Markus Bienentreu ist Geschäftsführer der auf Gesundheitsimmobilien spezialisierten Beratungsgesellschaft TERRANUS. Das Unternehmen berät seit über 25 Jahren Investoren und Betreiber in allen Fragen um den wirtschaftlichen Betrieb von Gesundheitsimmobilien.

Was sind die Gründe dafür, dass erstmals wieder die Preise für Seniorenimmobilien sinken?

Markus Bienentreu: Im Vergleich zu den Vorjahren haben sich die Marktbedingungen deutlich geändert. Dies betrifft vor allem die gestiegenen Kreditzinsen, sodass Fremdkapital deutlich teurer geworden ist. Dabei sind die Erwartungen an die Rendite bei den Endanlegern gleich geblieben beziehungsweise dürften bei steigenden Zinsen sogar eher nach oben gehen.

Wenn das Fremdkapital teurer wird, die Rendite aber unverändert bleibt, muss etwas anderes günstiger werden. Da bleibt fast nur der Preis.

Wie haben sich die Kaufpreisfaktoren und damit auch die Preisunterschiede bei Pflegeheim(neu)bauten verändert?

Markus Bienentreu: Für Neubauten gilt dasselbe. Auch hier geben die Preise nach. Hinzu kommt, dass gleichzeitig auch die Baukosten gestiegen sind.

Dies führt dazu, dass die Rentabilität von Projektentwicklungen beziehungsweise Neubauten deutlich sinkt.

Einige Projekte bleiben regelrecht stecken. Dies sieht man auch daran, dass derzeit mehr Projektentwicklungen zum Kauf angeboten werden.

Und wie sieht es bei Einrichtungen für betreutes Wohnen aus?

Markus Bienentreu: Dort sieht es tendenziell nicht anders aus.

An manchen wenigen Standorten können die Preise eventuell über gestiegene Mieten kompensiert werden.

Welche Auswirkungen haben die rückläufigen Preise auf die Investorenstrukturen?

Markus Bienentreu:

Eigenkapitalinvestoren beziehungsweise Investoren, die nur mit geringen Fremdkapitalanteil finanzieren, sind jetzt klar im Vorteil.

Für sie hat sich durch die Zinswende nichts geändert.

Und für welche Investoren sind Seniorenimmobilien (noch/weiterhin) interessant? Und warum?

Markus Bienentreu: Die klassischen Argumente für Seniorenimmobilien gelten auch weiterhin: Es handelt sich um ein weitgehend konjunkturabhängiges Investment mit hoher Wertstabilität in einem Markt, der langfristig aus demografischen Gründen wächst.

Hinzu kommt der Trend zu ESG-konformen Investments – auch bei der Finanzierung ein immer wichtigeres Kriterium.

Gerade für Investoren, denen ESG wichtig ist, sind Seniorenimmobilien, vor allem unter dem Aspekt „Social“ sehr interessant.

Die Renditen werden wieder etwas steigen – aber da es sich immer noch um eine Spezialimmobilie handelt, ist das vielleicht auch nur eine vernünftige Marktkorrektur.

Wie schätzen Sie mögliche Insolvenzen auf Betreiberseite ein? Wer ist hier gefährdet und warum?

Markus Bienentreu:

Das Risiko schätzen wir zumindest für die nächsten Monate als etwas höher ein. Gründe dafür sind vor allem die Auswirkungen der Corona-Krise, das Tariftreuegesetz, Kostensteigerungen und Mietindexierungen.

Gefährdet sind zum Beispiel Betreiber, die sich auf dem ausgelaufenen Corona-Rettungsschirm „ausgeruht“ haben – und deren Belegung weiterhin unter dem Vor-Corona-Niveau liegt. Denn nach Wegfall des Rettungsschirms werden die Mindereinnahmen aufgrund der niedrigeren Belegung nicht mehr ausgeglichen. Oder Betreiber, bei denen die Personalkostensteigerungen von den Kassen noch nicht in den Pflegesätzen refinanziert wurden und die diese Lücke jetzt vorfinanzieren müssen. Und natürlich Betreiber, bei denen sich die Entwicklung der Lebenshaltungskosten zu sehr hohen Prozentsätzen in Mieterhöhungen widerspiegeln. Wenn zum Beispiel vertraglich festgelegt ist, dass bei einer Teuerungsrate von fünf Prozent die Miete um hundert Prozent der Indexveränderung steigt, kann es passieren, dass ich als Betreiber in einem Jahr mit mehr als einer Mieterhöhung klarkommen muss.

Wie schätzen Sie die Kaufpreiseentwicklung für Seniorenimmobilien in der Zukunft ein?

Markus Bienentreu: Das ist stark abhängig vom Zinsanstieg.

Ich rechne aber damit, dass die Kaufpreise nicht mehr stark nachgeben, da ein gewisses Maß an Zinssteigerungen schon eingepreist ist.

Besten Dank für die Beantwortung unserer Fragen.

Foto: © TERRANUS

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