Dr. Axel Fischer ist seit April 2014 Vorsitzender der Geschäftsführung der München Klinik gGmbH. Er wurde 1968 in München geboren und studierte Humanmedizin an der Ludwig-Maximilians-Universität in München, wo er auch promovierte, bevor er zudem einen Abschluss als Executive Master of Business Administration an der Universität St. Gallen ablegte. Von 2011 bis 2012 lehrte der Gesundheitsexperte auch regelmäßig als Gastdozent am Institute für Strategy and Competetiveness der Harvard Business School in Boston. Dr. Axel Fischer kann auf profunde Erfahrungen als Klinikmanager und Berater zurückgreifen. Ab 2005 stellte er seine Beratungskompetenz unter Beweis, zunächst als Senior Consultant bei dem auf die Gesundheitsbranche spezialisierten Unternehmen B-LUE Management Consulting in Hamburg, später dann bei der internationalen Managementberatung Boston Consulting Group (BCG). Hier war er bis zu seinem Wechsel zum Städtischen Klinikum München GmbH Principal des Bereichs Health Care Practice. Zuvor leitete er fast vier Jahre lang das bundesweite Medizinmanagement der Schön Klinikgruppe.
München gehört zu einem der am härtesten umkämpften Wohnungsmärkte in Deutschland. Bezahlbarer Wohnraum ist Mangelware und doch so wichtig – gerade für Pflegekräfte. Welchen Stellenwert haben Werkswohnungen/arbeitsplatznahe Wohnungsangebote für Pflegekräfte bei der Gewinnung von neuen Mitarbeitern?
Dr. Axel Fischer: Die München Klinik ist die zweitgrößte kommunale Klinik in Deutschland und steht bereits heute für eine hohe Pflegequalität. Rund 3.000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern im Pflegebereich versorgen auf hohem Niveau im Jahr rund 135.000 stationäre und teilstationäre Patienten. Grundsätzlich sind wir wie alle Kliniken in München und anderen Ballungsräumen vom knappen Fachkräfteangebot insbesondere im Bereich der Pflege betroffen. Daher wurden bereits in der Vergangenheit eine Vielzahl von Maßnahmen ergriffen, um für Bewerber attraktiv zu sein und auch für die Bestandsmitarbeiter gute Arbeitsplätze zu sichern.
Bezahlbarer Wohnraum für unser Personal ist hier ein sehr wichtiger Baustein. Wir legen großen Wert darauf, Wohnungen insbesondere für Beschäftigte der Pflegeberufe anbieten zu können.
Mit welchen Maßnahmen reagiert die München Klinik gGmbH auf den Wohnungsmangel und welche unterschiedlichen Angebote werden konkret vermittelt?
Dr. Axel Fischer: Wir verfügen über Bezugsrechte bei insgesamt rund 1.000 Wohnungen unterschiedlicher Größen. Zudem bekommen wir jedes Jahr weitere zusätzliche Bezugsrechte für rund 30 Wohnungen dazu und verfügen über Personalunterkünfte als temporäre Lösung, um die Zeit zu überbrücken, bis eine eigene Wohnung gefunden ist. Nach der Einstellung bieten wir ebenfalls Unterstützung bei der Wohnungssuche.
Wir unternehmen große Anstrengungen, den Bedarf an Wohnungen zu decken und erschließen fortwährend neue Wege, um das Wohnungskontingent für Beschäftigte der München Klinik zu erhöhen.
Dazu werden zum Beispiel Betreiber von Boardinghäusern, Wohnbaugesellschaften, Genossenschaften und städtische Gesellschaften kontaktiert und wenn möglich, Vereinbarungen getroffen. Zusätzlich nimmt die München Klinik am Städtischen Wohnungsprogramm teil. Der vergünstigte Wohnraum ist für bestehende und neue Mitarbeitende vorgesehen und verteilt sich über das gesamte Stadtgebiet sowie an den Klinikstandorten.
Tragen diese Maßnahmen und Angebote dazu bei, dem Fachkräftemangel entgegenzuwirken?
Dr. Axel Fischer: Wir unternehmen große Anstrengungen, um offene Stellen im Pflegebereich nach zu besetzen und Personal zu binden. Vergünstigter Wohnraum für bestehende und neue Mitarbeiter ist im teuren München eine wichtige Teilmaßnahme unseres Pflegekonzepts. Weitere Maßnahmen sind die eigene Pflegeausbildung, ein umfangreiches Fort- und Weiterbildungsprogramm, die Entlastung des Pflegepersonals von pflegefremden Tätigkeiten durch unterstützende Berufsgruppen wie Servicekräfte, ein umfangreiches Kinderbetreuungsangebot sowie weitere Sozialleistungen wie vergünstigte Tickets für Bahn und ÖPNV, eine Betriebsrente fürs Alter und Privatversichertenstatus im Fall einer Klinikbehandlung.
Wie und von wem werden die Angebote bevorzugt angenommen?
Dr. Axel Fischer: Gerade bezahlbare Zwei- bis Drei-Zimmer-Wohnungen sind besonders gefragt. Weitere größere Wohnungen für Familien sind in Planung, die an den Klinikstandorten Harlaching und Schwabing entstehen sollen.
Es ist uns außerdem ein großes Anliegen, die Pflegeauszubildenden während ihrer Ausbildung zu unterstützen.
Über 200 Unterkünfte in Wohnheimen werden vorzugsweise an Schülerinnen und Schüler unserer Akademie für Pflegeberufe vermittelt.
Welche Vorteile erwachsen aus der Bereitstellung von Wohnungen für Pflegekräfte?
Dr. Axel Fischer: Wer in und für München arbeitet, soll sich München auch leisten können. Unsere Mitarbeitenden stemmen den Großteil der kommunalen Daseinsvorsorge, fast die Hälfte aller Notfälle wird in der München Klinik versorgt und jedes dritte Münchner Kindl kommt bei uns zur Welt.
Die Wohnungen sind deshalb ein wichtiger Beitrag, damit unsere Mitarbeiter und ihre Familien in München arbeiten und leben können.
Jeder weitere Ausbau ist zu begrüßen. Wir unterstützen das Engagement der Stadt München ausdrücklich, Flächen oder Bestandsliegenschaft auf den Klinikgeländen zu Wohnraum umzugestalten
Wir befinden uns immer noch in einer durch die Corona-Pandemie geprägten Zeit. Wird es aus Ihrer Sicht nach Corona noch schwieriger, Mitarbeiter für die Pflege zu gewinnen und zu binden?
Dr. Axel Fischer: Der Pflegeberuf hat durch die Corona-Krise endlich die gesellschaftliche Anerkennung bekommen, die er verdient. Ich habe in der Zeit einen enormen personellen Zusammenhalt erlebt, der mich beeindruckt hat: Ehemalige Pflegekräfte sind zur Bewältigung der Krise wieder in ihren alten Beruf zurückgekehrt, Pflegekräfte von Normalstationen haben sich für die Intensivpflege schulen lassen, tausende Freiwillige haben uns unterstützt.
Da gibt es gerade einen Wandel, das merken wir zum Beispiel an den steigenden Bewerberzahlen für unsere Pflegeausbildung.
Ich hoffe, dass wir uns diesen Spirit auch für die Zeit nach der Krise erhalten können – dafür muss sich aber auch vieles tun, die Gehälter müssen angehoben werden, gerade in hochaufwendigen, hochspezialisierten Pflegebereichen.
Vielen Dank für die Beantwortung unserer Fragen.