können neue Krankenhausküchenkonzepte auch zu günstigen Konditionen umgesetzt werden, ohne dass Mehrkosten, z. B. für Patienten, entstehen?

Alexander Mayrhofer: Wir gehen konsequent unseren Weg mit hoher Qualität und regionalen Produkten. Es zeigt sich dabei schon jetzt, dass wir uns mit unserem Konzept in die richtige Richtung bewegen.

Dafür arbeiten unsere Ernährungsexperten vorzugsweise mit Lieferanten aus der Region zusammen.

Das beginnt schon morgens mit den Frühstücksbrötchen. Die werden täglich knackfrisch vom Bäcker hier aus Eisenberg geliefert. Auch bei Gemüse, Fleisch, Getreideprodukten und vielen anderen Lebensmitteln setzen wir auf regionale und erstklassige Anbieter sowie auf eine langfristige, faire und vertrauensvolle Zusammenarbeit mit unseren Lieferanten.

Uns und unseren Partnern gibt das Sicherheit. Beide Seiten können so langfristig planen. Das wirkt sich natürlich auch auf die Konditionen aus. Wir sehen schon erste Erfolge. Es sind zahlreiche Kooperationen entstanden. Diesen Weg wollen wir deshalb auf alle Fälle weitergehen.

Und welche Vorteile bringen die neuen Konzepte konkret?

Alexander Mayrhofer: Am besten erkläre ich das an einem Beispiel: Wir nutzen keine Fertigsaucen. Dafür kann unsere Küchenmannschaft wiederum Geschmack und Konsistenz selbst steuern – und natürlich wissen wir so auch ganz genau, was in der Sauce drin ist. Frisch zubereitet aus qualitativ hochwertigen Zutaten schmeckt das Essen unseren Patienten besser, sie fühlen sich wohler – und das fördert wiederum die Genesung. 

Die Waldkliniken Eisenberg sind zudem eine orthopädische Klinik.

Vor allem nach operativen Eingriffen kommt es darauf an, die Menschen schnell zu mobilisieren.

Mit unseren Gastronomien – der „Lobby-Bar“, dem „Bistro“ für Patienten und Mitarbeiter, dem Patientenrestaurant „La Piazza“ und dem „Matteo“, unserem Restaurant für gehobene Küche auf unserer Komfortstation im vierten Stock – wollen wir erreichen, dass unsere Patienten sich darauf freuen, „Essen zu gehen“.

Wir haben deshalb auch Wert daraufgelegt, dass unsere Gastronomien im Erdgeschoss einen Außenbereich haben, wo unsere Patienten, Gäste und auch die Mitarbeiter ihre Mahlzeiten einnehmen und die Natur genießen können und ins Gespräch kommen.

So bekommt die Kulinarik auch eine therapeutische Bedeutung.

Gibt es Auswahlmöglichkeiten beim täglichen Essensangebot der Waldkliniken?

Alexander Mayrhofer: Wir bieten drei Menülinien an, zwischen denen unsere Gäste wählen können. Eine davon besteht aus Rezepten von Sarah Wiener. Alle vier Wochen wechselt zudem unser Menüplan. Wir benutzen für viele Gerichte auch Zutaten, die gerade Saison haben. In unserem „Bistro“ der Klinik im Erdgeschoss gibt es aktuell zum Beispiel Spargelgerichte oder Desserts aus Erdbeeren. Für Abwechslung ist also gesorgt.

Und ist das Essen für alle geeignet bzw. wie wird auf die verschiedensten Bedürfnisse eingegangen?

Alexander Mayrhofer: Wir achten sehr auf die individuellen Bedürfnisse unserer Gäste in den Waldkliniken Eisenberg.

 Für uns arbeiten ausgebildete Diätassistentinnen, die das gesamte Spektrum der Diätik abdecken und im Blick haben.

Sollte es zum Beispiel bei bestimmten Unverträglichkeiten oder wegen Diätanforderungen nötig sein, bereiten wir für unsere Patienten Mahlzeiten auch individuell zu. Dass wir auf die besonderen Bedürfnisse von Diabetikern und Allergikern eingehen, versteht sich von selbst, vegetarische Gerichte sind für uns sowieso eine Selbstverständlichkeit. Ab Ende des Jahres werden wir übrigens sogar eine koschere Küche anbieten.

Wie wird das Angebot von den Patienten/Mitarbeitern angenommen bzw. wie ist das Feedback?

Alexander Mayrhofer: Das Feedback ist durchwegs positiv. Sowohl von unseren Patienten als auch unseren Mitarbeitern wird die Mühe, Sorgfalt und die Liebe geschätzt, die unsere Küchenmannschaft in die Zubereitung der Mahlzeiten investiert. Dabei kommen auch eher hochpreisige Angebote gut an, bei denen wir zunächst Sorge hatten, dass sie nicht angenommen werden. So gibt es zum Beispiel in unserem „Bistro“ jeden Donnerstag einen Front-Cooking-Bereich. Dort werden die Mahlzeiten vor den Augen unserer Gäste/Mitarbeiter zubereitet und angerichtet. Die Resonanz ist sehr gut.

Etwa 80 Prozent der Waldkliniken-Mitarbeiter nehmen das Angebot an.

Ist es vorstellbar, Klinikrestaurants auch für Interessierte von außen zu öffnen, um neue Gäste zu gewinnen?

Alexander Mayrhofer: Das ist nicht nur vorstellbar, genau das wollen wir ja.

Die Waldkliniken Eisenberg sollen ein Ort der Begegnung sein. 

Wenn uns die Corona-Pandemie keinen Strich durch die Rechnung gemacht hätte, wäre das bereits zur Eröffnung unseres Neubaus am 31. Oktober 2020 passiert. Mit dem „Bistro“ haben wir ein preisgünstiges Restaurant für Familien, Rentner und Besucher unserer Ambulanz. Die „Lobby-Bar“ mit dem prasselnden Kamin lädt zum Verweilen ein und für gehobene Ansprüche sind Gäste in unserem Gourmet-Restaurant „Matteo“ auf der Komfortstation im vierten Stock unseres Hauses richtig.

Kann der Betreiber von solch einem Klinikrestaurantkonzept profitieren?

Alexander Mayrhofer: Wir profitieren bereits jetzt davon.

Gutes Essen ist nach der medizinischen Exzellenz immer ein sehr emotionaler Grund für die Weiterempfehlung einer Klinik.

Wir haben schon jetzt auf unserer Komfortstation jeden Tag Patienten, die ihre Mahlzeiten in den sozialen Medien posten.

Dazu passt auch diese schöne Anekdote, die sich vor Kurzem ereignet hat: Zwei unserer Hüft-Patienten haben sich in unserer Klinik kennengelernt und angefreundet. Sie haben dann vereinbart, dass sie sich in einem Jahr wieder in den Waldkliniken treffen, um mit ihren Ehepartnerinnen zusammen im „Matteo“ ‚ein Jahr mit neuer Hüfte‘ mit einem tollen Essen zu feiern. Eine Klinik als Ort, wo man sich wiedertrifft, obwohl man längst gesund ist – ich finde, eine schönere Bestätigung unseres Konzepts gibt es nicht.

Herzlichen Dank für die Beantwortung unserer Fragen.

Fotos: Copyright Waldkliniken Eisenberg

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